Als Elke Zeybek am Vormittag des 9. Februar in Konstanz über die Marktstätte läuft, ahnt sie nicht, dass sie gleich einen Verbrecher in die Flucht schlagen wird. Ein älterer Mann kommt ihr entgegen, er telefoniert und spricht so laut, dass sie es nicht überhören kann. „Das ist doch so viel Geld“, sagt der Senior. „Ich kenne die Person doch gar nicht.“ Zeybek wird stutzig. Dieser Dialog, diese Sätze – das klingt nach einer Masche, von der man sonst in der Zeitung liest. Plötzlich ist Zeybek mittendrin; sie beschließt, dem Senior zu folgen.
Ein gepflegter, junger Mann steuert auf den Senior zu. Er trägt eine dicke Kette, einen langen, auffälligen Mantel, dunkler Teint. Er sieht nicht aus wie ein „Herr Weiß“, der „Mitarbeiter der Gerichtskasse“, den der ältere Mann erwartet hatte. Der Senior hält einen Briefumschlag in den Händen, den er dem vermeintlichen Herrn Weiß übergab.
Als der Senior den Unbekannten nach einem Ausweise fragt, antwortet dieser: den habe er im Gericht vergessen – und Zeybek schreitet ein. Die Frau klärt den Senior auf, dass ein Betrüger vor ihm stehe. Herrn Weiß weist sie an, sofort das Geld zurückzugeben, sonst rufe sie die Polizei. Und der tut wie ihm geheißen – und rennt los.
Wie sich herausstellte, hatte der 82-Jährige knapp zwei Stunden vor der geplanten Geldübergabe einen Anruf von einer vermeintlichen Staatsanwältin erhalten. In diesem Telefonat erklärte sie ihm eindringlich, dass ein enger Freund des Angerufenen einen tödlichen Verkehrsunfall verursacht habe. Um eine drohende Haftstrafe abzuwenden, sei nun eine Kaution in Höhe von 30.000 Euro erforderlich.
„Kriminalistischer Spürsinn“ ausgezeichnet
Nach der verhinderten Geldübergabe begleitet Elke Zeybek den Mann zu seiner Bank um die Ecke, damit er die Summe wieder einzahlt. Der Senior geht hinein, Zeybek in ein nahes Klamottengeschäft. Von dort aus erkennt sie: Der 82-Jährige telefoniert wieder; die vermeintliche Staatsanwältin rief wieder an. Wieder macht sich der Mann mit dem Kuvert nach draußen.
Zeybek und ihr Mann schreiten wieder ein, gehen direkt zur Bankmitarbeiterin und fordern sie auf, sofort die Polizei anzurufen. Diese kann den Senior endgültig überzeugen, dass es keinen tödlichen Unfall gab und er keine Kaution für irgendwen zahlen müsse.

Für ihren „kriminalistischen Spürsinn“ wurde Zeybek nun im Landratsamt Konstanz von Polizeipräsident Hubert Wörner und dem Ersten Landesbeamten Philipp Gärtner ausgezeichnet. Es war ein Abend, der vor allem eines zeigen sollte: Courage lohnt sich. 13 Fälle stellten Wörner und Gärtner vor. Es sind Geschichten, die Mut machen, weil Menschen hier nicht tatenlos zugesehen haben, sondern den ersten Schritt gemacht haben, wie Wörner sagte.
Wenn der Betrüger mithört
Vor allem ein Phänomen überschattet den Abend: Schockanrufe. Neben Zeybek werden an diesem Abend noch drei weitere Frauen ausgezeichnet, weil sie ältere Menschen davon abhielten, ihre gesamten Ersparnisse aus der Hand zu geben. Bettina Reuthebuch rief lieber die Tochter einer 92-jährigen Frau an, als ihr 30.000 Euro in bar auszuzahlen. Die Tochter holte ihre Mutter von der Bank ab.

Die Opfer dieser Betrugsform werden in lange, intensive Gespräche verwickelt. Die Angerufenen sind oft so überzeugt von der dramatischen Geschichte, dass sie oft schwer vom Gegenteil zu überzeugen sind.
Als eine 77-Jährige mit ihrem 82-jährigen Mann die Bank in Engen betrat, in der von Bärbel Martin arbeitet, forderten sie 30.000 Euro von ihrem Konto ein. Auch ihre Tochter habe einen tödlichen Verkehrsunfall verursacht. Um das Gefängnis abzuwenden, brauche man nun das Geld für die Kaution. Am Amtsgericht Singen warte man schon. Die Angestellte verweigerte die Ausgabe, und rief die Polizei.

Das Rentnerehepaar war allerdings sauer. Selbst als die Polizei in der Bank eintraf, blieben die Senioren überzeugt, dass alles mit dem vermeintlichen Verkehrsunfall zusammenhing, und zeigten sich empört bis ungehalten. Im Gespräch mit den Polizisten stellte sich heraus: Der 82-Jährige hatte ein Handy in der Innentasche seiner Jacke, die Täterin hörte die ganze Zeit mit.
Wer handelt, rettet Leben
Hinschauen, Handeln – und ein Leben retten. Matin Afshari, Mathias Rudolf und Erich Grögor sahen am 30. Juni sahen, wie ein 75-jähriger Fahrradfahrer in der Konstanzer Fürstenbergstraße stürzte. Dabei zog er sich eine stark blutende Kopfplatzwunde zu, verlor das Bewusstsein.

Die Männer begannen sofort mit Mund-zu-Mund-Beatmung und Herzdruckmassage. Und gaben nicht auf, nach 15 Minuten kam der Notarzt. Nach Angaben der Polizei erhielt der Verletzte inzwischen einen Herzschrittmacher und ist wieder wohlauf. Der Notarzt betonte: Ein positiver Ausgang bei Reanimationsmaßnahmen ist äußerst selten.
Er ging in den Wald, um zu sterben
Hinschauen, Handeln, Beistehen – das hat auch einem Mann am 9. Mai in einem Waldstück an der Konstanzer Schwaketenstraße das Leben gerettet. Daniel Huber war noch bei Freunden gewesen, als er sich um 3 Uhr morgens mit dem Fahrrad auf nach Hause machte. Er fuhr durch ein dunkles Waldstück. Dann sah er plötzlich im Gestrüpp die Umrisse einer Person am Boden. Huber stoppte.

Der junge Mann, den Daniel Huber fand, war erst 23 Jahre alt. Er erzählte, dass er viele Medikamente eingenommen habe. Er hatte mit seinem Leben schon abgeschlossen. Huber zögerte nicht: Er rief sofort den Rettungsdienst und blieb bei dem Mann, sprach beruhigend auf ihn ein: Er ist nicht allein.
Die psychische Belastung des Mannes war immens. Spätere Ermittlungen ergaben, dass der 23-Jährige wenige Wochen zuvor Opfer eines Raubüberfalls in Konstanz geworden war. Die Tat hatte ihn schwer traumatisiert und in eine tiefe Krise gestürzt. Huber verhinderte eine noch größere Tragödie.
Auch diese Menschen sind für ihren Einsatz gewürdigt worden:

Fahruntüchtige Frau gestoppt:

Herrenloses Segelboot im Sturm:

Pfanddiebe überführt:

Verunfallter Traktorfahrer:

Unfallflüchtigen ermittelt:

Einbrecher verfolgt, Beute gerettet:
