Absage für das Galakonzert des Jugendblasorchesters, Abbruch am Sonntagabend und Unterbrechung am Montagmittag – das diesjährige Hausherrenfest verlief anders als geplant. Wegen einer Unwetterwarnung wurden die Gäste per Durchsage zum Verlassen des Festgeländes aufgefordert. Und das sorgte zum Teil für Ärger: So wurde Kritik laut an den Entscheidungen der Verantwortlichen und mancher Gast stellte sich die Frage, ob die Räumung wirklich nötig gewesen war. Zumal ein wirklich heftiges Unwetter schlussendlich ausblieb und vor allem Regen über die Stadt hereinbrach.
Im Rathaus ist die Kritik angekommen. Die Verwaltung und weitere Beteiligte haben daher zum Gespräch geladen, um das Vorgehen zu erklären. Räumungen und Absagen beim diesjährigen Hausherrenfest seien richtig gewesen, sagen die Beteiligten. Tommy Spörrer von Event Promotions, die mit dem Seefestival auch eine weitere große Veranstaltung nach Radolfzell bringen, betont aus Erfahrung, dass der Maßstab, den die Stadt Radolfzell ansetze, auch nicht anders sei als anderswo. Es handele sich um einen allgemeinen Standard.
Viel Aufwand im Voraus
Der von der Stadt eingesetzte Sicherheitsbeauftragte Dennis Eichenbrenner kennt sich mit dem Thema aus. Er ist Fachplaner für Veranstaltungssicherheit und kann erklären, wie ein Sicherheitskonzept – auch für das Hausherrenfest – entsteht und angepasst wird. Dabei müsse einiges beachtet werden, etwa die Begebenheiten vor Ort wie die Größe des Geländes, die Erreichbarkeit und Fluchtwege.
Ziel sei es, Risiken zu reduzieren und zu klären, wie in welchem Szenario gehandelt werden kann. Das Konzept werde im Voraus an alle Beteiligten kommuniziert. „Das sind alles vorbesprochene und vereinbarte Dinge“, so Eichenbrenner. „Das ist auch Teil einer Genehmigung.“ Dabei gehe es auch um Haftungsfragen.

Zudem werde während der Veranstaltung mit den Beteiligten, darunter etwa Feuerwehr, Polizei, Sicherheitsorganisationen, Vereinen und Verwaltung, über die aktuelle Lage entschieden. Könnte es zu Unwettern kommen, gebe es außerdem regelmäßig zusätzliche Gespräche.
Wetter ist schwer vorherzusagen
„Für uns maßgeblich ist der Deutsche Wetterdienst“, erklärt der Radolfzeller Feuerwehrkommandant Tobias Oechsle, der bei der Veranstaltungssicherheit beratend involviert ist. Die Bundesanstalt sei zuverlässiger als eine normale Wetter-App.
Warne der Deutsche Wetterdienst (DWD) vor einem Unwetter, so sei das ernst zu nehmen, betont Oechsle – auch, wenn nicht mit absoluter Sicherheit gesagt werden kann, dass dann wirklich ein Unwetter Radolfzell erreicht. „Das können die halt auch nicht so genau vorhersagen.“ Eine solche Warnung habe auch fürs Hausherrenfest vorgelegen. Ein zunehmendes Problem seien auch sich spontan bildende Unwetterzellen. „Die sind schwer vorherzusagen.“
„Vielen ist nicht klar, woher diese Wettergefahren kommen“, sagt Tommy Spörrer. Denn es gehe nicht nur um die Gefahr durch Blitze, sondern auch durch Wind. Gerade an der Radolfzeller Uferpromenade gebe es einen alten Baumbestand, bei dem das Risiko hoch sei. „Das ist eine unserer größten Sorgen.“
Genügend Zeit zur Räumung
Zudem betonen die Verantwortlichen den Zeitdruck. Denn es dauert, ein Festgelände zu räumen, wie Regina Brüsewitz als Geschäftsführerin der Tourismus- und Stadtmarketing Radolfzell GmbH betont. Schon vor einer Räumung müsse reagiert werden, um mögliche Hindernisse oder Stolperfallen aus dem Weg zu räumen, erklärt Christine Steiert, Leiterin des Kulturbüros, erklärt. Zudem brauche es Zeit, bis die Gäste das Gelände verlassen haben.

Und nicht nur die Gäste müssen Zeit zur Räumung haben. Janik Kaiser von der Radolfzeller Stadtkapelle und Jonas Haller vom FC weisen auch auf die Helfer hin. Diese müssten sich erst einmal um die Stände kümmern und dann selbst in Sicherheit bringen.
Mit Vorlaufzeit dauere eine kontrollierte Räumung etwa eine halbe Stunde, sagt Tommy Spörrer. Man wolle eine eilige Evakuierung während eines schon tobenden Unwetters nach Möglichkeit verhindern.
Es braucht Vorlaufzeit
Je nach Veranstaltung kann eine Absage auch früher feststehen. Das zeigt sich am Beispiel des Galakonzerts des Jugendblasorchesters, das das Hausherrenfest eigentlich hätte eröffnen sollen. Dafür hätten etwa 60 Personen auf der Bühne stehen sollen, erklärt Musikschulleiterin Christina Burchardt. Doch da habe sich früh abgezeichnet, dass es schwierig wird.
Denn für die Auftritte hätte zum Beispiel das Schlagzeug transportiert werden müssen. „Das ist empfindliches, sehr teures Equipment“, so Burchardt und dürfe nicht nass werden. Daher hätte es mindestens drei bis vier Stunden im Voraus der Konzerte und ebenso lang im Nachhinein trocken sein müssen – doch das war es nicht.
Bitte um mehr Vertrauen
Im Vergleich zu früher werde das Thema Sicherheit heute ernster genommen, betonen die Verantwortlichen. „Das Sicherheitsbedürfnis der Gesellschaft hat sich verschärft“, sagt Bürgermeisterin Monika Laule. Außerdem beruhen Sicherheitskonzepte auf Erfahrungen, die bereits gemacht worden seien – also Unfällen und Ereignissen wie dem tragischen Unglück an der Loveparade 2010, als 21 Menschen zu Tode kamen.
Christina Burchardt bittet hierbei auch um Vertrauen in die Veranstalter. Die Entscheidungen seien gut abgewogen und nicht leichtfertig getroffen worden. „Aber dieses Vertrauen hat an vielen Stellen gefehlt.“