Die Vorweihnachtszeit haben sich die Beschäftigten des Eigeltinger Automatisierungsspezialisten Actemium Mechatronic (AM) im Kreis Konstanz anders vorgestellt. Seit Monaten befinden sich Teile der Belegschaft in

Am Mittwoch nun der zwischenzeitliche Höhepunkt: Nach Angaben der IG Metall sind Beschäftigte des zum französischen Vinci-Konzern gehörenden Mittelständlers in einen eintägigen Ausstand getreten. „Wir haben zum Warnstreik aufgerufen“, sagte Adrian Dubno, IG-Metall-Gewerkschaftssekretär, dem SÜDKURIER. Die Beteiligung sei gut.

Adrian Dubno von der IG Metall wirft dem Actemium-Management vor, den Betriebsrat einzuschüchtern. Dieses bestreitet den Vorwurf.
Adrian Dubno von der IG Metall wirft dem Actemium-Management vor, den Betriebsrat einzuschüchtern. Dieses bestreitet den Vorwurf. | Bild: IG Metall

Betriebsräte abgemahnt und Post zensiert?

Die Vorwürfe, die Beschäftigtenvertreter gegen die Geschäftsleitung vorbringen, sind massiv. Es gehe um Einschüchterung von Betriebsräten, ungerechtfertigte Abmahnungen und die Zensur von Post der Mitarbeitervertreter durch das Unternehmen, heißt es von Betriebsrat und IG Metall. Das Unternehmen weist die Vorwürfe von sich.

Unternehmen: Vorwürfe treffen nicht zu

Anfang Juni soll es laut Betriebsrat zu einem der folgenschwersten Vorgänge gekommen sein. Dem Betriebsrat sei in einem Schreiben von zwei AM-Managern mit rechtlichen Schritten „bis hin zur Auflösung“ des Gremiums gedroht worden. Das Schreiben liegt dieser Redaktion vor.

Anlass sei ein vom Unternehmen festgestellter Verstoß des Betriebsrats gegen Neutralitätspflichten im schwelenden Tarifstreit gewesen. Von AM heißt es dazu auf Anfrage, man drohe Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht. Dass Betriebsräte, die sich für eine Tarifbindung stark machten, unter Druck gesetzt würden, treffe „nicht zu“.

Das von der Deutschen Bundesbank in Frankfurt aufgenommene undatierte Foto zeigt ein Geldpaket von 50-Euro-Scheinen. Die Scheine werden ...
Das von der Deutschen Bundesbank in Frankfurt aufgenommene undatierte Foto zeigt ein Geldpaket von 50-Euro-Scheinen. Die Scheine werden auf Spezialmaschinen hergestellt, die von Actemium-Spezialisten vom Bodensee eingerichtet und gewartet werden. | Bild: Deutsche Bundesbank

Streitpunkt betriebliche Mitbestimmung

Im fünfköpfigen Betriebsrat des Unternehmens sieht man das anders. Man wolle die Mitglieder „einschüchtern, damit sie einknicken“, heißt es aus dem Gremium. Namentlich will sich keiner der Betriebsräte zitieren lassen. Sich exponierende Einzelpersonen würden vom Arbeitgeber „massiv angegangen“.

Wegen Lappalien würden Abmahnungen gegen Betriebsräte ausgesprochen. In einem Fall sei man sogar vor dem Arbeitsgericht gelandet. Mit Verweis auf „innerbetriebliche Themen“ äußert sich AM hierzu nicht. IG-Metall-Mann Dubno spricht dagegen von „Schikane“ und einem Angriff auf die betriebliche Mitbestimmung.

Beschäftigte mit und ohne Tarifvertrag

Im Hintergrund des handfesten Streits steht ein seit 2022 schwelender Konflikt in dem 50 Mitarbeiter starken Unternehmen um die Einführung eines Tarifvertrags. In dem einstmals komplett tarifgebundenen Unternehmen habe sich im Zuge eines Zukaufs vor mehreren Jahren „unter den Beschäftigten eine Zweiklassengesellschaft etabliert“, heißt es aus dem Betriebsrat.

Aktuell unterliege nur ein Teil der Beschäftigten – sogenannte Altverträgler – einem tariflichen Regelwerk. Alle anderen verhandelten über Löhne, Gehälter und Arbeitsbedingungen direkt mit dem Unternehmen. Ein Zustand, der nach Ansicht der Beschäftigtenvertreter unhaltbar ist.

Daher sei man mit dem Wunsch an die Geschäftsführung herangetreten, den IG-Metall-Tarif allen Mitarbeitern zugänglich zu machen. Immerhin seien innerhalb des französischen AM-Mutterkonzerns Vinci „Tarifverträge für die Beschäftigten durchaus üblich“.

Industriekomplex in Eigeltingen, nahe Stockach. Hier befindet sich auch der Actemium-Mechatronik-Sitz.
Industriekomplex in Eigeltingen, nahe Stockach. Hier befindet sich auch der Actemium-Mechatronik-Sitz. | Bild: Hanser, Oliver

Tatsächlich habe sich zunächst auch das Management gesprächsbereit gezeigt. Bereits im Juli 2022 sei man in Tarifgespräche eingetreten, heißt es von Beschäftigtenseite. Nach mehreren Verhandlungsrunden kam das vorläufige Aus dann im Juli 2024.

„Beim Gegenüber war kein Wille erkennbar, wirklich zu verhandeln“, sagt Dubno von der IG Metall. Zuletzt soll sich das Management auf einer Betriebsversammlung am 11. November einer Tariflösung strikt verweigert haben. Der aktuelle Warnstreik ist die Folge.

Geht man aufeinander zu?

Ob die Lage bei dem auf die Wartung von Bargeldmaschinen spezialisierten Unternehmen weiter eskaliert, ist ungewiss. Generell bestehe Gesprächsbereitschaft mit dem Betriebsrat und ein „klares Interesse, eine Einigung zu erzielen“, heißt es von AM. Man arbeite gern an der Beilegung der Differenzen. „Unser gemeinsames Ziel sollte es sein, die Gespräche zu einem positiven Ende für beide Seiten zu führen.“

Beim Betriebsrat gibt man sich hart in der Sache, das Interesse, den Gesprächsfaden wieder aufzunehmen, sei aber dennoch vorhanden. Adrian Dubno von der IG Metall sagt, „es wundert mich, dass moderate Forderungen der Belegschaft solchen Widerstand hervorrufen“.

Vinci-Mutter mit umfangreichem Ethik-Kodex

Fälle wie bei dem Eigeltinger Unternehmen sind selten. Hier kommt hinzu, dass sich der Vinci-Mutterkonzern umfangreiche Ethik-Regeln gegeben hat, in denen auf einen „aktiven sozialen Dialog mit den Arbeitnehmervertretungen“ sowie Respekt gegenüber der „Unabhängigkeit der Gewerkschaften“ verwiesen wird. Dubno sagt, im ­Moment sei davon wenig zu spüren.