Putins Krieg in der Ukraine hat die Weltwirtschaft erschüttert und auch der Südwesten kämpft gegen Energiekrise und Inflation. Die Preise für Strom und Gas schnellen in die Höhe, Lebensmittel werden immer teurer und die Menschen haben Angst, die nächste Heizrechnung nicht mehr bezahlen zu können. Hier finden Sie einen Überblick über die Auswirkungen auf die Region zwischen Bodensee, Hochrhein und Schwarzwald.
So kämpfen Betriebe in der Region mit der Krise
Immer mehr Unternehmen in Baden-Württemberg befürchten, in absehbarer Zeit ohne Strom und Gas dazustehen. Denn neue Energielieferanten zu finden, ist sehr schwierig geworden. Der Maschinenbauer-Verband VDMA schlägt bereits Alarm.

In Konstanz stehen viele Selbstständige inzwischen mit dem Rücken zur Wand. Die Pandemie haben sie gerade überstanden – schon folgen Kostenexplosionen, Lieferengpässe und Kundenzurückhaltung. Einige Unternehmer wissen nicht, wie es weitergehen soll und richten einen Hilferuf an die Politik.
Vom Döner bis zum Handwerk – Krise trifft alle Branchen
Der große Preisschock ist auch im Lebensmittel-Bereich schon längst angekommen. Noch bis vor einigen Monaten kostete ein Döner im Schnitt fünf Euro. Das ist nicht mehr rentabel, sagt Imbissbetreiber Beyazit Sarikaya aus Tiengen und rechnet vor, warum die Kebaptasche jetzt fast sieben Euro kostet.

Sorgen machen sich auch die Winzer in der Region, denn durch die Energiekrise werden Flaschen allmählich knapp. Wie sich das auf die Produktion auswirkt, erklären die Kellermeister des Winzervereins Reichenau.
Insgesamt hat es der Einzelhandel gerade nicht leicht: Unverlässliche Lieferketten, steigende Energiepreise und galoppierende Inflation sorgen dafür, dass die meisten Menschen beim Geld ausgeben vorsichtig geworden sind. Welche Folgen das für die Geschäfte hat, berichten Ladenbesitzer aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis.
Und das Handwerk? Auch diese Branche schlägt Alarm! Mehr als 60 Prozent der Handwerksbetriebe im Südwesten melden Umsatzausfälle. Viele Kunden sind froh, wenn sie überhaupt einen Bauhandwerker finden. Zahlen sie da nicht jeden Preis? Nein, sagt Alfred Keller aus Überlingen. Er begründet, warum die Betriebe steigende Preise nicht 1:1 weitergeben könnten.

Wie existenzbedrohend die Krise ist, zeigt ein Hotelier in St. Georgen mit einer außergewöhnlichen Aktion: Dietmar Will hängt den Brief mit der Abschlagszahlung seines Energieversorgers einfach ins Schaufenster. Lange, sagt er, kann das niemand durchhalten.
Müssen Schüler und Studenten im Winter frieren?
Heizungen runter, Luftfilter an? Stromfresser an Schulen stürzen die Stadt Friedrichshafen in ein Dilemma. Wenn Corona auf die Energiekrise trifft, haben die Bildungseinrichtungen ein Problem.
Das macht sich auch an der Uni Konstanz bemerkbar, die einen gewaltigen Energiebedarf finanzieren muss. Deshalb ist dort jeder einzelne Mitarbeiter zum Sparen aufgerufen – und auch billiges Bodenseewasser könnte künftig beim Heizen helfen.
Kliniken in der Region senden Energie-Notruf
Rehaeinrichtungen sehen sich wirtschaftlich unter Druck gesetzt. Die Triberger Asklepios-Klinik äußert größte Sorgen in Bezug auf die bevorstehenden extremen Teuerungen.

Und auch die Alpenblick Klinik Hotzenplotz ist am Limit. Die Reha-Einrichtung in Rickenbach kann die steigenden Energiepreise in Verbindung mit einer Rückforderung der Corona-Hilfen kaum noch schultern.
Strom und Gas werden immer teurer – so reagieren Vereine
Auch im Vereinsleben führt die Krise bereits zu Einschränkungen. So wird die LED-Flutlichtanlage im Trainingsbetrieb beim TuS Bonndorf schon auf 60 Prozent reduziert und die Heizung läuft nur noch beim Spielbetrieb. Auch beim Turnverein St. Georgen wurde die Hallentemperatur von 22 Grad auf 19 Grad Celsius abgesenkt. Weitere Maßnahmen behält sich die Vereinsführung auf lange Sicht vor. Bei den Vereinen auf der Baar wird ebenfalls kräftig gespart – ob beim Flutlicht, der Temperatur oder beim Duschen.
In vielen Privathaushalten wird das Geld knapp
Wie weit steigen die Preise noch an? Wovon sollen die nächsten Strom- und Heizrechnungen bezahlt werden? Diese Fragen treiben auch Privatleuten in der Region die Sorgenfalten auf die Stirn. Der Villinger Rentner Herbert Kirner rechnet vor, wie viel ihm nach dem Bezahlen seiner Rechnungen zum Leben bleibt und stellt fest: „Es geht ans Eingemachte!“

Familie Müller aus Walbertsweiler geht sogar so weit, dass sie ihren Protest in einem Brief an ihren Stromversorger mit klaren Worten formuliert: „Wir verabscheuen diesen entsetzlichen und sinnlosen Krieg zwischen Russland und der Ukraine. Aber dass wir jetzt in Deutschland einen Wirtschaftskrieg haben, ist genauso schlimm und unbegreiflich“, schreiben sie und machen vor allem die Ampelregierung für die enormen Preissteigerungen verantwortlich.