Frau Fotin-Mleczek, Sie forschen bei dem Unternehmen CureVac in Tübingen nach einem Impfstoff für das Coronavirus. Wie kam es dazu?

Wir arbeiten bereits seit vielen Jahren an der Entwicklung von Impfstoffen gegen unterschiedlichste Infektionskrankheiten. Deswegen waren wir uns sehr schnell einig, dass wir auch beim Coronavirus nicht untätig bleiben dürfen. Wir hatten schon eine Kooperation mit der internationalen Impfstoffinitiative CEPI. Die wurde nun erweitert. CEPI stellt nun auch Geld zur Forschung am Coronavirus zur Verfügung.

Mariola Fotin-Mleczek ist Technologievorstand von CureVac und steht dem SÜDKURIER Rede und Antwort.
Mariola Fotin-Mleczek ist Technologievorstand von CureVac und steht dem SÜDKURIER Rede und Antwort. | Bild: CureVac

Haben Sie den Erreger in Ihrem Labor?

Nein. Den brauchen wir auch gar nicht. Denn in wissenschaftlichen Zeitschriften wurden die Informationen, die wir zur Impfstoffentwicklung benötigen, vor kurzer Zeit veröffentlicht.

Wann war das?

Ende Januar.

Was weiß man über das Coronavirus heute?

Wir wissen, dass das Coronavirus aus Wuhan gewisse Ähnlichkeiten mit dem SARS und MERS-Virus hat, die zu der gleichen Virusfamilie gehören. Das Genom des Wuhan-Virus wurde vor kurzem entziffert und publiziert. Somit verfügen wir über die Informationen, die wir für die Impfstoffentwicklung brauchen.

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Wie forschen Sie am Impfstoff gegen Coronavirus ganz konkret?

Darüber kann man viel schreiben. Ich versuche, es kurz zusammenzufassen. Es gibt ein bestimmtes Protein, das auf der Außenhaut des Coronavirus sitzt. Es ist sozusagen der Schlüssel, das von dem Virus benutzt wird, um in unsere Zellen einzudringen. Diesen Weg wollen wir durch unseren Impfstoff verhindern.

Zwei Forscher untersuchen Viren, Antikörper, Proteine in der Forschungseinrichtung.
Zwei Forscher untersuchen Viren, Antikörper, Proteine in der Forschungseinrichtung. | Bild: CureVac

Wie funktioniert das?

Wir liefern unseren Zellen einen Botenstoff, sogenannte mRNA mit der Information darüber, wie das Protein gebaut werden soll. Das fertiggestellte Protein wird von den Immunzellen als fremd erkannt. Daraufhin werden Antikörper gebildet, die das Virus an der Oberfläche binden und somit das Eindringen in die humanen Zellen verhindern.

Und dieses Protein ist schon entschlüsselt?

Ja, wir wissen, wie dieses Protein aufgebaut ist. Es zeigt zudem gewisse Ähnlichkeiten mit einem anderen Protein aus der Familie des MERS-Virus, das wir bereits in der Vergangenheit als Impfstoff erfolgreich in Tieren getestet haben.

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Wie schwierig ist es, einen Impfstoff gegen das Coronavirus herzustellen im Vergleich zu anderen Viren?

Wir glauben, dass es nicht so kompliziert wird. Ein großer Vorteil ist, dass das Wuhan-Coronavirus bisher sehr wenig Mutationen aufweist.

Warum ist das wichtig?

Viele Viren passen sich an, um unser Immunsystem auszutricksen. Bis jetzt zeigt sich, dass sich das Wuhan-Coronavirus nur langsam verändert – zum Glück.

Die DNA-Analyse ist für die Auswertung der möglichen Impfstoffe entscheidend.
Die DNA-Analyse ist für die Auswertung der möglichen Impfstoffe entscheidend. | Bild: CureVac

Wie lang wird es voraussichtlich dauern, bis es einen Impfstoff gibt?

Wir sind zuversichtlich, dass wir innerhalb von wenigen Monaten einen Impfstoffkandidaten entwickeln können. Anschließend folgen die klinischen Tests am Menschen und der Zulassungsprozess. Derzeit tauschen wir uns mit den zuständigen Behörden aus, um abzuklären, welche Daten wir liefern müssen, um klinische Studien an Menschen beginnen und gegebenenfalls beschleunigen zu können.

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Wie viele Mitarbeiter sind an der Forschung des Coronavirus bei CureVac beteiligt?

Es sind einige Dutzend Kollegen aus verschiedenen Abteilungen, die an der Entwicklung beteiligt sind. Als wir von CEPI den Startschuss für das Projekt erhalten haben, war das für uns ein großer Schub nach vorne. Wir blicken optimistisch in die Zukunft und wollen dazu beitragen, das Leben von Menschen zu schützen.