Es gibt gerade einmal eine Handvoll an hochkirchlichen Festen, die weit über ihren Ort hinaus bekannt sind. Das Konradifest in Konstanz gehört dazu, das immer am letzten Sonntag im November an den heiligen Bischof erinnert. Oder das Fridolinsfest immer im März in Bad Säckingen. Das Fest mit der größten Ausstrahlung wird man freilich in Radolfzell finden. Hinter dem bieder klingenden Namen Hausherrenfest verbirgt sich ein Fest, das zwischen kirchlicher Prozession, Reliquienverehrung sowie heiterer Sommerparty angesiedelt ist. Am kommenden Wochenende ist es wieder soweit.

Aus dem Orient
Man kann mit dem Namen anfangen. Mit Hausherren sind die drei orientalischen Heiligen Theopont, Senesius und Zeno gemeint. Sie lebten – an verschiedenen Orten – im 4. Jahrhundert. Über ihr Leben weiß man nicht sehr viel, vieles verschwindet in der Grauzone der Legende. Am meisten konnten Historiker noch über Zeno zutage fördern. Er war Bischof im norditalienischen Verona, zu dem Radolfzell (und die Reichenau) früher enge Beziehungen pflegten.
Einige Reliquien der drei Männer liegen seit dem frühen Mittelalter im gotischen Münster der Stadt. Bischof Radolt, der Namensgeber für Radolfzell, hatte die Überführung der Reliquien an den Bodensee organisiert. Die Knochen heiliger Frauen und Männer bedeuteten im Mittelalter alles: Sie erhoben eine Kirche zum Kraftzentrum. Die leiblichen Überreste machten einen religiösen Ort attraktiver. Sie zogen Menschen aus fernen Ländern an. So entstand eine Wallfahrt, und mit der Wallfahrt wurden die Städte vielsprachig und die Städter vermögend.
Prominente Redner
Theopont, Senesius und Zeno begründeten nie eine Wallfahrt. Doch bis heute schwimmt vom anderen Ufer des Untersees eine Armada von Schiffen an. Es ist die Mooser Seeprozession, die für manche Beobachter einen Höhepunkt markiert. Für andere ist es das Hochamt am zeitigen Sonntag, für das immer ein prominenter Redner gewonnen wird. In diesem Jahr wird es Mathias Trennert-Helwig sein, Stadtpfarrer von Konstanz.
Tausende Besucher
Die ganze Stadt ist an den drei Tagen von Samstag bis Montag auf den Beinen. Über den Stellenwert dieser Feierlichkeiten sagte der ehemalige Münsterpfarrer Michael Hauser einmal: „Man kann Ostern und Weihnachten abschaffen, das Hausherrenfest und die Fasnacht nicht.“ Den Charme des Wochenendes macht die gelungene Mischung aus. Die Kombination aus alt und neu, ernsthaft gelebter Religiosität und Feuerwerk scheint den Besuchern gutzutun.
2015 wurden sie, aus statistischer Neugier, auf 70.000 bis 80.000 geschätzt. Und das ohne große Werbung. Die Wachstumsspiralen, die andere Feste durchleben, blieben den drei Hausherren erspart. Auf das Feuerwerk wollen Theopont & Co. auch 2019 nicht verzichten – auch wenn andernorts die Raketen dieses Jahr nicht ausgepackt werden. Es ist im Kern noch immer ein bürgerlich-kirchliches Fest, das nicht auf Touristen schielt.