Wer Petra Olschowski (Grüne) zuhört, muss mit Sorge auf das Jahr 2031 blicken. Dann, erklärt die baden-württembergische Wissenschaftsministerin, geht der geburtenstärkste Jahrgang 1964 zu großen Teilen in Rente und erzeugt ein klaffendes Loch auf dem Arbeitsmarkt. Der geburtenschwächste Jahrgang 2011, der dann langsam auf den Arbeitsmarkt strömt, kann dieses Loch nicht füllen.
Bis 2040 werden laut einer gerade veröffentlichten Studie daher 860.000 akademische Fachkräfte im Land fehlen. Olschowski will gegensteuern und macht sich Mitte Januar in Stuttgart vor der Landespresse für das Studium stark – entgegen der weitverbreiteten Ansicht, zu viele Menschen würden studieren und zu wenige Ausbildungsberufe erlernen. Betroffen sind laut der Studie unter anderem die Bereiche Gesundheit, Bildung, Informatik, Bauplanung und Maschinenbau.
Der Verband Unternehmer Baden-Württemberg (UBW) nahm die Vorstellung der Studie zum Anlass für eine eigene Warnung: Ein zunehmender Mangel an Ingenieuren und Ingenieurinnen könne zu einer „Wachstums- und Innovationsbremse“ im Land werden, heißt es in einer Pressemitteilung. Die Unternehmer appellieren daher an die Politik, Baden-Württemberg als Studien- und Beschäftigungsstandort zu stärken.
Mehr ausländische Studierende
„Wir können uns nicht leisten, dass Schüler und Schülerinnen ohne Abschlüsse von den Schulen gehen“, sagt Wissenschaftsministerin Olschowski. Die Schüler anschließend für ein Studium – etwa in den Ingenieurswissenschaften – zu begeistern, ist das nächste Ziel. Hierzu soll noch in diesem Jahr eine Kampagne gestartet werden.
Ins Auge gefasst werden auch ausländische Studierende. Das Ministerium, Unternehmen und Universitäten setzen auf Zuwanderung, um dem akademischen Fachkräftemangel zu begegnen. Doch während der Pandemie klagten Hochschulen über sinkende Bewerberzahlen.
In Konstanz gibt es positive Entwicklungen
In Konstanz läuft es mittlerweile aber wieder besser. Von der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) heißt es, dass die Bewerberzahlen für das Wintersemester 2023/2024 auf dem Niveau des vorangegangen liegen. Die Zahl der Studienanfänger wiederum sei um 17 Prozent gestiegen. Und die Zahl der ausländischen Studierenden sei mit 380 wieder auf Vorpandemievieau, ein komplett englischsprachiger Studiengang zu Zukunftstechnologien erfolgreich gestartet.
„Zur Internationalisierungsstrategie der HTWG gehört darüber hinaus die Kontaktpflege und der Ausbau der Beziehungen zu Partnerhochschulen weltweit“, heißt es von Pressesprecherin Janna Heine. Knapp 100 Kooperationspartner hat die HTWG, 2023 kamen Hochschulen aus Japan dazu.
Auch in Karlsruhe sieht es gut aus
Eine positive Entwicklung sieht auch das Karlsruher Institut für Technologie (KIT): Einen Rückgang der Bewerberzahlen habe es während der Corona-Pandemie laut Pressestelle zwar gegeben. Die Zahl lag über alle 16 zulassungsbeschränkten Bachelorstudiengänge im vergangenen Wintersemester aber sogar über derjenigen von 2019/2020. Damals waren es demnach 7177 Bewerber – zuletzt 7571.
International sei die Universität durch gutes Abschneiden in Rankings renommiert, heißt es weiter. „Das sieht man an den Zahlen der ausländischen Bewerberinnen und Bewerber, die einen Höchststand erreicht haben.“ Auch am KIT werde der Ausbau englischsprachiger Studiengänge vorangetrieben und im Rahmen einer gemeinsamen Kampagne der größten Technischen Universitäten in Deutschland für das Ingenieursstudium hier geworben.
Negative Entwicklung im Schwarzwald
Von der Hochschule Furtwangen (HFU) heißt es dagegen auf Anfrage, dass die Bewerberzahlen im Bachelorbereich auch weiterhin leicht rückläufig sind – nicht nur im Bereich Ingenieurwissenschaften.
Die HFU biete immer mehr Studiengänge zweisprachig an, um für ausländische Studierende attraktiv zu werden, sagt Pressesprecherin Anja Bieber. Das scheint Wirkung zu zeigen: Der prozentuale Anteil an ausländischen Studierenden sei zuletzt gestiegen. Die geplante Abschaffung der Studiengebühren für ausländische Studierende begrüßt die Hochschule.