Wenn der steigende Gaspreis die Strompreise in die Höhe treibt, müssten doch eigentlich diejenigen auf der sicheren Seite sein, deren Strom aus Sonne, Wind und Co. stammt? Wer das vermutet, liegt falsch. Zahlreiche Versorger haben die Preise für Ökostrom erhöht.
So gibt der deutsch-schweizerische Energieversorger Energiedienst auf Nachfrage an, 100.000 Kunden seien von einer Preiserhöhung betroffen, um durchschnittlich 40 Prozent. Bei EnBW müssten Kunden für Ökostrom im Schnitt 15,2 Prozent mehr zahlen als im Vorjahr.
Auch ein SÜDKURIER-Leser aus Hilzingen (Landkreis Konstanz) berichtet, dass ihm Energiedienst eine Preiserhöhung angekündigt hat. Obwohl er zu 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien (EE) bezieht, müssten er und andere umweltbewusste Nutzer die gestiegenen Kosten für fossile Energieträger mitbezahlen, kritisiert der Ökostrom-Kunde.
Der Strompreis hängt am Gaspreis
Mit der Annahme hat er recht. Die Preise für Stromlieferungen entstehen an den Strombörsen, wie der Leipziger Strombörse EEX. Hier treffen sich Anbieter wie Kraftwerksbetreiber oder Großhändler und Nachfragende wie Stromlieferanten oder Industriebetriebe.
Der Einheits-Börsenpreis wird über die sogenannte Merit-Order (englisch: Reihenfolge der Vorteilhaftigkeit) gebildet. Bei diesem System richtet sich der Strompreis nach dem teuersten Angebot im Markt, das gebraucht wird, um den Bedarf zu decken. Zuletzt waren das häufig die teuren Gaskraftwerke.
Da die Preise für Kohle oder Gas gestiegen sind, steigen die Stromkosten – auch für Ökostrom. Selbst direkte oder regionale Lieferverträge werden vom Börsenpreis geprägt, erklärt der Energiedienst-Sprecher Christoph Klink. Jeder Ökostromanbieter hängt am Börsenpreis: Will er zu einem höheren Preis als dem Börsenpreis einkaufen, hat er einen Nachteil anderen Anbietern gegenüber.
Versucht er, zu niedrigeren Preise einzukaufen, würden die Betreiber von Windrädern und Photovoltaik-Anlagen sich Abnehmer suchen, die den teureren Börsenpreis zahlen oder direkt an die Strompreisbörse gehen. Energiedienst müsse zudem auch Strom von anderen Hochrhein-Wasserkraftwerken zu Börsenpreisen einkaufen, so Klink weiter.
„Wir wissen, dass die allgemein gestiegenen Energiekosten insgesamt eine echte Mehrbelastung für die Verbraucher bedeuten“, sagt EnBW-Sprecher Rashid Elshahed. Doch gerade die Energiekrise zeige, wie wichtig die nachhaltige Energiewende hin zu erneuerbaren Energien sei. Wer sich für Ökostrom entscheide, unterstütze den Ausbau aktiv. Auch wenn er preislich dadurch keinen Vorteil hat.