Der Bundestag hat am Freitag nach monatelangen Konflikten auch innerhalb der Ampel-Koalition das umstrittene Heizungsgesetz beschlossen. Es soll einen wesentlichen Beitrag für mehr Klimaschutz in Gebäuden leisten. Was jetzt gilt.
Was ist der Grundgedanke des Gesetzes?
Rund ein Drittel des deutschen CO2-Ausstoßes entstammt dem Beheizen und dem Kühlen von Gebäuden. Damit Deutschland bis zur Mitte des Jahrhunderts klimaneutral werden kann, sollen möglichst wenige neue Heizungen eingebaut werden, die mit Gas oder Öl befeuert werden.
Ab dem nächsten Jahr dürfen in Neubauten in ausgewiesenen Neubaugebieten nur noch Heizungen eingebaut werden, die auf die Dauer mit 65 Prozent Erneuerbaren Energien betrieben werden. Das können zum Beispiel Wärmepumpen oder Holz- und Pelletheizungen sein, die das Regierungsbündnis nach einigem Streit als ökologisch eingestuft hat. Wer sein Haus in eine Lücke in einem bestehenden Wohngebiet setzt, darf dort zum Beispiel weiter einen Gaskessel installieren.
Was gilt für den Bestand?
Gerade am Anfang der hitzigen Diskussion um das Projekt von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) war bei einem Teil der Hausbesitzer der Eindruck entstanden, sie müssten ihre funktionierende Heizung rausreißen und 2024 durch eine umweltfreundliche ersetzen. Das war nie geplant.
Kaputte Kessel dürfen auch repariert werden. Angedacht war zunächst allerdings, dass auch im Bestand ab nächstem Jahr nur eine Ökoheizung hätte eingebaut werden dürfen, wenn ohnehin ein Tausch angestanden oder eine irreparable Havarie diesen erfordert hätte. Das ist nicht mehr der Fall. Im Laufe der Beratungen über das Gesetz gilt nun ein Vorrang für die kommunale Wärmeplanung.
Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern müssen sie bis 2026 erstellen, Städte und Dörfer mit weniger Einwohnern haben bis 2028 Zeit. Wer mit dem Wechsel einer Heizung liebäugelt, soll schauen, ob die Energieversorger das Fernwärmenetz ausweiten oder ein Nahwärmenetz für kleinere Quartiere bauen wollen. Im Bestand dürfen weiter Öl- und Gaskessel installiert werden, bis die Kommunale Wärmeplanung greift.
Welche Energieform ist die wirtschaftlichste?
Die Preise für Energie können sehr stark schwanken, wie das vergangene Jahr nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine gezeigt hat. Öl und Gas haben sich massiv verteuert und im Zweitrundeneffekt den Strompreis nach oben schießen lassen.
Durch den starken Ausbau von Wind- und Sonnenkraft soll sich Deutschland unabhängig von fossilen Importen machen. Damit ist im Wirtschaftsministerium die Hoffnung verbunden, dass der Strompreis fällt und damit Wärmepumpen günstiger laufen. Hierzulande kostet Strom im europäischen Vergleich mit am meisten.
Habeck hat die Hausbesitzer in den vergangenen Monaten immer wieder davor gewarnt, sich einen neuen Öl- oder Gaskessel in den Keller zu stellen. Denn durch die geplante Anhebung der CO2-Steuern werden fossile Brennstoffe in den folgenden Jahren seitens der Regierung verteuert.
Gibt es staatliche Zuschüsse für umweltfreundliche Heizungen?
Der Bundeswirtschaftsminister plant mit einer umfangreichen Förderung, für die er aber bisher nur Eckpunkte vorgelegt hat. Das Geld soll aus dem Klima- und Transformationsfonds der Bundesregierung stammen. Habeck hat das Ziel, dass die Mittel möglichst einfach online beantragt werden können. Laut seinen Eckpunkten ist für eine nachhaltige Heizung ein Grundzuschuss von 30 Prozent vorgesehen.
Wer vergleichsweise rasch in den nächsten Jahren eine solche Therme einbaut, kann weitere 20 Prozent bekommen. Für Haushalte, die über höchstens 40.000 Euro Einkommen im Jahr verfügen, soll es noch einmal 20 Prozent oben drauf geben, insgesamt also maximal 70 Prozent.
Maximal gibt der Staat 90.000 Euro hinzu, wenn neben der Heizung beispielsweise die Fassade gedämmt wird oder neue Fenster angeschafft werden.
Womit müssen Mieter rechnen?
Bei einem Tausch der Heizung darf der Vermieter die Miete höchstens um 50 Cent je Quadratmeter anheben und zwar für eine Dauer von sechs Jahren. Nimmt der Eigentümer die staatliche Förderung in Anspruch, kann er bis zu 10 Prozent Modernisierungsumlage verlangen.
Wie ist die Stimmung in der Bevölkerung?
Das Heizungsgesetz hat die Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP massiv an Zustimmung gekostet. Wäre am Sonntag Bundestagswahl, bekämen die drei Partner keine Mehrheit mehr im Bundestag.
Robert Habecks Ruf hat durch das Vorhaben spürbar gelitten. Einer aktuellen Umfrage des Energiekonzerns Eon zufolge kann sich jeder dritte Hausbesitzer vorstellen, beim Auswechseln des Heizkessels auf eine Wärmepumpe umzusteigen. Wegen der durch das Heizungsgesetz ausgelösten Verunsicherung hatte sich der Absatz von Wärmepumpen in den ersten sechs Monaten indes halbiert.