Früher rannte Faraz Fallahi Halbmarathon, arbeitete als Softwareentwickler, ging in den Urlaub und wollte mit seiner Frau Cassandra Fallahi aus Rielasingen-Worblingen eine Familie gründen.

Doch dann musste er kämpfen – er kämpfte gegen die Krankheit Myalgische Enzephalomyelitis und das Chronische Fatigue-Syndrom, kurz ME/CFS. Nun ist Faraz Fallahi mit 42 Jahren verstorben, wie eine Person aus dem engeren Umkreis der Familie dem SÜDKURIER bestätigte.

Vom Gesundheitssystem fühlte er sich alleingelassen

Ausgelöst wurde die in großen Teilen noch unerforschte Krankheit wohl von einem Atemwegsinfekt. Von einer Grippe erholte er sich nicht mehr, Schmerzen auf der Haut und in den Muskeln, Schlafstörungen und Benommenheit bestimmten dann seinen Alltag. Jedes Geräusch, jedes Licht und jede Bewegung schmerzten ihn und strengten ihn an. Die Krankheit macht den Betroffenen so reizempfindlich, dass alle Sinneseindrücke zu viel sind.

Er war bettlägerig, lag jahrelang bei seiner Familie in seinem Elternhaus im Dunklen und im Stillen. Seine Ehefrau, wohnhaft in Tübingen, musste Geld verdienen und konnte ihn nur am Wochenende besuchen.

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Von Ärzten und dem Gesundheitssystem fühlte er sich verlassen, lange fand er keinen Hausarzt, der ihn bei sich zu Hause im Bett behandeln konnte, der Gang zum Arzt war für den Schwerkranken unmöglich.

Fallahis Erkrankung wurde lange nicht ernst genommen, 2020 kam er in eine Klinik, die Ärzte dachten, seine Erkrankung wäre psychosomatisch. Sein Zustand verschlechterte sich daraufhin, irgendwann sprach er von Sterbehilfe.

Während seiner Krankheit gab es Höhen und Tiefen: 2022 war es noch undenkbar, allein seine Frau zu umarmen: 2023 machte Fallahi ...
Während seiner Krankheit gab es Höhen und Tiefen: 2022 war es noch undenkbar, allein seine Frau zu umarmen: 2023 machte Fallahi Fortschritte, konnte mit seiner Frau wieder zusammenziehen. | Bild: Familie Fallahi

Dann kam der Hoffnungsschimmer: Die Ärztin Anna Brock aus Filderstadt meldete sich bei ihm und übernahm die Regie. Durch eine sogenannte Immunadsorption verbesserten sich seine Beschwerden, er konnte wieder essen, seine Frau umarmen, das Bett verlassen und zeitweise sogar Licht ertragen. Auch einen Hausarzt, der ihn zu Hause besuchen konnte, hatte er gefunden, wie er im September 2023 dem SÜDKURIER berichtete.

Fallahi setzte sich gegen rechts ein

Das Handy war sein Kontakt zur Außenwelt. Auf der Plattform X und Instagram verzeichnete er über 11.000 Follower. Bekannt wurde er mit einem langen Beitrag auf X, damals noch Twitter, über sein Leiden und seine Forderungen an Politik und Forschung: „Ich könnte sehr wahrscheinlich ein normales Leben führen, wenn man Aufklärung betrieben hätte und meine Ärzte die Krankheit gekannt hätten“, schrieb er da. Das war 2022.

Social Media und der Kampf für politische Aufmerksamkeit wurde zu seiner Aufgabe, er wurde das Gesicht der Krankheit, pflegte Kontakte zu Politikern, Ärzten, Gleichgesinnten. Zuletzt setzte er sich auf seinen Kanälen gegen rechts ein – das alles während ein paar wenigen Stunden am Tag, an dem er für sein Engagement genug Kraft hatte.

Auf seinen Social-Media-Profilen bezeichnete er sich selbst als „bettlägeriger Aufklärer“ und „gelegentlich lustig“. Die Journalistin Eva Marie Stegmann, die ihn für den SÜDKURIER auf seinem Weg begleitete, erlebte ihn als einen „humorvollen Mann, der immer einen lustigen Spruch auf den Lippen hatte und der einen einfach beeindrucken musste.“

Auf Social Media herrscht Bestürzung über seinen Tod. Die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags, Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grüne) schrieb unter dem Beitrag zu seiner Todesnachricht: „Unfassbar traurig“. Über seine Todesursache ist noch nichts bekannt. Die Familie hat darum gebeten, in Ruhe trauern zu dürfen.