Sie sind das Volksleiden Nummer eins und einer der Hauptgründe für Krankschreibungen in Deutschland: Rückenschmerzen. Dabei gibt es einige einfache Dinge, die man im Alltag tun kann, um vorzubeugen.
„Meiner Ansicht nach sind Rückenschmerzen zu einer Volkskrankheit geworden“, erklärt der Radolfzeller Facharzt für Allgemeinmedizin und Spezielle Schmerztherapie, Dr. Tashe Thaktsang. Wenn es um den Rücken geht, kommen Patienten in seine Praxis mit akuten und chronischen Schmerzen im lumbo-sakralen Bereich, also an der Lendenwirbelsäule und in der Kreuzbeinregion. „Patienten, die ich seit Jahren hausärztlich begleite, kommen wegen akuter Schmerzen jeglicher Couleur in der Regel direkt zu mir“, so der Mediziner.

Der Allgemeinarzt ist oft die erste Adresse bei Rückenschmerzen. „Patienten, die unter chronischen nicht-spezifischen oder spezifischen Rückenschmerzen leiden, kommen in der Regel durch Zuweisung von anderen Kollegen oder auf Empfehlung aus dem jeweiligen Bekanntenkreis.“ Andere wünschen sich eine Zweitmeinung von einem Schmerztherapeuten.
Die Ursachen sind nicht immer greifbar
„Bei den nicht-spezifischen Rückenschmerzen handelt es sich um mehrschichtige Ursachen,“ erläutert der Arzt. Dies trifft auf etwa 80 Prozent der Patienten mit chronischen Rückenschmerzen zu. Bei den spezifischen Rückenschmerzen hingegen sind die markanten Ursachen greifbarer: zum Beispiel Bandscheibenvorfälle mit Nervenkompression, knöcherne Auswüchse mit Verengung der Nervenaustrittsregion oder Bandscheibenentzündungen.
Rückenleiden sind heute häufiger als früher, bestätigt Thaktsang, der sich durch die Statistik bestätigt sieht. Laut der deutschen Rückenschmerzstudie haben bis zu 85 Prozent der Bevölkerung mindestens einmal in ihrem Leben Kreuzschmerzen. „Selbst rund elf Prozent der unter 30-Jährigen klagen über Rückenschmerzen und ab dem 65. Lebensjahr sind es bereits über 30 Prozent“, erklärt der Arzt. „Rückenschmerzen führen nach wie vor die Statistik der Krankschreibung in Deutschland an.“
Gene, Umfeld, Arbeitsplatz – viele Faktoren spielen eine Rolle
Dabei spiele das genetische Material jedes Einzelnen gewiss eine große Rolle, so der Radolfzeller Arzt. Bei manchen führe selbst ein kleiner Unfall zu fast therapieresistenten Rückenschmerzen. „Ob akute Rückenschmerzen trotz leitliniengerechter Behandlung chronifizieren und somit ein Schmerzgedächtnis im Hirn installieren, hängt meines Erachtens höchstwahrscheinlich zusätzlich und ganz relevant vom sozioökonomischen Umfeld des Einzelnen ab.“ Für die geistige und körperliche Fitness sei jeder selbst verantwortlich. Aber auch der Arbeitgeber: „Bestmögliche Arbeitsplatzbedingungen und regelmäßige Arbeitspausen sind wichtig und dienen dem Wohl der Mitarbeiter.“
Zum Arzt seines Vertrauens sollte man grundsätzlich gehen, wenn sich „anhaltende sich verstärkende Schmerzen einstellen, verbunden mit Taubheitsgefühl und muskulärer Schwäche“, so Thaktsang.
So kommt man wieder auf die Beine
„Rückenschmerz, eine unendliche Geschichte? In den meisten Fällen, nein“, erklärt Dr. Sandra Unger, Fachärztin für Physikalische Medizin und Rehabilitation, Sport- und Schmerzmedizinerin an der renommierten Hermann-Albrecht-Klinik der Mettnau am Bodensee.

Gegen die meisten der nicht-spezifischen Rückenschmerzen lässt sich etwas tun – durch Vorbeugung etwa, aber auch durch gezielte Behandlung. Wie bei der klassischen „Hex im Kreuz“. Unger: „Hier ist der akute Schmerz eine sinnvolle Reaktion auf ungünstige äußere Bedingungen wie Fehlhaltungen, zu wenig Bewegung oder zu langes Sitzen.“ Ihr Tipp: “Bewegungstherapie, unterstützend auch Wärme und schrittweise zurück in die normale Aktivität, bringt Sie nachhaltig auf die Beine. In 90 Prozent der Fälle kann durch diese Maßnahmen eine deutliche Linderung der Beschwerden erzielt werden.
Damit der Schmerz nicht chronisch wird, sollte alles auf den Prüfstand kommen – von den Bewegungsgewohnheiten, der Ernährung, über mögliches Rauchen bis zur Bewältigung von Stresssituationen im Alltag. Ihren Patienten rät sie außerdem: „Gehen Sie mit Ihrem Körper so um, als wenn es Ihr eigener wäre – Rücksicht nehmen!“
Tipps aus der Praxis
„Wir sitzen zu viel, es fehlt die richtige Bewegung“, sagt Kerstin Christen aus Radolfzell, Physiotherapeutin, Körpertrainerin und Seminar-Managerin für Firmen. Ihr Konzept ist die ganzheitliche Herangehensweise.