Nasses, graues Novemberwetter ist für die Deutschen eigentlich die Zeit, in welcher Urlaubspläne für das kommende Jahr geschmiedet werden. Verschiedenen Umfragen zufolge sagen auch die meisten: „Ja, wir verreisen auch 2023.“ „Trotz steigender Lebenshaltungskosten und Inflation steht der Urlaub ganz oben auf der Wunschliste“, sagt Torsten Schäfer vom Deutschen Reiseverband, dem Branchenverband der Reisewirtschaft. Beim Buchen zögern aber trotzdem noch viele. Wichtige Fragen und Antworten:
Was sind die Gründe für der Zurückhaltung beim Buchen?
Wegen der stark gestiegenen Kosten für Strom, Gas, Benzin und Lebensmittel warten viele ab, wie sich der Kontostand in den kommenden Monaten entwickelt. „Wenn Geld da ist, wird es aber auch ziemlich sicher für den Urlaub eingesetzt, das zeigen derzeit alle Umfragen“, sagt Torsten Schäfer.
Bei denen, die bereits gebucht haben, beobachtet Martin Lohmann, dass die Preissensibilität höher sei als sonst. Lohmann untersucht seit vielen Jahren für die Studie Reiseanalyse das Reiseverhalten in Deutschland. „Wir sehen, dass nach günstigeren Zielen gesucht wird, die nicht so weit weg sind. Und dort sucht man dann auch nach einer günstigeren Unterkunft“, so Lohmann.
Wird auch an der Länge des Aufenthalts gespart?
Für durchschnittlich 12 Tage verreisen die Deutschen in ihrem Jahresurlaub – und daran wollen sie auch 2023 nichts ändern. „Woran in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten aber gespart wird, sind zusätzliche Kurzlaube. Solche Wochenendtrips fallen dann weg, um zu sparen“, sagt Martin Lohmann.

Wie gehen die Reiseanbieter mit den zurückhaltenden Buchungen um?
„Flexible Tarife, doppelte Treuepunkte und Ratenzahlung: Es ist an der Zeit zu buchen!“ So wirbt der Fähranbieter Corsica Sardinia Ferries für Überfahrten nach Elba, Korsika oder Sardinien 2023. Beim Buchen gibt es die Möglichkeit, den Preis für die Überfahrt nicht auf einmal, sondern in bis zu vier Raten zu überweisen. Sechs Euro extra werden für diesen Service fällig.
Andere Reiseanbieter wie FTI werben damit, dass man bei einer Bezahlung über Paypal die dortige Ratenzahlungs-Option wählen kann. Das Online-Reisebüro Expedia arbeitet mit dem Ratenkauf des Zahlungsanbieters Klarna zusammen.
Pauschalreiseanbieter wie das Kreuzfahrtunternehmen Aida Cruises verweisen darauf, dass bei der Buchung ohnehin nur eine Anzahlung von 20 bis 30 Prozent des Gesamtpreises fällig wird. „Die Restzahlung wird erst spätestens 30 Tage vor Reiseantritt fällig“, sagt Nadine Maraschi von Aida Cruises. Ähnlich läuft es bei der Buchung von Ferienhäusern ab, wie Pamela Premm vom Deutschen Ferienhausverband erklärt.
Werden diese Ratenzahlungen gut angenommen?
Anders als in England ist es in Deutschland sehr unüblich, seinen Urlaub mit einem Kredit zu finanzieren. Martin Lohmann glaubt auch nicht, dass sich das jetzt plötzlich ändern wird. „Ich denke, wer sich im Alltag schon stark einschränken muss, der bucht erst gar keinen Urlaub, egal ob es das Angebot für einen Kredit gibt oder nicht.“
Er weist aber auf eine andere Gefahr hin: auf eine Art ungeplanten Kredit. „Die Deutschen sagen, sie wollen auch im Urlaub sparen, also beispielsweise auf das zweite Glas Wein verzichten. Ich glaube aber, dass das vor Ort und mit Urlaubsstimmung nicht passiert. Da wird dann fleißig mit Karte bezahlt und erst zu Hause merkt man, dass das Konto überzogen wurde.“

Gibt es Fallstricke beim Urlaub auf Pump?
Wie jeder Kredit macht das geliehene Geld die Reise teurer, weil noch die Zinsen zum Reisepreis dazu kommen. Statt beim Reiseveranstalter einen Kredit aufzunehmen, kann es günstiger sein, dies über die Bank zu machen – vorausgesetzt die Konditionen sind dort besser.
Teuer wird die Ratenzahlung über PayPal: Hier liegt der effektive Jahreszins bei satten 9,99 Prozent. Verbraucherschützer warnen auch vor den psychologischen Folgen der Ratenzahlung: Der schöne Urlaub ist längst vorbei, die Raten muss man aber noch weiter abbezahlen. Ihre Empfehlung: Lieber ein Jahr auf Urlaub verzichten.
Haben die Reiseanbieter noch andere Ideen, um die Urlauber zu locken?
„Wir haben noch bis Ende des Monats Frühbucherpreise mit 40 Prozent Rabatt“, sagt Aage Dünhaupt, Touristikkonzern Tui. Der Deutsche Reiseverband, der Branchenverband der Reisewirtschaft, beobachtet eine vermehrte Buchung von Pauschalreisen mit Flexoptionen. „Hier kann ich kurzfristig vor Beginn der Reise ohne Angabe von Gründen die gebuchte Reise auf ein anderes Zielgebiet oder einen anderen Reisezeitraum umbuchen oder eben auch stornieren“, sagt Torsten Schäfer vom Deutschen Reiseverband.
Wer kurzfristig verreist, hat bei Ferienhäusern oft das Glück von Last-minute-Angeboten. „Es ist üblich, dass Vermieter mit Rabatten die freien Buchungslücken schließen“, so Alexandra Hoffmann vom Reiseveranstalter Alltours.