Sogenannten Reichsbürgern und Selbstverwaltern die Waffe wegzunehmen, ist gar nicht so leicht. Obwohl sie den Staat verabscheuen oder er für sie gar nicht existiert, haben die meisten von ihnen eine waffenrechtliche Erlaubnis beim Landratsamt oder bei der Stadt beantragt – und eine solche auch bekommen.
Nur wenn es gerichtsverwertbare Erkenntnisse gibt, dass sie die freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpfen und deshalb als unzulässig gelten, können bereits erteilte Genehmigungen widerrufen werden. Beispielsweise, wenn ein Reichsbürger an eine Behörde einen Brief schreibt, in dem er sich als „König von Kleinbaden“ ausgibt.
„Keine Waffen in die Hände von Extremisten“
„Jede Waffe, die wir entziehen, ist ein Sicherheitsgewinn“, sagt Innenminister Thomas Strobl dem SÜDKURIER. „Wir haben hier eine klare Linie: keine Waffen in die Hände von Extremisten.“ Seit 2017 haben baden-württembergische Waffenbehörden extremistischen Waffenbesitzern 576 Waffen entzogen.
„Ein großer Erfolg, aber gleichzeitig auch eine Daueraufgabe“, sei das, sagt der CDU-Politiker. Um noch mehr potenziell gefährliche Personen im Land aufzuspüren, haben die Behörden die waffenbezogenen Erhebungen im Zusammenhang mit Reichsbürgern und sonstigen Extremisten grundlegend überarbeitet.
„Die neue Datenerhebung ermöglicht dabei einen breiteren und genaueren Blick, um jede noch so kleine Gefahr von Extremisten möglichst im Keim zu ersticken“, sagt Strobl.
Erstmals werden nun auch waffenrechtlich relevante Menschen mitgezählt, zu denen ausschließlich eingestufte und somit nicht offen gerichtsverwertbare Erkenntnisse des Landesamts für Verfassungsschutzes Baden-Württemberg vorliegen. Konkret bedeutet das: Die Verfassungsschützer haben Reichsbürger telefonisch abgehört oder durch V-Leute entsprechende Informationen gesammelt.
Nach der neuen Erhebungsmethode sind die Zahlen von Reichsbürgern und Selbstverwaltern sowie sonstigen Extremisten im Besitz einer waffenrechtlichen Erlaubnis natürlich angewachsen. Zum Stichtag 31. Dezember 2023 waren es nach SÜDKURIER-Informationen 208.
2023 waren es 37 Reichsbürger mit Waffenerlaubnis
110 von diesen verfügen ausschließlich über einen kleinen Waffenschein, der zum Führen erlaubnisfreier Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen berechtigt. 95 Personen können zumindest auch eine Waffenbesitzkarte vorweisen und besitzen damit über erlaubnispflichtige Schusswaffen. Bei drei Personen handelt es sich um sogenanntes Bewachungspersonal, welches über eine Waffenführungsberechtigung verfügt.
Zum Vergleich: Zum Stichtag 1. Februar 2023 waren es noch 37 Reichsbürger in Baden-Württemberg mit waffenrechtlicher Erlaubnis gewesen.
Aufgrund der überarbeiteten Erhebungsmethode seien die jetzt vorgelegten Zahlen nicht mehr mit den bisherigen vergleichbar, sagt Thomas Strobl. „Die neue Erhebung zeigt jedoch, wie wichtig es ist, dass wir hier keinen Millimeter nachlassen. Wir setzen weiterhin alles daran, dass Extremisten nicht an Waffen gelangen und konsequent entwaffnet werden.“
So sei etwa bei 23 dieser 208 Reichsbürger mit Waffe ein Widerrufsverfahren bereits eingeleitet, bei weiteren 40 werde ein solches Verfahren überprüft. Nach Einschätzung der Waffenbehörden reichen bei 76 Personen die Erkenntnisse derzeit noch nicht aus, um eine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit zu begründen. Bei 66 Reichsbürgern liegen noch keine offenen und damit gerichtsverwertbaren Erkenntnisse vor. In drei Fällen befindet sich die Erkenntnislage noch in der Prüfung.
Innenminister Strobl macht deutlich, dass in jedem Fall die Informationen ständig untersucht werden. Das Landesamt für Verfassungsschutz betreibe die weitere Aufklärung. Die Waffen- und Sicherheitsbehörden stehen hierbei in einem intensiven Austausch und ermöglichen eine noch frühere Intervention, sagt Strobl.
„Deshalb bleiben wir hier auch hart am Ball und schauen fortlaufend, was wir optimieren können, um jede noch so kleine Gefahr von Extremisten zu minimieren und Reichsbürger und sonstigen Extremisten noch effizienter die Waffen wegzunehmen.“