Zunächst eine Übersicht zu den Wahlsiegern in den Gemeinderäten der Region. Die Farben geben an, welche Partei bzw. Gruppierung die meisten Mandate in einem Gemeinderat erreicht hat:
Bild 1: Wo die Parteien ihre Hochburgen haben: Fünf Erkenntnisse zur Kommunalwahl in der Region
Bild: Kerstan, Stefanie

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Kleine Gemeinden wählen anders als große.

Keine Experimente! So lässt sich das Ergebnis eines Vergleichs zwischen großen und kleineren Gemeinden zusammenfassen. Je kleiner die Gemeinde, umso mehr ist für die etablierte Parteienlandschaft die Welt noch in Ordnung. In Vorkertshausen zum Beispiel. Die 3000-Einwohner-Kommune im Kreis Konstanz wählte am Sonntag Kontinuität. CDU und Freie Wähler behaupten demnach ihre Dominanz am Ratstisch, die SPD kann sogar noch leicht zulegen. Ein anderes Beispiel ist die Gemeinde Lauchringen am Hochrhein (7600 Einwohner).

Hier herrscht auch nach der Kommunalwahl noch das klassische Parteiengefüge aus CDU und Freien Wählern sowie der SPD. Nach Auszählung der Stimmen mussten die Sozialdemokraten einen Sitz an die Freien Wähler abgeben. Ansonsten gab es nur ein paar neue Gesichter am Ratstisch. Verglichen mit der Wahl in Konstanz war es also nur ein laues Lüftchen, das der Wähler in der Hochrhein-Gemeinde entfachte. In der 84 000 Einwohner zählenden Stadt am Bodensee holte die Freie Grüne Liste 31,8 Prozent und damit über 8 Prozent mehr als bei der Wahl 2014. Damit geben die Grünen am 40-köpfigen bunt verteilten Ratstisch der Universitätsstadt den Ton an.

Bild 2: Wo die Parteien ihre Hochburgen haben: Fünf Erkenntnisse zur Kommunalwahl in der Region
Bild: Kerstan, Stefanie

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Grün wird gewählt, wo man den Bodensee sieht.

Je näher man dem See kommt, umso stärker gewinnen die Grünen dazu. Das lässt sich mit Einschränkung sagen, wenn man auch einen Teil des Hochrheins noch dazunimmt. In dem knapp 23 000 Einwohner zählenden Überlingen am See beispielsweise stellt die grüne Liste für Bürgerbeteiligung und Umweltschutz (LBU) mit acht Sitzen die stärkste Ratsfraktion, wobei auch eine neue Liste Überlinger Bürger (BÜB+) die Ratssessel erstürmen konnte. Letztere gingen aus einer Protest-Bewegung gegen das Fällen von Platanen im Vorfeld der Landesgartenschau hervor.

Einige Kilometer nördlich von Überlingen, in den Linzgau-Gemeinden Owingen und Frickingen, haben die Bürgerliche Wählergemeinschaft und die Freien Wähler ihren Vorsprung gegenüber der CDU ausgebaut. Grob gesagt: Während bei den Wählern in der Stadt am See verstärkt globale Gesichtspunkte eine Rolle spielen, geht es im ländlichen Raum eher um kommunalpolitische Themen. Aber keine Regel ohne Ausnahme: Am höchsten schlossen die Grünen am Hochrhein in Klettgau (32,9 Prozent) und in Dettighofen (31,9) ab, zwei Gemeinden, in denen es auch um so konkrete Umweltfragen wie den Fluglärm und ein Atomendlager auf Schweizer Seite geht.

Bild 3: Wo die Parteien ihre Hochburgen haben: Fünf Erkenntnisse zur Kommunalwahl in der Region
Bild: Tesche, Sabine

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Die AfD wird in der Region nur in Kreistagen sichtbar.

Ein im Vorfeld der Kommunalwahlen befürchteter Rechtsruck durch die Alternative für Deutschland (AfD) ist ausgeblieben. Lediglich in einzelnen Gemeinden, darunter in Villingen-Schwenningen (3 Sitze), Laufenburg und Murg (jeweils 1) und Rielasingen-Worblingen (1) zogen AfD-Kandidaten ein. Dafür konnte die populistische Partei Mandate in allen Landkreisen erringen, so auch in den Kreistagen Konstanz (2), Bodenseekreis (3) und Waldshut (2), Schwarzwald-Baar (3) und Sigmaringen (2).

Im Vorfeld hatte die AfD in den Gemeinden kaum Kandidaten aufgestellt. Warum aber war sie stellenweise erfolgreich? Protestwähler, die den etablierten Parteien aus vielerlei Gründen einen Denkzettel verpassen wollen, sahen hierfür in der AfD eine Möglichkeit. Über 8800 Stimmen gingen dabei aus Singen auf das Konto der AfD-Kandidaten für den Konstanzer Kreistag. Weitere 2400 Stimmen kamen aus Rielasingen-Worblingen, dem Wohnsitz des selbst in der AfD umstrittenen Landespolitikers Wolfgang Gedeon.

Bild 4: Wo die Parteien ihre Hochburgen haben: Fünf Erkenntnisse zur Kommunalwahl in der Region
Bild: Kerstan, Stefanie

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Wo die CDU weiterhin Hochburgen hat.

Die CDU ist weiterhin stark. Sie hat zwar Federn gelassen, teilweise auch erheblich; doch nach wie vor stärkste Partei ist sie in zahlreichen Kommunen. Die meisten Prozente gab es für die CDU in Immendingen (69 Prozent), Vöhrenbach (63,8), Mühlingen (63,3), Küssaberg (58,3) und Unterkirnach (56,3). Unter dem Motto „CDU verliert, bleibt aber vorn“ kann sich die Union auch in größeren Städten wie Villingen-Schwenningen und Donaueschingen, Pfullendorf, Radolfzell oder Rheinfelden am Hochrhein behaupten.

Die Union profitiert hier von ihrer traditionell konservativen Wählerschaft, die es in der Vergangenheit gewohnt war, dass ihre Bundestagsabgeordneten in Regierungen in Stuttgart und Berlin eingebunden waren. Dass die Gemeinderatswahl auch zu einem guten Teil eine Persönlichkeitswahl ist, bei der die Bekanntheit der Kandidaten vor Ort auch über die Anzahl ihrer Stimmen entscheidet, lässt sich an dem Ergebnis der Gemeinde Steißlingen (Kreis Konstanz) gut ablesen. Die CDU konnte hier ihre Stimmenzahl sogar noch um ein Mandat auf sechs erweitern, unter anderem dank ihrem Stimmenkönig Hugo Maier (CDU).

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Die SPD verliert auch in den traditionellen Industriestädten.

Das waren noch Zeiten, als sich die Sozialdemokraten ihrer Stammwählerschaft weitgehend sicher waren. In Lörrach beispielsweise, wo auch die Schweizer Industrie deutsche Arbeitskräfte anwirbt, holte die SPD bei der Kommunalwahl 1994 noch 34,8 Prozent und lag damit nur knapp hinter der CDU (36). Ein Traumergebnis aus heutiger Sicht. Denn 25 Jahre später liegt die SPD nur noch bei 18,2 Prozent, hat ihren Stimmenanteil also fast halbiert. Nicht viel anders erging es den Genossen im Lauf der Jahre in anderen Kommunen wie Villingen-Schwenningen, wo es von 27,1 Prozent 1994 auf inzwischen nur noch 14,1 Prozent runter ging.

Das Phänomen der Wähler-Erosion ist für die Sozialdemokraten land auf land ab zu beobachten. Ein Grund mag in der Bundespolitik liegen, die die Genossen seit den Hartz-Gesetzen einem kräftigen Gegenwind ausgesetzt hat. Wähler verlor die SPD auch an die Grünen, die in der Umweltpolitik in den Umfragen führend sind. So haben die SPD-Wähler ein stückweit in anderen Parteien ihre neue Heimat gefunden. Ein Beispiel ist Friedrichshafen am Bodensee: 1994 kamen die Grünen als junge Partei noch auf knapp über 10 Prozent, während die SPD bei 25,6 Prozent lag. Am Sonntag stürzten die Sozialdemokraten von 20,4 auf 14,2 Prozent ab, während die Grünen genau umgekehrt von 14,8 auf 20,4 Prozent den Fahrstuhl nach oben nahmen.

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