sk / dpa

Nach der Festnahme des mutmaßlichen Supermarkt-Erpressers können Käufer von Babynahrung und anderen Lebensmittelkonserven aufatmen. Sie müssen nicht mehr ständig befürchten, dass die Ware vergiftet sein könnte. In Abstimmung mit der Polizei gab das Ministerium für Verbraucherschutz am Montag weitgehend Entwarnung. „Nach allem, was wir derzeit wissen, sind nach menschlichem Ermessen keine vom Erpresser vergifteten Lebensmittel im Umlauf“, sagte der Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk (CDU).

Die Entwicklungen am Montag

Allein auf Basis der Angaben des Beschuldigten kann ein Restrisiko aber nicht gänzlich ausgeschlossen werden, wie das Lagezentrum der Landesregierung mitteilte. Deshalb werde der Bevölkerung empfohlen, in den nächsten Tagen weiterhin wachsam zu sein und bei entsprechenden Verdachtsmomenten unverzüglich die Polizei einzuschalten, hieß es weiter. 

Zuvor hatte der 53 Jahre alte mutmaßliche Täter bei seiner Vernehmung erklärt, keine weitere Gläschen mit Gift in Umlauf gebracht zu haben. Der Mann war am Freitag im Raum Tübingen festgenommen worden. Zu seinem Motiv hat die Polizei nach eigenen Angaben vom Montag noch kein vollständiges Bild - abgesehen von dessen inzwischen bekannt gewordener jahrelanger Geldnot. „Bislang haben wir keine darüber hinausgehenden Erkenntnisse“, sagte Hauptkommissar Jens Purath vom Polizeipräsidium Konstanz.

Er räumte die Tat nun selbst ein

Vor dem Haftrichter hatte der Tatverdächtige zugegeben, den Giftstoff Ethylenglykol in Babynahrung gemischt und diese in Läden in Friedrichshafen platziert zu haben. Von Handelsunternehmen wollte er mit der Drohung, 20 vergiftete Lebensmittel in Umlauf zu bringen, eine zweistellige Millionensumme erpressen.

Weitere Informationen versprechen sich die Ermittler von Polizeiakten zu einer strafrechtlichen Vorbelastung des Tatverdächtigen. Sie wurden bei der Justiz in Bayern erbeten und müssen erst noch ausgewertet werden, erklärte Purath. Zudem werde ein Laptop des Mannes untersucht.

Der Vize-Polizeipräsident von Konstanz, Uwe Stürmer, geht nach eigenen Worten davon aus, dass es ein „ganzes Motivbündel“ gab, darunter Geld, Macht und Dominanz. Das sagte Stürmer im Gespräch mit dem SWR. Auf ihn habe der Tatverdächtige „ein bisschen wie ein Lebensbankrotteur“ gewirkt.

Das Zeugenhinweis- und Informationstelefon des Polizeipräsidiums Konstanz zu dem Fall läuft aufgrund der Aufklärung des Falls nur noch bis Dienstag, 3. Oktober, um 8 Uhr. 

Die Entwicklungen am Samstag


Update, 21:10 Uhr: Die Polizei und Staatsanwaltschaft bedankt sich bei den Bürgern und den Medien für die Mithilfe bei der Ergreifung des mutmaßlichen Täters. Nach rund drei Tagen und Nächten ohne Schlaf oder mit nur wenig Schlaf gehen die verantwortlichen Beamten nun ins Bett. "Ich denke, wir haben uns ein wenig Schlaf verdient", sagte Polizeivizepräsident Uwe Stürmer gegenüber dem SÜDKURIER.

Auch die Pressestelle spricht ihren Dank den Bürgern und Medien aus. "Die Nächte waren lang und ohne Schlaf. Jetzt brauchen auch wir etwas Ruhe", sagte Pressesprecher Markus Sauter erleichtert gegenüber dem SÜDKURIER. "Meine Kollegen haben außerordentliche Arbeit geleistet und den Mann gefasst. Ich bin erleichtert und freue mich über diesen Fahndungserfolg. Unsere Strategie war erfolgreich", sagte Uwe Stürmer.

Update, 19:50 Uhr: Der mutmaßliche Supermarkt-Erpresser hat die Vorwürfe gegen ihn gestanden. Außerdem habe er dem Haftrichter gesagt, dass er keine weiteren vergifteten Lebensmittel verteilt habe. Das teilten Staatsanwaltschaft und Polizei am Samstagabend in Konstanz mit. Der Vorwurf gegen den Verdächtigen lautet auf versuchte räuberische Erpressung, er wurde bereits in eine Justizvollzugsanstalt gebracht.

Update, 18.15 Uhr: Wie lief die Festnahme ab? Was weiß die Polizei bereits über den mutmaßlichen Erpresser? Polizeivizepräsident Uwe Stürmer im Video-Interview.

 


Update, 18.06 Uhr: Wie lautet die Anklage? Und gibt es eine Schuldunfähigkeit? Das erklärt der Leitende Oberstaatsanwalt Alexander Boger im Video:
 

 


Update, 17:45 Uhr: Laut SÜDKURIER-Informationen hat der Haftrichter vor wenigen Minuten dem Haftantrag folgend einen Haftbefehl wegen schwerer räuberischer Erpressung erlassen. Damit sitzt der Tatverdächtige ab sofort in Untersuchungshaft. Ob die Ermittlungen auch den Verdacht des Totschlags ergeben, werden die kommenden Wochen und die Ermittlungen zeigen. Dem Mann drohen zwischen fünf Jahren Haft bis lebenslänglich. Der Verdächtige wurde in Gegenwart eines Anwalts vernommen. Laut SÜDKURIER-Informationen sitzt er in Ravensburg in Untersuchungshaft.

Update, 17:30 Uhr: In einem Drogeriemarkt im rheinland-pfälzischen Speyer ist es am Samstag zu einem größeren Polizeieinsatz gekommen. Am Vormittag sei ein „verdächtiger Gegenstand“ gefunden worden, sagte eine Polizeisprecherin in Ludwigshafen. Um was für einen Gegenstand es sich handelt, wollten die Beamten aus ermittlungstaktischen Gründen zunächst nicht sagen. Der Markt sei geschlossen worden, um das Sortiment zu untersuchen. „Wir müssen prüfen, ob der Fund in Zusammenhang steht mit dem Fall des Lebensmittelmarkt-Erpressers vom Bodensee“, sagte die Sprecherin auf Anfrage der Deutschen Press-Agentur.

Update, 17.05 Uhr: Der mutmaßliche Täter hat nach SÜDKURIER-Informationen vor einigen Jahren in Konstanz gewohnt. Noch weiß die Polizei nicht, was er dort beruflich gemacht hat und wo genau er gewohnt hat.

Update, 15.31 Uhr: Die Pressekonferenz in Konstanz ist beendet. Wir halten Sie in diesem Artikel weiter über aktuelle Entwicklungen und neue Informationen auf dem Laufenden. Im Video können Sie die Pressekonferenz in voller Länge noch einmal hier nachschauen:
 

 

 


Update, 15.27 Uhr: Der Polizeivizepräsident spricht von einem überraschenden, schnellen Zugriff. Der Mann habe sich nicht gewehrt, er habe keine Fragen gestellt, warum er festgenommen werde.

Update, 15.22 Uhr: Warum hat der mutmaßliche Täter die vergiftete Babynahrung in Friedrichshafener Supermärkten verteilt? Laut Uwe Stürmer hat der Mann früher in einer Stadt am Bodensee gewohnt, Die Region rund um den See sei ihm nicht unbekannt

Update, 15.18 Uhr: Was weiß die Polizei bisher über den Mann? Uwe Stürmer sagt, der Verdächtige habe Brüche in seiner Biografie, es gebe psychische Auffälligkeiten. Er sei ein Einzelgänger, exzentrisch.

Update, 15.16 Uhr: In der Nähe der Wohnung des Tatverdächtigen wurden Schuhe, Tasche und ein Laptop gefunden. Die Schuhe und die Tasche sahen aus wie auf dem Überwachungsvideo aus dem Friedrichshafener Supermarkt.

Update, 15.14 Uhr: Warum halten die Ermittler die Warnmeldungen aufrecht? Uwe Stürmer sagt: Die Gefahr ist noch nicht gebannt. Die Ermittler wissen noch nicht, wo der Mann zwischen Donnerstagnachmitag bis Freitagnachmittag war.

Update, 15.11 Uhr: Der Täter ist 53 Jahre alt. Es gab viele zielführende Hinweise, darunter 300 wertvolle Hinweise. Polizeivizepräsident Uwe Stürmer zu den vielen Hinweisen über die Hotline: "Es hat gebrummt".

Update, 15.03 Uhr: Die Pressekonferenz beginnt. Der leitende Oberstaatsanwalt Alexander Boger berichtet von der Festnahme: Gegen 16 Uhr haben die Ermittler am Freitag zugegriffen. Sie gehen von der Täterschaft des Festgenommenen aus. Der Bildabgleich und die kriminaltechnischen Untersuchungen haben eine sehr hohe Übereinstimmung gebracht. Zudem sei Ethylenglycol sichergestellt worden. Die Ermittler gehen von einem Einzeltäter aus.

 

 

Polizeivizepräsident Uwe Stürmer zeigt: Diese Menge der Substanz Ethylenglycol konnte sichergestellt werden.
Polizeivizepräsident Uwe Stürmer zeigt: Diese Menge der Substanz Ethylenglycol konnte sichergestellt werden. | Bild: Oliver Hanser


Update, 14.50 Uhr: Um 15 Uhr gibt es eine Pressekonferenz der Polizei in Konstanz. Wir berichten hier in unserem Newsticker.
 

Video von Andreas Schuler

Update, 14.20 Uhr:  Friedrichshafens Oberbürgermeister Andreas Brand zeigt sich erleichtert über den Ermittlungserfolg: "Die Strategie der Polizei, an die Öffentlichkeit zu gehen, ist aufgegangen. Darüber sind wir wohl alle mehr als erleichtert: Das ist eine befreiende Nachricht: Ich habe großen Respekt vor dieser gelungenen Ermittlungsarbeit unserer Polizei."
 

 

Update 11.50 Uhr: Jens Purath, Pressesprecher der Polizei Konstanz, fasst den derzeitigen Stand der Ermittlungen zusammen: 
 


Video von Andreas Schuler


Update 11.20 Uhr: Der Erpresser hatte DNA in einem der fünf Friedrichshafener Supermärkte hinterlassen, vermutlich an einem präparierten Gläschen. Ein Abgleich hat den Verdacht bestätigt, dass der 53-Jährige aus Ofterdingen der mutmaßliche Täter ist.

Update 10.00 Uhr: Trotz der Festnahme des mutmaßlichen Supermarkt-Erpressers gibt die Polizei noch keine Entwarnung für Lebensmittel-Kunden. Mit Blick auf möglicherweise vergiftete Waren rief die Polizei am Samstagmorgen erneut zur Vorsicht auf: „Die Verbraucher sollten nach wie vor beim Einkauf wachsam sein“, sagte Polizeisprecher Markus Sauter. Trotz der veränderten Situation sollten die Menschen beim Einkauf auf manipulierte Produkte achten und die Polizei im Zweifelsfall informieren. Es gebe derzeit keine Erkenntnisse, dass der festgenommene 53-Jährige in Supermärkten oder Drogerien mehr vergiftete Lebensmittel als die bereits gefundenen Gläschen mit Babynahrung platziert habe - „die Geschichte ist aber nach wie vor aktuell“, fügte Sauter hinzu.

Update  9.30 Uhr: Polizeisprecher Markus Sauter bestätigte gegenüber dem SÜDKURIER: "Der Tatverdacht gegen den im Landkreis Tübingen festgenommenen Mann hat sich erhärtet." Rund um die Uhr arbeitet die Polizei derzeit an der Aufklärung des brisanten Falles, weit über 1000 Hinweise der Bevölkerung wurde bisher bearbeitet. Mehrere solcher Hinweise führten zu dem 53-jährigen Mann aus Ofterdingen in der Nähe Tübingens. Ein Helikopter und zahlreiche Beamte waren im Einsatz, um den Mann festzunehmen. Nach SÜDKURIER-Informationen wurde er bereits seit Donnerstag observiert. Ob er bereits weitere vergiftete Lebensmittel in Supermärkten deponiert hat, ist nicht bekannt. "Wir können keine komplette Entwarnung geben", so Markus Sauter. "Es liegen zwar keine gesicherten Erkenntnisse vor, aber wir möchten die Bevölkerung weiterhin um Wachsamkeit bitten." Es können derzeit nichts ausgeschlossen werden. 

Die Polizei Konstanz hat für 15 Uhr eine Pressekonferenz anberaumt. Wir halten Sie auf dem Laufenden.
 

Festnahme nach konkreten Hinweisen

Der 53-jährige Mann aus der Gemeinde Ofterdingen im Landkreis Tübingen wurde anhand von konkreten Hinweisen aus der Bevölkerung überprüft und von Spezialkräften der Polizei des Landes festgenommen, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft mit.  

Der Mann aus Ofterdingen wird seit Freitagnachmittag verhört. Nach SÜDKURIER-Informationen sollen erste Hinweise zu dem 53-jährigen Mann aus der Bevölkerung bereits am Donnerstag eingegangen sein. Die Ähnlichkeit mit dem gesuchten Erpresser soll frappierend sein, zudem soll es weitere Indizien geben. Laut Informationen des SÜDKURIER soll der der Mann bereits in der Vergangenheit kein unbeschriebenes Blatt gewesen sein. Offenbar wollte er sich absetzen.

Die Polizei hält den festgenommenen Mann für dringend tatverdächtig. 


Alle bisherigen Informationen zu dem Erpresser-Fall, Interviews und ein Video der Pressekonferenz der Polizei finden Sie hier.

 

Das Wichtigste in Kürze: Der Erpresser-Fall
  • Ein Erpresser forderte von deutschen Supermärkten und Drogeriemärkten einen Millionenbetrag.
  • Der Unbekannte drohte damit, Lebensmittel zu vergiften.
  • In mehreren Supermärkten in Friedrichshafen wurden bereits Mitte September vergiftete Gläschen mit Babynahrung gefunden. Diese sind nicht in den Handel gelangt. Die Polizei hat die Gläschen nach einem Hinweis des Täters sichergestellt.
  • Verbraucher sollen Ware auf mögliche Manipulationen prüfen. Gläser beispielsweise haben üblicherweise eine Wölbung nach innen, beim Öffnen hört man ein Knacken.
  • Die Polizei fahndete mit 220 Ermittlern nach dem Mann.