Ein zunächst vermisstes zweijähriges Mädchen wird am Dienstag tot aus einem Fluss in Bingen (Kreis Sigmaringen) geborgen. Seit Donnerstagabend ist klar: Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Tötung gegen die Mutter.

Der SÜDKURIER konnte nun mit dem Anwalt der Frau sprechen. Detlef Kröger richtet vor allem einen Appell an die Öffentlichkeit: „Ich bitte alle höflich um Nachsicht, weil hier eine Mutter in höchsttragischer Weise ihr Kind verloren hat.“ Sie sei zutiefst betroffen.

Anwalt spricht von „schwerem Unglücksfall“

Er ist sich sicher: „Es handelt sich um einen schweren Unglücksfall.“ Eine hundertprozentige Überwachung eines Kindes sei nicht möglich, so Kröger. Jeder, der Kinder habe, wisse das.

Aus dem Umfeld der Familie habe er ausschließlich gehört, dass die Mutter sich aufopferungsvoll und fürsorglich um ihre Tochter gekümmert habe. Die 24-jährige Moldawin spreche quasi kein Deutsch, auch deshalb habe sie die allermeiste Zeit zu Hause mit ihrem Kind verbracht. Als das Mädchen verschwand, soll die Mutter kurz im Bad gewesen sein.

Übersetzungsprobleme führen zu Missverständnissen

In den fehlenden Deutschkenntnisse sieht Kröger auch den Grund für missverständliche Berichte. Zuerst war die Rede davon, die Zweijährige hätte das Haus im Schlafanzug verlassen, gefunden wurde sie aber in Alltagskleidung. „Ein Übersetzungsproblem“, so Kröger.

Es stellte sich auch die Frage, wie das kleine Kind allein die Treppe hinab gekommen ist und die Haustür geöffnet hat – aus dem Umfeld der Familie heißt es laut dem Anwalt, die Zweijährige sei schon sehr selbstständig gewesen.

Auch auf einen weiteren Punkt weist Kröger hin: Nach den reichlichen Niederschlägen haben die Flüsse in der Region derzeit höhere Pegelstände, manches Ufer hat sich verschoben. Das berge ein höheres Risiko für Kinder.

Detlef Kröger arbeitet als Jurist in Illertissen. Die Aufnahme entstand in seiner Kanzlei.
Detlef Kröger arbeitet als Jurist in Illertissen. Die Aufnahme entstand in seiner Kanzlei. | Bild: Benjamin Schmidt

Wie lange die Mutter sich – zumal über Weihnachten – mit dem Vorwurf der Staatsanwaltschaft konfrontiert sehen wird, ist unklar. Die Polizei ermittelt noch. Dass aber auch die Staatsanwaltschaft nur von fahrlässiger Tötung spricht, dürfte als Indiz dafür gelten, dass auch sie von einem Unglück ausgeht.

Kröger möchte darüber nicht öffentlich spekulieren, sondern den bislang positiven Kontakt zur Staatsanwaltschaft wahren.

Das sagt die Staatsanwaltschaft

Die Staatsanwaltschaft müsse in solchen Fällen jedem Anfangsverdacht nachgehen, erklärte dazu Staatsanwalt Ronny Stengel. Dazu verpflichte das Gesetz. „Wenn wir davon ausgehen, dass das Kind allein zum Fluss gegangen und dort ertrunken ist, hätte die Mutter ihre Aufsichtspflicht verletzt“ – und sich somit der fahrlässigen Tötung schuldig gemacht.

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Sollte sich aber herausstellen, dass der Tod des kleinen Mädchens ein tragischer Unglücksfall war – bei dem die Verletzung der Aufsichtspflicht nur eine untergeordnete Rolle spiele –, könne von einer Strafe auch gänzlich abgesehen werden.