Wie fest sitzt Wladimir Putin (69) im Sattel? Russland-Kenner verweisen als Antwort auf einen Machtapparat, den der Mann im Kreml ganz auf sich allein zugeschnitten hat und aus Putin „treu ergebenen“ Persönlichkeiten besteht. Das spricht für Stabilität, allerdings verweisen die Experten auch auf einen möglichen Wetterumschwung, etwa herbeigeführt durch den Börsencrash, das Einfrieren der Oligarchen-Milliarden bei Banken im Westen und die Beschlagnahmung von Luxusjachten und Villen am Mittelmeer.
Könnte das die Stimmung drehen und Putin die Macht kosten? Oder gar das Leben?

Bei der Suche nach einer Antwort wirft ein anonymer Post, der gerade beim Nachrichtendienst WhatsApp die Runde macht, einen Blick in die bewegte russische Geschichte, die eine Reihe großer, verwegener und auch brutaler Herrscher hervorgebracht hat.
In der Nachricht wird behauptet, der laufende Monat März sei „traditionell ein schwieriger Monat für russische Herrscher“. Der Anonymus hätte auch vom „letzten Monat für Herrscher“ schreiben können. Genannt werden die Namen von fünf russischen Potentaten – doch vollständig ist die Liste nicht. Es ergibt sich eine Reihenfolge, die den mit Sicherheit mörderischsten Machthaber an den Anfang stellt:
Tod nach Schlaganfall: Josef Stalin

Er starb am 5. März im Alter von 74 in seiner Datscha in Kunzewo bei Moskau. Vorausgegangen war ein ausgedehntes Abendessen plus Trinkgelage mit Spitzenfunktionären, darunter Geheimdienstchef Lawrenti Berija und Nikita Chrutschtschow, die Nummer 5 im Machtapparat.
Da Stalin seinem Ärger in einer langen Standpauke Luft machte, zog sich das Treffen bis in den frühen Morgen des 1. März hin. Als die Gäste gegangen waren, warf ein Schlaganfall den Herrscher zu Boden. Trotz der Stille im Raum wagte es kein Bediensteter, einzutreten, in der Angst, man werde ihm ein Attentat auf Stalin andichten. Der Diktator erlange das Bewusstsein nicht wieder. Nach dem Tod wurde er einbalsamiert und in einem gläsernen Sarg ausgestellt.
Dynamit-Attentat: Alexander II.

Der Zar aus der Dynastie Romanow-Holstein-Gottorp fiel am 13. März (gregorianischer Kalender) 1881 im Alter von 62 Jahren einem Attentat zum Opfer, das die Untergrundorganisation Narodnaja Wolja (“Volkswille“) geplant hatte. Dieser Mord passte eigentlich nicht zum Ansehen des Zaren, dem die Abschaffung der Leibeigenschaft den Beinamen „der Befreier“ eingebracht hatte. Doch in der radikalisierten politischen Szene Russlands war das keine Lebensversicherung.
Fast kurios waren die Umstände von Alexanders Tod. Als er in St. Petersburg aus einer Kutsche stieg, warf ein Student eine mit Dynamit gefüllt Dose nach dem Zaren, deren Explosion die Kutsche beschädigte. Als Alexander ausstieg, traf ihn das Dynamit eines anderen des Attentäters. Beide erlagen ihren Verletzungen.
Thron verspielt: Nikolaus II.

Der Letzte aus der langen Reihe der Zarenherrscher verlor 15. März 1917 zwar nicht sein Leben, aber seinen Thron, den er vielleicht hätte retten können. Aber anstatt der Bildung einer parlamentarischen Regierung zuzustimmen, ließ er auf die Menschenmenge schießen, die Hunger sowie der Überdruss am Krieg und den militärischen Misserfolgen auf die Straße getrieben hatte.
Als der Zar in seine Hauptstadt zurückkehrte, wurde er unter Hausarrest gestellt, wo er mit seiner Familie von der Bürde der Macht entlastet war. Erst im Sommer wurden die Romanows – offiziell aus Sicherheitsgründen – in den Ural gebracht, der Plan für ein Exil in England zerschlug sich. Der Sieg der Bolschewisten im Oktober machte sie zu Gefangenen. Der Zar und seine Familie wurden am 17. Juli 1918 von ihren Bewachern in Jekaterinburg erschossen.
Tod am Schachbrett: Iwan IV.

Sein Beiname „der Schreckliche“ wird der Leistung dieses reformfreudigen und modernisierenden Zaren nicht gerecht, weshalb die Übersetzung „der Strenge“ treffender wäre. Warum der 28. März (greg.) 1584 zu Iwans Todestag wurde, ist unter Historikern auch fast 500 Jahre später ungeklärt.
Die Einen sagen, Wassersucht und Arthritis brachten ihn um, die Anderen halten ein Mordkomplott im Moskauer Kreml für möglich. Ein Giftgemisch, heißt es, hätte den Zaren beim Schachspiel niedergestreckt, woraufhin zwei Männer des Hofstaats den Moment nutzten und Iwan erwürgten. Für denkbar wird auch gehalten, dass der Herrscher schleichend vergiftet wurde, da sich bei der Analyse seiner Gebeine 1963 viel Quecksilber in den Knochen fand. Das Zarengrab liegt in der Erzengel-Michael-Kathedrale.
Mit Schärpe erdrosselt: Paul I.

Dieser Herrscher, der 46-jährig am 23. März (greg.) 1801 von seinen Mördern mit seiner eigenen Schärpe erdrosselt wurde, hatte, nachdem er sich selbst zum Zaren hatte krönen müssen, nur eines im Sinn: Die Politik seiner Mutter, Katharina die Große, rückgängig zu machen. So mussten seine Soldaten wieder wie die Preußen mit Zopf herumlaufen, obwohl man den längst abgeschnitten hatte.
Da ihm immer wieder mit Mord gedroht wurde, ließ sich Paul bei St. Petersburg ein festungsartiges Schloss, die Michaelsburg, auf einer Flussinsel erbauen. Aber das schützte ihn nicht. Verschwörer aus dem Adel brachten ihn um, weil er die Abdankung verweigerte. Eine Theorie für den Tod: Er hatte sich auf die (falsche) Seite Napoleons geschlagen und wollte Britisch-Indien angreifen.
Lunge und Leber: Konstantin Tschernenko

Der letzte wirkliche Betonkopf unter dem Generalsekretären der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) ist zwar nicht im WhatsApp-Post gelistet, fiel aber auch – 73-jährig – dem Todesmonat März zum Opfer – am 10. März 1985. Tschernenko war schon sterbenskrank, als er im Kreml an die Macht kam. Er rauchte seit der Jugend gern und viel. Im Alter trat ein Lungenemphysem (Lungenblähung) auf, aber vermutlich weil er nur 13 Monate im Amt war, ordnete man eine Autopsie an.
Dort gesellten sich zur kaputten Lunge eine Leberzirrhose und eine chronische Hepatitis. Er hatte keine Chance. Die nutzte dann Michael Gorbatschow (heute 91). Er hat übrigens am 2. März Geburtstag.