Viktor, Irina und Philip Krieger sind aus dem rheinländischen Bergneustadt nach Tannheim gekommen. An einem Samstag im Juli 2018 begann für sie ein schwerer Weg. Seither müssen sie sich einen neuen Alltag aufbauen, ein neues Familienleben. Denn so wie vorher, wird es nie mehr sein. „Vorher“ bedeutet, bevor ihr Sohn und Bruder Maximilian mit fünf Jahren gestorben ist.
Wie eine Welt zusammenbricht
Knapp zwei Jahre zuvor wurde bei Maximilian ein Nierentumor festgestellt. Ein Zufallsbefund, als er wegen eines vermeintlichen Infekts beim Kinderarzt war. Irina Krieger erinnert sich noch genau an den Termin: Wie sie beim Ultraschall die Flecken auf der rechten Niere gesehen hat, wie der Arzt plötzlich ganz ruhig wurde und dann, ohne aufzusehen, sagte „das ist ein Tumor“. Unwirklich sei das gewesen, wie ein Film, „da bricht alles zusammen“.
Doch nach dem ersten Schock schien alles glimpflich zu verlaufen. Der Wilms-Tumor, an dem Maximilian litt, gilt als gut behandelbar. Bei Kindern geht man von einer neunzigprozentigen Heilungschance aus. Maximilians Prognose war sehr günstig, nachdem die betroffene Niere mit dem Tumor erfolgreich entfernt worden war. Entsprechend sind während der anschließenden Chemotherapie alle Beteiligten davon ausgegangen sind, dass er wieder gesund wird.
Metastasen statt Genesung
Und dennoch kam es anders. Nachdem Metastasen in Lunge und Lymphknoten entdeckt worden waren, folgte eine schlimme Zeit für die Familie. Maximilian wurde erneut operiert, es folgten Chemotherapien und Bestrahlungen. Doch der Krebs ist während und trotz der Behandlung weitergewachsen. Im März 2018 mussten die Ärzte mit den Eltern besprechen, was keiner aussprechen wollte: „Maximilian hat alles bekommen, wir können nichts mehr machen“. Das war sechs Tage vor seinem fünften Geburtstag.
Es hätte wohl nicht zu Familie Krieger gepasst, sich daraufhin zu verkriechen. Sie nehmen all ihren Mut und ihre Energie zusammen, wollen noch eine schöne Zeit verbringen. Maximilians fünfter Geburtstag wird riesig gefeiert: Eine Piratenparty für den Piratenfan. Soweit er kann, geht er wieder in den Kindergarten. Zwei Tage sind sie zusammen im Legoland. Aber auch ein Kinderhospiz haben sie in der Zeit ausgesucht, in dem sie die letzten Tage mit ihrem Kind verbringen wollen.
Ende Juni geht es Maximilian schlechter, die Familie zieht ins Hospiz. Als er stirbt, sind die Eltern und seine Patentante bei ihm. Mit diesem Tag beginnt für die Familie das Leben ohne Maximilian. Gemeinsam pflegen sie Erinnerungen, versuchen ihrer Trauer Raum und Rituale zu geben. Zum sechsten Geburtstag von Maximilian ist die Familie zusammengekommen. An seinem Grab haben sie sechs Luftballons steigen lassen. Das wollen sie nun jedes Jahr machen.
Kampf mit der Kasse wegen Reha
Für die Reha mussten Irina und Viktor Krieger bei ihrer Krankenkasse erst kämpfen. Aber es hat sich gelohnt, meinen sie. Er sagt „wir brauchen jetzt einfach Unterstützung, es war so eine harte Zeit“. Der vierjährige Philip habe sich zu Hause im Kindergarten sehr schwergetan, er spielte kaum noch mit anderen Kindern. Es sei daher schön zu sehen, wie begeistert er in Tannheim in seine Kindergruppe geht, auch mal wieder Spaß hat oder wie gut ihm die Reittherapie tut. Die Eltern finden besonders in den psychologischen Gesprächen Hilfe und auch in den Gruppengesprächen mit anderen verwaisten Eltern.
Obwohl sie die Trauer ein Leben lang begleiten wird, gehen sie doch mit einem positiven Gefühl zurück nach Hause, sagen sie. Und dies sei auch ihr wichtigstes Vorhaben, denn „Maximilian hat alles so gutgelaunt betrachtet. Wir haben von ihm gelernt und wollen weiter positiv durch das Leben gehen“, erklärt Irina Krieger. Und Viktor Krieger ergänzt „Es wird schwer ohne ihn, aber wir müssen es versuchen.“