Ein faszinierendes und detailreiches Geschichtsbuch zum Bauernkrieg mit fünf Seiten und einer mächtigen Krone obendrauf: Das ist das neue Denkmal „Gesichter des Bauernkriegs“ von Peter Lenk, Künstler und Bildhauer vom Bodensee und Schöpfer unter anderem der berühmten Konstanzer Imperia oder der Anti-Stuttgart-21-Skulptur „Stuttgarter Laocoon“.

Detailansicht: Alle mit Luthers späterer Ehefrau entlaufenen Nonnen bekommen einen Ehemann ab – auch die zahnlose Alte findet einen ...
Detailansicht: Alle mit Luthers späterer Ehefrau entlaufenen Nonnen bekommen einen Ehemann ab – auch die zahnlose Alte findet einen Interessenten. | Bild: Bäuerlein, Ulrike

Die Gesichter des Bauernkriegs hat der 77-Jährige im Auftrag der Stadt Böblingen angefertigt. Die Stadt im Großraum Stuttgart war vor 500 Jahren Schauplatz einer der blutigsten Schlachten des Bauernkriegs.

Auf dem Relief zur Böblinger Schlacht stürzen Tausende in den tödlichen Schlund des Kriegshelms.
Auf dem Relief zur Böblinger Schlacht stürzen Tausende in den tödlichen Schlund des Kriegshelms. | Bild: Bäuerlein, Ulrike

Lenks fast zehn Meter hohe Themen-Reliefs zeigen genau dieses: unzählige Figuren, in deren Mienen sich die dargestellten historischen Ereignisse in blanken Emotionen widerspiegeln – Hass, Hohn, Schadenfreude, Wut, Schmerz, Verzweiflung, Todesqualen, Gier, Geifer, Wollust und vieles mehr.

Zehn Meter ist das neue Lenk-Mal hoch.
Zehn Meter ist das neue Lenk-Mal hoch. | Bild: Bäuerlein, Ulrike

Die Motive der fünf Reliefs zeigen „Die Hochzeit der entlaufenen Nonnen“ rund um die zentrale Figur Martin Luther und Ehefrau Katharina von Bora; die „Völlerei der Oberschicht“ mit einem Gelage von Fürsten und Pfaffen, „Die Hinrichtung des Grafen von Helfenstein“ durch den historischen Spießrutenlauf („Weinsberger Blut-Ostern“), schließlich die „Schlacht von Böblingen“ mit mindestens 3000 erschlagenen Aufständischen sowie die qualvolle „Hinrichtung des Jäcklein Rohrbach“.

Eine Sehenswürdigkeit mehr für die Stadt: Aufbau der Säule am Vorabend der Einweihung am Standort am oberen See in Böblingen.
Eine Sehenswürdigkeit mehr für die Stadt: Aufbau der Säule am Vorabend der Einweihung am Standort am oberen See in Böblingen. | Bild: Bäuerlein, Ulrike

Während die Gestaltung der Reliefseiten schon teilweise öffentlich war, gab es bis zuletzt ein Geheimnis um die Gestaltung der Krone. Der SÜDKURIER durfte schon vorab Fotos machen.

Die Krone hat es in sich: Auf einem Handkarren voller Gebeine und Totenschädel thront auf stilisierter Krone der brutale Kriegsherr „Bauernjörg“, Georg Truchsess von Waldburg, der das Böblinger Schlachtfeld als Sieger verließ und die überlebenden Aufständischen samt Anführer Jäcklein Rohrbach grausam hinrichten ließ – unter den Armen pralle Geldsäcke mit dem damaligen Wappen derer von Waldburg.

Bildhauer Peter Lenk in seinem Atelier in Bodman-Ludwigshafen.
Bildhauer Peter Lenk in seinem Atelier in Bodman-Ludwigshafen. | Bild: Fricker, Ulrich

Die Nachfahren des „Bauernjörg“ vom oberschwäbischen Haus Waldburg-Zeil um Fürst Erich gehören heute zu den reichsten Familien des Landes. Und die in Beton gegossene Botschaft des Künstlers, worauf sich dieser Reichtum aus seiner Sicht gründet, ist unmissverständlich.

„Nicht bankrott gegangen“

Für die Stadt Böblingen, die das „Lenkmal“ genannte Kunstwerk bereits Ende 2022 in Auftrag gegeben hatte, ist die Arbeit mehr als gelungen: „Das Denkmal würdigt, mit Blick auf die Altstadt, die historischen Forderungen nach Freiheit, Gerechtigkeit und Teilhabe – und gibt den Menschen von damals erstmals ein Gesicht“, heißt es in der Einladung zum Festakt.

Peter Lenk selbst zeigte sich beim Aufbau in Böblingen jedenfalls erleichtert, dass am Ende alles wie geplant geklappt hat und nichts kaputt gegangen ist – „und dass ich darüber nicht bankrott gegangen bin“, sagt er. Rund 350.000 Euro wird das Projekt wohl am Ende gekostet haben. Es soll jedenfalls nicht das letzte „Lenkmal“ gewesen sein: Im Geiste ist der 77-Jährige, wie er sagt, schon beim nächsten Auftrag.