Ein wahres Scherbengericht der Opposition in Sachen Grundsteuerreform prasselte am Mittwochmorgen im Landtag über die grün-schwarze Landesregierung nieder – und zwar von allen Rednern der Opposition FDP, SPD und AfD. Beantragt hatte die Debatte die FDP.
Deren Abgeordneter Stephen Brauer attackierte die grün-schwarze Regierung. „Sie besteuern die Immobilien nach Marktwert und schaffen den Einstieg in eine Vermögensbesteuerung.“ Nur wenn ein Grundstück einen hohen Wert habe, sei der Besitzer doch nicht in jedem Fall leistungsfähig. „Soll er das Grundstück vielleicht verkaufen?“.
Er sah politische Absichten vor allem der Grünen: „Sie bewerten ein Grundstück ohne Gebäude, um den Geschosswohnungsbau zu fördern.“ Der FDP-Abgeordnete Friedrich Haag schilderte Rechenbeispiele mit drastischen Steigerungen, verwies auf die stark von Einfamilienhäusern geprägte Struktur in Baden-Württemberg und ergänzte: „Sie riskieren die Altersvorsorge Eigenheim.“
Aktuell gibt es quer durchs Land massive Verunsicherung, was die ab 2025 geltende neue Grundsteuer in Baden-Württemberg bringt. Im Visier dabei vor allem die Grundsteuer B für bebaute und unbebaute Grundstücke.
Vor allem Besitzer und Mieter von Ein- oder Zweifamilienhäusern mit größeren Grundstücken müssen mit deutlich höheren Steuern rechnen, Modellberechnungen gehen sogar von bis zu dreifachen Beträgen oder gar mehr aus.
Andere wiederum könnten von der Reform profitieren. Aber noch haben viele Kommunen noch nicht die Hebesätze festgelegt, eigentlich soll die Reform bei den Kommunen aufkommensneutral sein. 2018 hatte das Bundesverfassungsgericht die bisherigen Einheitswerte für verfassungswidrig erklärt. Baden-Württemberg ging bei der Reform einen Sonderweg, es zählt nur die Grundstücksgröße und deren Bewertung vor Ort.
Probleme bei Gemeinden abgeladen?
Der SPD-Abgeordnete Nicolas Fink warf der Landesregierung vor, die Probleme bei den Kommunen abzuladen. Er verwies auf die Berechnung für ein Zweifamilienhaus in Esslingen auf einem Grundstück von 700 Quadratmetern. Bisher seien 300 Euro Grundsteuer zu zahlen gewesen, künftig würden es voraussichtlich 1300 Euro. Eine angebliche Entlastung etwa für Wohnungsbesitzer und Mieter anzuführen, sei doch „absurd“, denn: „Die Entlastung ist supergering, nur wenige Euro bei Wohnungen und Mietern, aber dafür werden Gewerbegrundstücke massiv entlastet. Das ist doch in keinem Verhältnis.“
Der AfD-Abgeordnete Emil Sänze kritisierte „Aktionismus“ und „Nebelkerzen“, meinte damit das Transparenzregister des Finanzministeriums, das eine erste Berechnung ermöglichen soll: „Das ändert aber für den Bürger nichts. Die Regierung sagt ja selbst, dass es Gewinner und Verlierer gibt, die Zahl der Verlierer steigt aber immer weiter.“
Regierung verteidigt sich
Verteidigt wurde die Reform von Markus Rösler von den Grünen: „Unser Modell ist besonders aufwands- und bürokratiearm.“ Aber klar sei, „Besitzer von Ein- und Zweifamilienhäusern werden mehr zahlen müssen als bisher, aber Besitzer von Mehrfamilienhäusern und Wohnungen werden weniger zahlen müssen“.
Albrecht Schütte (CDU) wehrte sich ebenfalls gegen die Vorwürfe: In der Summe der Reform eine Vervielfachung zu unterstellen, sei falsch, er sei aber doch überrascht von „Verwerfungen“ vor allem in Großstädten. Er kündigte aber an, eine Lösung für sogenannte unbillige Härten einführen zu wollen.
Finanzstaatssekretärin Gisela Splett (Grüne) verwies darauf, dass es auch in anderen Bundesländern Proteste gegen die dortigen Reformmodelle gebe. „Natürlich gibt es innerhalb der Kommunen Belastungsverschiebungen. Das haben wir immer kommuniziert. Menschen, die früher zu wenig gezahlt haben, zahlen künftig mehr.“ Sie halte es aber nicht für angemessen, „die Reform zu skandalisieren“.