Es liest sich ganz einfach, der Paragraph 169 des Gerichtsverfassungsgesetzes in Deutschland: „Die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht einschließlich der Verkündung der Urteile und Beschlüsse ist öffentlich.“ Doch diese Vorschrift hat mittlerweile eine Vielzahl von Ausnahmen erfahren. So ist die Öffentlichkeit in aller Regel in Familienverfahren, Unterbringungsverfahren und auch bei Strafverfahren gegen Jugendliche ausgeschlossen.

Neu geschaffen wurden in den vergangenen Jahren auch Vorschriften, in denen es um den Schutz des persönlichen Lebensbereichs von Prozessbeteiligten, Zeugen oder Geschädigten geht. Hier kann die Öffentlichkeit ganz oder zum Teil ausgeschlossen werden, gerade auch auf Antrag der Beteiligten. Das Gericht hat dann keinen Ermessensspielraum mehr, ob es diesen Ausschluss der Öffentlichkeit für sinnvoll hält oder nicht.

Bild 1: Fehler im Verfahren gegen Polizeiinspekteur: Wann darf ein Gericht die Öffentlichkeit ausschließen?
Bild: FOTO WOEHRSTEIN SINGEN

Auskunftsanspruch der Medien

Wie weit dies gehen kann, wurde im Verfahren gegen Andreas R., den Landesinspekteur der Polizei, vor dem Landgericht Stuttgart deutlich. Hier war die Öffentlichkeit in weiten Teilen des Verfahrens, gerade auch bei der Vernehmung der betroffenen Kommissarin als Nebenklägerin, ausgeschlossen.

Ist ein solcher Ausschluss erst einmal erfolgt, so sind auch die Plädoyers, oder wie es im Gesetz heißt die Schlussanträge, von Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Nebenklage in nicht-öffentlicher Verhandlung vorzutragen. Niemand kann von dieser Gesetzesregelung abweichen.

Falsch war allerdings, dass es vonseiten des Gerichts keine Information über die Anträge, die in den Plädoyers gestellt wurden, gegeben hat. Hier hätte die Öffentlichkeit einen Anspruch darauf gehabt, zu erfahren, zu welchem Ergebnis die Staatsanwaltschaft gekommen ist, was die Verteidigung dazu zu sagen hat und auf welchen Standpunkt sich die Nebenklage stellt.

Hier hätten die Medien gegenüber dem Landgericht Stuttgart einen Auskunftsanspruch gehabt. Diesem Auskunftsanspruch hätte auch entsprochen werden müssen, denn Hinderungsgründe, wie der Schutz der Prozessbeteiligten, stehen bei der reinen Wiedergabe der Anträge gerade nicht entgegen.

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Begründung des Urteils öffentlich

Und eines ist festzuhalten: Die Verkündung des Urteils am Freitag ist auf jeden Fall öffentlich. Zwar hätte das Gericht die Möglichkeit für Teile der Urteilsbegründung, nicht der grundsätzlichen Entscheidung, die Öffentlichkeit auszuschließen.

Dies müsste durch gesonderten Beschluss erfolgen und es ist zu hoffen, dass dies nicht geschieht. In diesem Verfahren sind so viele Details öffentlich geworden, dass es zur Rechtsklarheit beitragen würde, wenn auch die Begründung des Urteils und die Überzeugung des Gerichts, wie es zu diesem Urteil gekommen ist, öffentlich wäre. Nur so kann sich die Öffentlichkeit ein entsprechendes Bild von dem gesamten Geschehen und der Wertung des Gerichtes machen.