Lasse ich die wichtigen Filme aus meiner Zeit als Teenie und junge Erwachsene Revue passieren, hatten die Helden meistens eines gemeinsam: Sie waren Männer. All die spannenden, tiefgründigen, starken Hauptcharaktere in den Kassenschlagern und Kultfilmen, ob Brad Pitt und Edward Norton in „Fight Club“, Jake Gyllenhaal in „Donnie Darko“, John Travolta in „Pulp Fiction“ oder Morgan Freeman, Timm Robbins und alle anderen in „Die Verurteilten“: Männer. James Bond natürlich ein Mann, klar, auch Chucky die Killerpuppe ist männlich, genau wie E.T., die Turtels und Winnie Puh.

Keine Tyla Durden, nur die Freundin von Tyler

Ich genieße gute Filme und habe viele Stunden mit diesen Charakteren mit gefiebert. Ich wollte Tyler Durden sein, so tief und geheimnisvoll wie Donnie Darko und eine lebenslangen Freundschaft haben, wie sie in „Die Verurteilten“ porträtiert wird. Träume, die nie lange währten, denn ich bin ja eine Frau. Und das Höchste, was Frauen in diesen Geschichten zustand, war, dass sich der Hauptcharakter in sie verliebte. Keine Tyla Durden, nur die Freundin von Tyler durften wir sein.

Brad Pitt als Tyler Durden in einer Szene in „Fight Club“.
Brad Pitt als Tyler Durden in einer Szene in „Fight Club“. | Bild: dpa

Die Vorbilder für Mädchen und junge Frauen, deren Leben sich nicht um Männer (Arielle, „Die Schöne und das Biest“, alle Julia-Roberts-Filme der Neunziger- und Nullerjahre) oder gutes Aussehen (für Männer) drehte, musste man suchen.

Verschiedene Auswertungen, zum Beispiel der Kinderhilfsorganisation Plan International oder auch der Uni Rostock, kamen in den vergangenen Jahren zu dem Ergebnis, dass sich seit meiner Jugend nicht all zu viel getan hat. Auf der Leinwand und im Fernsehen sind zu zwei Dritteln Männer zu sehen. Das eine Drittel Frauen taucht dann auch noch doppelt so häufig in Sexszenen auf wie die männlichen Kollegen. Frauen übernehmen seltener handlungstreibende Rollen. Sie reden weniger und werden seltener in Machtpositionen dargestellt.

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Die gute Nachricht ist, dass langsam ein Umdenken stattfindet. Das ZDF fördert explizit Regisseurinnen. Streaming-Portale wie Netflix und Amazon engagieren signifikant mehr Regisseurinnen und besetzen die Hauptcharaktere in Serien und Filmen öfters weiblich und diverser als Hollywood.

Auf Tyla Durden werden wir wohl noch eine Weile warten müssen, immerhin hat Donnie Darkos Schwester, Samantha Darko, ein (leider schlechtes) Sequel bekommen. Und damit Sie nicht suchen müssen, haben wir hier für Sie zehn großartige Filme mit weiblichen Hauptcharakteren. Sie sind nicht immer „stark“, aber spannend und tiefgründig.

1. „Little Women„ (2019): Beginnen wir passenderweise mit einem Film, in dem die Träume von vier Schwestern auf ihre gesellschaftliche Realität – die Zeit nach dem amerikanischen Bürgerkrieg – treffen. Die vier Schwestern Jo, Meg, Amy und Betty March wollen ein Leben voller Abenteuer, als Schriftstellerin, Schauspielerin, Künstlerin – nicht als Hausfrauen. Wären da nicht die Rollenbilder ihrer Zeit. Die Coming-of-Age-Geschichte über weibliche Selbstverwirklichung ist ein Klassiker, der oft verfilmt wurde. Die aktuellste Version von Greta Gerwig wurde 2020 für sechs Oscars nominiert. „Little Women“ ist im Netflix-Abo enthalten, auf allen anderen großen Streaming-Plattformen gibt es ihn zu kaufen.

Emma Watson, Florence Pugh, Saoirse Ronan und Eliza Scanlen als die March-Schwestern in „Little Women“.
Emma Watson, Florence Pugh, Saoirse Ronan und Eliza Scanlen als die March-Schwestern in „Little Women“. | Bild: Wilson Webb/dpa

2. „Grüne Tomaten“ (1991): In dieser Tragikomödie über Freundschaft und Zusammenhalt unter Frauen glänzt Kathy Bates in der Rolle von Evelyn Couch, einer verheirateten, unglücklichen Frau in den mittleren Jahren, die nach Orientierung sucht. Sie lernt die alte Ninny (Jessica Tandy) in einem Krankenhaus kennen und langsam entwickelt sich eine Freundschaft. Ninny erzählt ihr die Geschichte zweier Freundinnen, die vor langer Zeit gemeinsam das „Whistle Stop Café“ führten, Idgie (Mary Stuart Masterson) und Ruth (Mary-Louise Parker). Evelyn beginnt, in Idgie und Ruth Vorbilder zu sehen. Die Freundschaft der beiden wird bald auf eine Probe gestellt. „Grüne Tomaten“ ist im Amazon-Prime-Abo enthalten, auf allen anderen Streaming-Seiten gibt es ihn kostenpflichtig zum Leihen oder Kaufen. Achtung, Taschentücher bereit halten!

Das Whistle Stop Café aus dem Film „Grüne Tomaten“.
Das Whistle Stop Café aus dem Film „Grüne Tomaten“. | Bild: Heike Schmidt Windhoff/dpa

3. „Arrival“ (2016): In diesem Sci-Fi-Film spielt Amy Adams die Linguistikexpertin Dr. Louise Banks, die vom US-Militär rekrutiert wurde, um herauszufinden, was die Aliens wollen, die plötzlich auf der Erde gelandet sind – und um einen Krieg zu verhindern. „Ich liebe diesen Charakter, weil sie die Welt retten will, gänzlich bekleidet und ohne Make-up“, sagte Adams in einem Interview. „Arrival“ gibt es unter anderem auf Sky, Amazon und I-Tunes zum Leihen und Kaufen, kostenlos ist der Film im Joyn-Abo.

Louise Banks (Amy Adams) nimmt in „Arrival“ ersten Kontakt zur Besatzung des Raumschiffs auf.
Louise Banks (Amy Adams) nimmt in „Arrival“ ersten Kontakt zur Besatzung des Raumschiffs auf. | Bild: Sony Pictures/dpa

4. „Erin Brockovich„ (2000): Nein, nicht mit ihren zahlreichen „Frau auf der Suche nach Liebe“-Rollen hat Julia Roberts ihren ersten Oscar gewonnen, sondern mit „Erin Brockovich“. Der Justizthriller basiert auf der wahren Geschichte von Erin Brockovich. Sie wird zu Beginn als echte Anti-Heldin dargestellt, Schulabbrecherin, arbeitslos, zweimal geschieden, die alle mit ihrer großen Klappe nervt. Widerwillig gibt ihr ein Anwalt einen Job als Bürokraft. Dabei stößt sie auf eine Akte, die ihr seltsam erscheint. Sie lässt nicht locker und bringt so den Stein für den größten Schadenersatzprozess aller Zeiten ins Rollen. Wer Julia Roberts in „Erin Brockovich“ sehen will, kann dies im Abo auf RTL+ und Sky, zum Leihen und Kaufen unter anderem auf Google Play und ITunes.

Julia Roberts in der Rolle der Erin Brockovich im gleichnamigen Kinofilm.
Julia Roberts in der Rolle der Erin Brockovich im gleichnamigen Kinofilm. | Bild: dpa

5. „Lara“ (2019): Na, wie viele Kinofilme kennen Sie, in denen Frauen jenseits der 40 tragende Rollen spielen? Das Mutter-Sohn-Drama „Lara“ mit Corinna Harfouch zeigt: Eine interessante Frauenrolle muss weder jung, noch sexualisiert, noch besonders klug oder mit Superkräften ausgestattet sein, um sympathisch zu sein. Nein, sie muss nicht einmal sympathisch sein. In „Lara“ geht es um eine Frau, die ihre eigenen Träume vom Klavierspielen begraben hat und sie auf ihren Sohn Viktor projizierte, den sie mit Härte und Strenge unterrichtete. Am Tag, an dem er seine erste eigene Komposition vorspielen soll, wird sie 60. Weil sie ihn seit Wochen nicht erreicht, kauft sie dutzende Karten auf und verteilt sie an alle möglichen Menschen, die mehr als überrascht von Laras plötzlicher Freundlichkeit sind. „Lara“ kann man leihen und kaufen auf unter anderem Sky, Magenta TV und Amazon Prime.

Corinna Harfouch als Lara.
Corinna Harfouch als Lara. | Bild: picture alliance/dpa/StudioCanal

6. „Brautalarm“ (2011): Nein, die Komödie „Brautalarm“ ist sicher kein Bollwerk des Feminismus. Es geht um eine mit ihrem Leben etwas überforderte Brautjungfer, die plötzlich die Hochzeit ihrer besten Freundin organisieren soll. Doch zwischen viel Pink und wenig Klischees ist „Brautalarm“ vor allem dank Hauptdarstellerin und Drehbuchautorin Kristen Wiig einfach verdammt lustig. Und das Beste: Es ist ein Hochzeitsfilm, in dem es ausnahmsweise mal nicht um Männer und Liebe geht. Sondern um Frauenfreundschaften. „Brautalarm“ kann man im Abo auf RTL+ und Sky streamen und bei unter anderem Magenta TV und Amazon Prime leihen oder kaufen.

Kristen Wiig (rechts) und Annie Mumulo bei den Oscars 2012. Sie haben zusammen das Drehbuch für „Brautalarm“ geschrieben.
Kristen Wiig (rechts) und Annie Mumulo bei den Oscars 2012. Sie haben zusammen das Drehbuch für „Brautalarm“ geschrieben. | Bild: picture alliance/dpa/Mike Nelson

7. „Hidden FiguresUnerkannte Heldinnen“ (2016): Dieser Film nach einer wahren Begebenheit ist auf so vielen Ebenen wichtig. Es geht um die drei Mathematikerinnen Katherine Goble, Dorothy Vaughan und Mary Jackson, die in den 60er-Jahren bei der NASA arbeiteten und ohne die die erste erfolgreiche Weltraummission nicht möglich gewesen wäre. Sie müssen sich nicht nur als Frauen in der Männerdomäne NASA behaupten, sondern auch als schwarze Frauen. In einem Amerika, in dem Schwarze nicht mit Weißen in einem Raum arbeiten durften. Die drei erkämpfen sich selbstbewusst ihren Platz – zu Hause werden sie von Kindern und Ehemännern unterstützt. Etwas, wovon viele Frauen heute nur träumen können. „Hidden Figures“ zeigt Frauen, die echte Vorbilder sind. Gestreamt werden kann der Film kostenlos im Disney+-Abo, zum Leihen und Kaufen gibt es ihn unter anderem auf I-Tunes, Google Play, Amazon und Magenta TV.

Taraji P. Henson als Katherine in „Hidden Figures – Unerkannte Heldinnen“.
Taraji P. Henson als Katherine in „Hidden Figures – Unerkannte Heldinnen“. | Bild: Twentieth Century Fox/dpa

8. „Porträt einer jungen Frau in Flammen“ (2019): Eine verbotene Liebe im 18. Jahrhundert zwischen zwei Frauen: Die Malerin Marianne ist beauftragt, die adelige Héloïse, die bald gegen ihren Willen verheiratet werden soll, heimlich zu malen. Während Spaziergängen an der Küste nähern sich die beiden Frauen immer mehr an. Dieser Film wurde dafür gefeiert, dass er eine lesbische Beziehung nicht durch den männlichen Blick, den wir Kinogänger so gewohnt sind, zeigt. Regisseurin Celine Sciamma erhielt den Preis für das Beste Drehbuch in Cannes. Lehnen Sie sich zurück und genießen Sie dieses langsam und in faszinierenden Bildern erzählte Meisterinnenwerk. Als Stream zum Leihen oder Kaufen ist „Porträt einer jungen Frau in Flammen“ auf unter anderem Rakuten TV, Amazon und Sky zu haben.

Die Regisseurin Celine Sciamma mit dem Preis für das beste Drehbuch für den Film „Portrait of a Lady on Fire“ in Cannes.
Die Regisseurin Celine Sciamma mit dem Preis für das beste Drehbuch für den Film „Portrait of a Lady on Fire“ in Cannes. | Bild: picture alliance/dpa/Invision/Vianney Le Caer

9. „Fargo – Blutiger Schnee“ (1996) und 10. „Nomadland„ (2020): Last but not least. Die 64-jährige Frances McDormand ist eine der besten Schauspielerinnen Amerikas – und eine Ikone. Die Charakterdarstellerin hat für ihre schauspielerischen Leistungen bereits drei Oscars erhalten. Und nutzte ihre Dankesreden zweimal für einen feministischen Appell. Den ersten Oscar bekam sie für ihre Rolle in „Fargo“. Der Kultfilm der Coen-Brüder ist ein Game-Changer, weil hier eine hochschwangere Frau als arbeitendes Familienoberhaupt dargestellt wird. In diesem schwarzhumorigen Thriller nimmt Polizistin Marge Gunderson in der verschneiten Einöde Minnesotas die Spur des Verbrechens auf. „Fargo“ kann man leihen und kaufen bei Amazon, Magenta TV, Rakuten TV, bei Sky und iTunes.

Frances McDormand bei der Oscarverleihung 2018. Sie gewann den Academy Award als beste Hauptdarstellerin für den Film „Three ...
Frances McDormand bei der Oscarverleihung 2018. Sie gewann den Academy Award als beste Hauptdarstellerin für den Film „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“. | Bild: picture alliance /Chris Pizzello/Invision/AP/dpa

In „Nomadland“ porträtiert McDormand die 60-jährige Fern, die nach dem Tod ihres Mannes und der Schließung der nahegelegenen Gipsmine ihre tote Stadt verlässt. Sie beschließt, von nun an als Nomadin im Van zu leben und reist durch den Südwesten der USA. In dem Film trifft sie auch auf echte Nomaden, weshalb er halb Dokumentar- halb fiktionaler Film ist. Fern lernt im Leben außerhalb der konventionellen Gesellschaft Dinge, die sie nie zuvor getan hat und macht in der weiten Landschaft einmalige Erfahrungen. Trotz seiner teils düsteren Bilder ist „Nomadland“ eine Geschichte der Hoffnung. Im Abo auf Sky Go und zum Kaufen und Leihen auf unter anderem Amazon, iTunes, Google Play und Magenta TV.