Am letzten Verhandlungstag sagte der Angeklagte noch: „Ich habe das nicht gewollt und nicht geplant.“ Fünf Tage später verkündete die Kammer in Konstanz im Juni 2023 ihr Urteil: Marcel K. wird für die Tötung seiner Lebensgefährtin zu 13 Jahren Haft verurteilt – nicht aber wegen Mordes, sondern wegen Totschlags.
Es war ein Schuldspruch, der vielen Prozessbeobachtern, den Angehörigen und der Staatsanwaltschaft nicht weit genug ging. Nun wird der aufsehenerregende Fall neu verhandelt, ein Termin steht aber noch nicht fest.
Sabrina P. wollte ihn zur Rede stellen
Die Kammer in Konstanz sah es als erwiesen an, dass es am Freitag, den 13. Januar 2023, zu einem Streit zwischen Marcel K. und seiner damaligen Freundin Sabrina P. kam, als er von der Arbeit nach Hause kam. Der Auslöser war offenbar ein Besuch von Marcel K. auf dem Social-Media-Profil einer Freundin.
Sabrina P. wollte ihn zur Rede stellen, es kam zu Schubsereien. Der Streit eskalierte, K. schlug die Mutter seines Kindes zuerst, ehe er sie mit einem Kabel einer Spielkonsole erdrosselte und „über den Balkon entsorgte“, wie Richter Arno Hornstein damals sagte. Aber: Die Kammer in Konstanz sah die für eine Verurteilung wegen Mordes erforderlichen Mordmerkmale nicht als gegeben an.
Inzwischen steht fest: Marcel K., der schon beim ersten Verfahren geständig war, muss sich erneut vor dem Landgericht in Konstanz verantworten. Staatsanwalt und Nebenkläger hatten im ersten Verfahren eine Verurteilung wegen Mordes gefordert, später Revision eingelegt. Diese hatten Erfolg.
Das hat der Bundesgerichtshof bereits im Januar entschieden, jetzt wurde das Urteil veröffentlicht. Darin steht: „Die Begründung, mit der das Landgericht die Mordmerkmale der Heimtücke und der niedrigen Beweggründe verneint hat, hält jeweils rechtlicher Überprüfung nicht stand.“
Wie arglos war das Opfer Sabrina P.?
In ihren Revisionen beanstandeten genau das die Staatsanwaltschaft Konstanz und die Nebenklage, vertreten vom Konstanzer Rechtsanwalt Gerhard Zahner. Das Landgericht argumentierte in seinem Urteil, die Tat von Marcel K. sei aus Überforderung oder Zermürbung geschehen, weil sich das Paar häufig stritt.
Die Heimtücke sah es nicht, weil nicht klar sei, ob das Opfer zum Zeitpunkt des Angriffs arglos war und ob es noch eine Möglichkeit zur Abwehr oder zur Flucht hatte.
Der BGH entschied nun: Die Strafkammer in Konstanz habe nicht angemessen berücksichtigt, wie schnell sich die Situation vom Streit zu einer Körperverletzung zur Tötung entwickelte und wie wenig Zeit das Opfer hatte, sich zu verteidigen.
Auch wurde bemängelt, dass das Gericht die Motive des Angeklagten nicht ausreichend gewichtete, auch das Vor- und Nachverhalten sei nicht umfassend einbezogen worden. Daher entschied der BGH, das Urteil aufzuheben und den Fall erneut zu verhandeln, um eine gründlichere Bewertung vorzunehmen.

Der Fall sorgte für viel Aufsehen in der Region. Den Leichnam von Sabrina P. warf K. vom Balkon in ein schwer zugängliches und dicht bewachsenes Gelände vor dem Haus. Polizei und Bekannten erzählte K., Sabrina P. habe sich nach einem Streit abgesetzt und ihn mit dem gemeinsamen Kind zurückgelassen.
Auch die kleine Katze von P. soll der damals 22-Jährige mit ein paar Tritten getötet und anschließend in einem Müllsack auf den Balkon gestellt haben.
Nur einen Tag nach der Tat soll K. im Internet bereits nach sexuellen Kontakten zu Frauen gesucht haben, während er Freundinnen des Opfer erzählte, dass ihn das Verschwinden seiner Freundin nicht groß „jucke“ und die Polizei doch „im Tierheim gucken“ könnte, „vielleicht sei sie dort abgegeben worden“. Sabrina P. hinterließ zwei kleine Kinder.