Freiburg. Die südbadischen Energieversorger Naturenergie und Badenova streiten auf vielen Feldern miteinander. Nun hat Badenova die Auseinandersetzung mit einer Klage verschärft. Es geht um die Stromnetze von zehn Gemeinden im Kandertal und Markgräflerland, nicht weit von Lörrach.

Die Gemeinden haben 2018 ihre Konzessionen für die Stromversorgung neu ausgeschrieben. Sowohl Naturenergie (damals noch unter dem Namen Energiedienst) wie Badenova bewarben sich, Badenova bekam den Zuschlag. Einstimmig habe der Gemeinderat das 2019 beschlossen, sagt Andreas Schneucker, Bürgermeister von Binzen und Vorsitzender des Verwaltungsverbandes Vorderes Kandertal. Badenova habe ein deutlich besseres Angebot vorgelegt.

Naturenergie, mehrheitlich Teil des EnBW-Konzerns, der wiederum zu großen Teilen dem Land Baden-Württemberg gehört, erkannte das Ergebnis nicht an und ging vor Gericht, verlor allerdings sowohl beim Landgericht wie beim Oberlandesgericht. Damit schien Klarheit geschaffen, die zehn Gemeinden mit rund 25.000 Einwohnern unterschrieben Anfang Oktober 2024 die Konzessionsverträge mit Badenova, einem Versorger, der mehrheitlich Städten und Gemeinden in Südbaden gehört. Daraufhin verlangte Badenova von Naturenergie die Übergabe der Netze.

Versorgungssicherheit in Gefahr, sagt Naturenergie

Naturenergie verweigert indes die Übergabe. Man halte die Konzessionsverträge für ungültig, argumentiert Boris Philippeit, kaufmännischer Geschäftsführer von Naturenergie Netze. Zum einen hätten sich die zehn Gemeinden bei der Konzessionsvergabe nicht an die eigenen Kriterien gehalten. Zum anderen zieht die EnBW-Tochter in Zweifel, dass Badenova überhaupt in der Lage wäre, Störungen – zum Beispiel bei einem starken Schneefall – schnell zu beseitigen. Damit sei die Versorgungssicherheit nicht gewährleistet.

Bürgermeister Schneucker ist verärgert über die Weigerung. „Dieses Vorgehen der Naturenergie zeugt von einer bemerkenswerten Ignoranz sowohl gegenüber den Städten und Gemeinden als auch den staatlichen Gerichten“, sagt er. Die Argumente von Naturenergie seien bereits in letzter Instanz vom Oberlandesgericht Karlsruhe als unbegründet verworfen worden, sagt er. „Hätte Naturenergie bei der Ausschreibung ein besseres Angebot als Badenova abgegeben, hätte sie den Zuschlag bekommen.“

Dass es ein Urteil in letzter Instanz gibt, bestreitet Naturenergie-Vertreter Philippeit allerdings. Dabei habe es sich lediglich um ein Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz gehandelt. Ein Hauptsacheverfahren habe bisher gar nicht stattgefunden. Ein solches Verfahren geht durch alle Instanzen bis zum Bundesgerichtshof als höchster Instanz. Andere Oberlandesgerichte hätten in ähnlichen Fällen Entscheidungen getroffen, die dem Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe entgegenstünden, so der Geschäftsführer. Würden die Angebote der Bewerber anders bewertet, sieht er gute Chancen für Naturenergie, die Konzessionen zu gewinnen. „Der Wettbewerb ist sehr knapp ausgegangen.“

Parallel zur gerichtlichen Auseinandersetzung versuchen die Energieversorger, sich außergerichtlich zu einigen – bisher ohne Ergebnis. Philippeit nennt die Verhandlungen – die trotz der Klage laufen – konstruktiv. Wird man sich einig, würden beide Unternehmen die Entscheidungen akzeptieren, die Gemeinderäte bei der Vergabe von Konzessionen getroffen haben.

Der Streit ist noch größer

Naturenergie würde die Entscheidung der zehn Gemeinden im Kandertal annehmen und deren Stromnetze übergeben. Badenova würde im Gegenzug nicht länger gegen Entscheidungen in einigen Orten angehen, die zugunsten von Naturenergie ausgefallen sind. Noch seien aber etliche knifflige Fragen zu lösen, sagt Boris Philippeit: „Wie so oft steckt der Teufel im Detail.“

Die Auseinandersetzung im Kandertal ist Teil eines größeren Streits der beiden Energieversorger. Badenova ist es in den vergangenen Jahren gelungen, in einer Reihe von Gemeinden Konzessionen zu gewinnen – mehrfach auf Kosten von der EnBW-Tochter Naturenergie. Die Konzessionsverträge mit den 10 Gemeinden im Kandertal und Markgräflerland nannte Badenova-Chef Hans-Martin Hellebrand im Oktober 2024 „einen bedeutenden Erfolg“.

Auch in Lörrach und Weil am Rhein, beides Kerngebiete von Naturenergie, will Badenova aktiv werden. Beide Städte haben Partner gesucht, um das Stromnetz zu betreiben. Bei den Ausschreibungen traten Naturenergie und Badenova gegeneinander an, Badenova gewann, Naturenergie zog dagegen vor Gericht – letztlich erfolglos. Inzwischen ist Badenova in beiden Städten Minderheitsgesellschafter der städtischen Betriebe, die sich um die Stromkonzession bewerben – gegen den Wettbewerber Naturenergie, der bislang die Stromnetze betreibt und viel zu verlieren hat, denn Lörrach ist der größte Ort im Versorgungsgebiet von Naturenergie.