Die Bundesvorsitzende der Grünen, Franziska Brantner, war zu Besuch in Donaueschingen. Am 22. Juli zeigte sie bei einem Bürgerdialog unprätentiöse Nahbarkeit.

Gut 60 Interessierte waren in den Biergarten am Brigachweg gekommen. Fabian Braun von der Grünen Jugend ermuntert das Publikum: „Gerne Fragen stellen, auch kritisch aus der Parteibasis.“

Sie kennt die Region gut

Franziska Brantner kommt legér im Jeans-Anzug, es gibt Beifall und Umarmungen. Sie stellt sich vor. Geboren in Lörrach, aufgewachsen in Neuenburg am Rhein, dann besuchte sie das deutsch-französische Gymnasium in Freiburg, sie kennt Südbaden wie ihre Westentasche.

In der Ampel-Regierung in Berlin war sie im Wirtschaftsministerium. Dort befasste sie sich unter anderem mit den Metallen der seltenen Erden, die in vielen Schlüsseltechnologien benötigt werden.

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Die erste Frage stellt dann Parteikollege Fabian Braun: „Bei der Bundestagswahl hat die Strategie der Grünen, die Merkel-Lücke schließen zu wollen, nicht funktioniert. Sollte man nicht den Klimaschutz wieder zum Hauptthema machen, weil auf dem E-Sektor wenig vorangehe und Autobauer deshalb ihre Azubis nicht übernehmen können?“

Fokus auf Klimaschutz und erneuerbare Energien

Brantner antwortet: „Den Klimaschutz müssen wir aus der Schmuddelecke holen.“ Man müsse Klimaschutz und Wirtschaft wieder zusammenbringen. Klimaschutz sei nur machbar, wenn er für alle finanzierbar ist. „Wenn es kein gutes und bezahlbares Busangebot gibt, fahren alle Autos. Deshalb geht es darum, wie wir die erneuerbaren Energien ausbauen.“

Grünen-Chefin Franziska Brantner kritisert das Chaos um die verschobene Verfassungsrichterwahl: „Wer sich von Populisten treiben lässt, ...
Grünen-Chefin Franziska Brantner kritisert das Chaos um die verschobene Verfassungsrichterwahl: „Wer sich von Populisten treiben lässt, stärkt sie.“ | Bild: Thomas Trutschel, Photothek/Imago Images

Sie kritisiert die aktuelle Regierung deutlich. Der neuen Bundesumweltministerin Katharina Reiche (CDU) gehe es eher darum, die neuen Energien zu zügeln, den Ausbau auszubremsen. Franziska Brantner spricht ganz ruhig, berichtet von Firmenbesuchen, speziell in Baden-Württemberg, zeigt sich gut informiert.

Beim Besuch des Grünen Technologieparks GreenTech Hub in Memmingen habe sie erfahren, dass dem Chef die Investoren abspringen würden, weil Gas billiger werden soll. Brantner wirbt dafür, das Stromnetz auszubauen und mehr Speichermöglichkeiten zu schaffen, damit zum Beispiel auch die Windenergie kontinuierlich gespeichert werden könne.

Viel getan habe sich auch in der Raumfahrt, wie Brantner berichtet. Da hätten Unternehmen am Bodensee für die Entwicklung kleinerer Raketen vom Bundeswirtschaftsministerium 100 Millionen Euro erhalten. Das Energiebeschleunigungsgesetz und das Wasserstoffbeschleunigungsgesetz? „Haben wir Grünen im Bundestag eingebracht.“

60 Bürger löchern die Bundesvorsitzende der Grünen mit Fragen. Eine davon: „Wie geht es mit den Grünen weiter?“
60 Bürger löchern die Bundesvorsitzende der Grünen mit Fragen. Eine davon: „Wie geht es mit den Grünen weiter?“ | Bild: Lutz, Bernhard

Ganz wichtig ist Brantner das Startchancen-Programm. Dieses sei das größte Bildungsprogramm zwischen Bund und Ländern, welches 20 Milliarden Euro über zehn Jahre bereitstellt, davon bekäme alleine Baden-Württemberg 2,6 Millionen Euro.

Eine Frage aus dem Publikum: Gibt es von der jetzigen Opposition Bemühungen, eine vollständige Reform der Schuldenbremse durchzubringen? Brandter ist gegen eine völlige Lockerung, denn ohne Schuldenbremse werde Geld verschleudert.

Ampel-Streit mit Folgen

Durch den Streit in der Ampel ginge viel Kommunikation verloren, so ihre Einschätzung zum bestehenden Umfragetief der Grünen und der Bundestags-Wahlschlappe im Februar. Es sei nur über die Fehler der Grünen berichtet worden, so Brantner. „Wir haben die Dinge, die gut gelaufen sind, nicht kommuniziert bekommen.“

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Doch wie können die Grünen und ihre Ziele wieder stärker in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden? Brantner kritisiert die sozialen Medien und die Tech-Giganten, die mit undurchsichtigen Algorithmen agieren.

Algorithmus contra Grüne?

Besonders im Bundestagswahlkampf sei Robert Habeck oft zur Zielscheibe von Fake News-Verbreitern gewesen: „Die Algorithmen arbeiten gegen uns.“ Um wenigstens ein bisschen gegensteuern zu können, bittet Brantner die Anwesenden, jeden Tag eine Minute auf den sozialen Medien zu bringen, um einen Beitrag einer Spitzenperson der Grünen zu teilen oder positiv zu kommentieren.

Marin Juric vom Grünen Kreisvorstand zeigte sich mit dem Bürgerdialog zufrieden: „Franziska Brantner hat die Themen gut geschildert und Mut gemacht.“

Marin Juric
Marin Juric | Bild: Grüne

Optimismus als Resultat

Für die Landtagswahl in Baden-Württemberg will Brantner die Grünen unterstützen. Cem Özdemir ist für sie der beste Kandidat. Gut 80 Minuten weilte Brandter in Donaueschingen, danach fuhr sie weiter nach Rottweil.