Immer weniger Schnee und Gerüchte über eine drohende Zahlungsunfähigkeit: Die finanziellen Probleme in Deutschlands größtem Skigebiet außerhalb der Alpen auf dem Feldberg sind größer und ziehen sich länger hin, als bislang vermutet.

Nach Recherchen des SÜDKURIER hat der Liftbetreiber, die Feldbergbahnen GmbH, über die vergangenen Jahre mehrfach rote Zahlen eingefahren. Seit dem Winter 2013/14 fielen mindestens sieben Verlustjahre an.

Wieder mal ein verfrühtes Saisonende 2024

Am vergangenen Sonntag musste der Feldberg seinen Liftbetrieb für diese Saison beenden – rund drei Wochen früher als geplant. Kurz zuvor war bekannt geworden, dass der Geschäftsführer der Feldbergbahnen, Julian Probst, in einer internen Mail vor einer möglichen Zahlungsunfähigkeit gewarnt und eine Insolvenz bis kommenden Juli nicht ausgeschlossen hatte.

Johannes Albrecht, Bürgermeister der Gemeinde Feldberg: Seine Gemeinde ist Miteigner der Feldbergbahnen, die gerade in finanziellen ...
Johannes Albrecht, Bürgermeister der Gemeinde Feldberg: Seine Gemeinde ist Miteigner der Feldbergbahnen, die gerade in finanziellen Nöten stecken. Feldbergs eigentliches Problem ist aber ein anderes: ein Parkhaus, das viel Geld kostet. | Bild: Hahne, Joachim

Öffentlich wiegeln die Beteiligten mittlerweile ab oder äußern sich erst gar nicht. Feldbergs Bürgermeister Johannes Albrecht sagte dem SÜDKURIER, es seien in dem Schreiben lediglich verschiedene Szenarien besprochen worden, ganz unabhängig von ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit. Das sei „nichts Außergewöhnliches“.

Seilbahn-Chef: „Insolvenz steht nicht zur Debatte“

Seilbahn-Chef Probst sagte unserer Zeitung, „eine Insolvenz der Feldbergbahnen GmbH“ stehe „nicht zur Debatte“. Im gleichen Zug räumte er aber eine „finanzielle Herausforderung“ sowie Gespräche mit Banken, Gesellschaftergemeinden, Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern ein, mit dem Ziel, „Angebot und Geschäftsmodell“ des Unternehmens zu prüfen.

Julian Probst, Geschäftsführer der Feldbergbahnen GmbH. Er muss viel investieren, wenn der Skibetrieb gesichert werden soll. Doch woher ...
Julian Probst, Geschäftsführer der Feldbergbahnen GmbH. Er muss viel investieren, wenn der Skibetrieb gesichert werden soll. Doch woher das Geld dafür nehmen? | Bild: Catharina Schulz

Bilanzierungs-Expertin sieht hohen Kapitalbedarf

Für unabhängige Fachleute ist die Sache klar. Die Liftbetreiber am Feldberg bräuchten „dringend Geld“, sagt Ulrike Stefani, Bilanzierungsexpertin an der Uni Konstanz. Wenn es den Feldbergbahnen nicht gelinge, im operativen Geschäft dauerhaft mehr Gewinn einzufahren, steige deren „Abhängigkeit von Kapitalzuflüssen von außen massiv an“.

Aber woher soll das Geld kommen, um die Lifte am Laufen zu halten?

Da private Investoren nicht in Sicht sind, kommt besonders den kommunalen Eignern des Skigebiets – also den Gemeinden Feldberg, St. Blasien und Todtnau – eine Schlüsselrolle zu. Immer wieder haben sie in den vergangenen Jahren Geld nachgeschossen. Letztmals flossen im Sommer 2023 rund 675.000 Euro ins Winterparadies Feldberg – „zur Vermeidung der Zahlungsunfähigkeit“, wie es im letzten verfügbaren Jahresabschluss heißt.

Pro-Kopf-Schulden wie keine andere Südwest-Gemeinde

Wie lange das noch aufrechterhalten werden kann, ist die entscheidende Frage. Denn angesichts klammer Kassen werden Geldspritzen oder Kredite immer schwieriger. Besonders trifft das auf den 1900-Seelen-Ort Feldberg zu. In der Mittelgebirgsgemeinde lasteten zuletzt rein rechnerisch 8211 Euro Kommunalschulden auf jedem Einwohner.

In Baden-Württemberg ist das der Spitzenwert. Das hat Folgen. Bürgermeister Albrecht spricht beim Blick auf seine Gemeinde von einer „maroden Infrastruktur“. Etwa im Wasserleitungsnetz bestehe hoher Investitionsbedarf.

Skivergnügen im Mittelgebirge. Wie lange lässt das der Klimawandel noch zu?
Skivergnügen im Mittelgebirge. Wie lange lässt das der Klimawandel noch zu? | Bild: Philipp von Ditfurth/dpa

Kann man sich da einen Zuschussbetrieb wie einen Ski-Zirkus überhaupt noch leisten? „Unser Ziel ist der Erhalt des Skigebiets“, sagt Albrecht. Den aktuellen Transformationsprozess, in dem sich die Anlagen, aber auch die touristische Infrastruktur im Hochschwarzwald befinde, wolle man „positiv gestalten“.

Millionengrab Feldberg-Parkhaus

Dass Feldbergs Bürgermeister so eisern am Lift-Standort festhält, hat auch mit einem weiteren Großprojekt zu tun, das der Schultes, der seit 2019 im Amt ist, von seinem Vorgänger geerbt hat. Dieser hatte den Bau eines riesigen Parkhauses direkt auf dem Feldberg angestoßen.

Ein Bürgerentscheid hatte ihn später befürwortet. Heute sagt Albrecht: „Das Projekt war falsch finanziert, falsch geplant und steht am falschen Ort“.

Das 2015 in Feldberg eröffnete Parkhaus hat sich für die Gemeinde zum Millionengrab entwickelt. Die Verkehrssituation am Feldberg hat ...
Das 2015 in Feldberg eröffnete Parkhaus hat sich für die Gemeinde zum Millionengrab entwickelt. Die Verkehrssituation am Feldberg hat sich zudem nicht nachhaltig entspannt. | Bild: Achim Mende

Tatsächlich hängt das 1200 Stellplätze große Gebäude seit seiner Eröffnung im Jahr 2015 wie ein Mühlstein um den Hals der Gemeinde. Grund ist eine eigentümliche Vertragskonstruktion, die die Gemeinde Feldberg damals dem Parkhaus-Investor eingeräumt hatte.

Im Gegenzug für Bau und Betrieb des mit Holzlatten beplankten Klotzes schuldet die Gemeinde den Geldgebern über eine Dauer von 30 Jahren eine bestimmte Auslastung. Stehen zu wenige Autos in dem Gebäude, ist die Gemeinde verpflichtet, Ausgleichszahlungen an den Parkhausbetreiber zu bezahlen. Diese können sich auf mehrere Hunderttausend Euro pro Jahr summieren.

Für das Corona-Jahr 2021 habe die Gemeinde rund 800.000 Euro an den Investor überweisen müssen, sagt Albrecht heute. Damit aber ist absehbar, dass es für die kleine Gemeinde bis zum Auslaufen des Investorenvertrags im Jahr 2045 ziemlich teuer werden dürfte. Denn die Winter im Schwarzwald werden wärmen, Skifahren ist immer seltener möglich.

Wintertouristen fahren ins Feldberg-Parkhaus.
Wintertouristen fahren ins Feldberg-Parkhaus. | Bild: Mariella Hutt

Um die Auslastung des Park-Komplexes in den Wintermonaten hoch zu halten, bleibe dem Feldberger Gemeinderat gar nichts anderes übrig, als den Ski-Zirkus auf dem Feldberg mit Millionen auszubauen, heißt es daher hinter den Kulissen. Denn je öfter Skitouristen mit dem Auto anreisten und ihre Fahrzeuge ins Parkhaus neben dem Skigebiet stellten, desto geringer falle die finanzielle Belastung der Gemeinde durch das Mega-Parkhaus aus.

Land Baden-Württemberg gibt kein Geld für Ski-Lifte

Derlei Zwänge haben die anderen Eigner der Feldbergbahnen – die Orte St. Blasien und Todtnau – nicht. Klar ist aber, dass auch ihre Möglichkeiten, Geld in die Lifte zu stecken, begrenzt sind. Oliver Fiedel, Schultes in Todtnau, äußert sich trotz mehrfacher Nachfrage nicht zur Lage im Skigebiet. Und St. Blasiens Bürgermeister, Adrian Probst, antwortet auf eine SÜDKURIER-Anfrage wortgleich wie sein Bruder und Seilbahn-Chef Julian.

Man prüfe „Angebot und Geschäftsmodell“ der Feldbergbahnen. Wo künftig das Geld herkommen soll, das den Liftbetrieb sicherstellt, ist daher nicht abzusehen.

Bayern und Thüringen fördern ihre Lift-Standorte

Fest steht nur eines: Auf Hilfe von der Landesregierung in Stuttgart kann Deutschlands größtes Skigebiet nördlich der Alpen nicht hoffen. Anders als Bundesländer wie Thüringen oder Bayern, die ihre Wintersportorte mit Millionenbeträgen fördern, konzentriert sich das Tourismus-Marketing in Baden-Württemberg nicht auf „Snowboarden und Skifahren“, wie es vom Stuttgarter Wirtschaftsministerium heißt.

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Ein „Förderansatz im Hinblick auf Sessel- oder Skilifte“ bestehe daher nicht, so die Ministerialen. Die Luft in Deutschlands größtem Skigebiet nördlich der Alpen, sie wird immer dünner.