Andreas Wacker fühlt sich um fünf Jahre zurückversetzt. „Das ist wie beim Streit um den Nationalpark, als es hier fast Schlägereien gab”, sagt der Revierförster vom Bad Wildbader Sommerberg. Wacker steht am Montagabend wie ein Fels in der Brandung mitten im Tumult in der Trinkhalle im Kurhaus von Bad Wildbad. Um ihn herum schlagen die Gemüter hoch. Es geht um die Rückkehr des Wolfes nach Baden-Württemberg, um „GW 852m“, den Wolfsrüden, der jetzt im Nordschwarzwald sein Revier hat.
Schon 50 Schafe gerissen
Rund 50 tote Schafe gehen schon auf sein Konto, gerissen in Wildbad, Baiersbronn, und wohl auch vergangenen Freitag in Gernsbach. Und dann gibt es noch die zwei Pferde, die in Simmersfeld auf der Koppel verletzt wurden, womöglich vom Wolf. 3700 Quadratkilometer in der Region sind jetzt „Förderkulisse Wolfsprävention“.
Das Umweltministerium hat an diesem Abend zur Infoveranstaltung über den Wolf eingeladen. Inklusive Staatssekretär André Baumann (Grüne) ist das Land in Wildbad mit 36 Experten aufmarschiert, um den rund 300 Besuchern an drei Themenständen Rede und Antwort zu stehen. „Alle sind verunsichert“, sagt der Wildbader Bürgermeister Klaus Mack zur Begrüßung und fordert Gegenmaßnahmen, „bevor es ein ganzes Rudel gibt."
Nicht nur Funktionäre hören
„Ich will den Wolf auch nicht“, sagt der Grünen-Politiker Baumann, aber wo er nun mal da sei, müsse man mit ihm umgehen. Da wird es laut im Saal, viele wollen nichts hören über Wolfsmanagement, sondern ihren Ärger loswerden – und vor allem den Wolf selbst. Aber es gibt keine Saaldiskussion, Baumann fordert zu Einzelgesprächen auf. „Wir haben extra dieses Format gewählt, damit möglichst viele Menschen Fragen stellen können und nicht nur die Verbandsfunktionäre ans Mikrofon gehen“, sagt er.
Wolf angeblich ausgesetzt
Einer von denen ist Hans-Jochen Burkhardt, Vorsitzender des regionalen Fleckviehzüchterverbands. „Das ist eine Farce, ihr wollt uns nur belehren. Volkes Stimme wird unterdrückt“, geht er Baumann direkt an, um den sich eine Menschentraube gebildet hat. „Der Wolf muss einfach weg“, schimpft Burkhardt. Gerüchte wabern: Die Grünen hätten den Wolf ausgesetzt, Angriffe auf Menschen würden verheimlicht.
Auch Schäfer Gernot Fröschle, der im April über 40 Schafe durch den Wolf verlor, ist da – und wütend. Entschädigung und neue Schutzzäune habe er schnell bekommen, allein gelassen fühlt er sich trotzdem. Die neuen Zäune aufzustellen, kostet doppelt so viel Zeit – wie das gehen soll, sagt ihm keiner.
Auch sachliche Gespräche
Am Themenstand Mensch und Wolf dagegen geht es sachlicher zu. Eine Erzieherin fragt nach Verhaltensregeln mit den Kindern im Wald, ein Hotelierspaar sorgt sich um die Gäste, ein Hundehalter fürchtet um seinen Vierbeiner. Förster Andreas Wacker behält seine Meinung zum Wolf hier lieber für sich. „Ich sehe ihn als Teil der Natur, der hierher gehört“, sagt er. „Aber der Streit über den Wolf geht quer durch die Familien, und es gibt Panik nach jedem neuen Riss.“ André Baumann bewertet den Abend am Ende als gelungen. Wie er sich fühlt nach drei Stunden im Kreuzfeuer? „Heiser“, sagt Baumann.