Es ist heiß und die Sonne brennt. Also ab in den Bodensee zur Abkühlung? Dafür muss man sich an einigen Stellen länge laufen als sonst. Denn der Wasserstand ist extrem niedrig. Das zeigen Daten der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW), die den Pegel misst, für die Messstation in Radolfzell:

Vor ein paar Tagen hat der Wasserstand in Radolfzell ein neues Rekordtief aufgestellt. Noch nie war Anfang Juli so wenig Wasser im Untersee.

In Konstanz ist der Wasserstand ebenfalls niedriger als der Durchschnitt:

Aber von einem Rekordtief ist der Wasserstand in Konstanz noch fünf Zentimeter entfernt.

Pegelunterschied wegen verschiedener Vergleichszeiträume?

Fragt man bei der LUBW nach, wir von der Pressesprecherin als mögliche Erklärung die verschiedenen Zeiträume der Pegelmessungen genannt. In Konstanz wird der Pegel mit dem Wasserstand zwischen 1981 bis 2021 verglichen, in Radolfzell mit dem von 1997 bis 2021. Denn dort liegen die Daten nur für diesen kürzeren Zeitraum vor.

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Aber, wenn der Zeitraum auch in Konstanz bei 1997 bis 2021 festgelegt wird, bleiben die Unterschiede bestehen:

Auch in Berlingen in der Schweiz wird der Untersee-Pegel gemessen. Das Schweizer Umweltamt gibt beim historischen Vergleich eine Referenzperiode von 1981 bis 2010 an. Hier ist der historische Tiefstand ebenfalls bereits unterschritten. Bei der Schweizer Messung im Obersee fehlen, wie in Konstanz, noch einige Zentimeter zum Tiefstand.

Eine Pflanze ist Schuld

Eine erneute Nachfrage bei der LUBW mit dem Ergebnis der SÜDKURIER-Analyse. Wenn der Messzeitraum die Unterschiede nicht erklärt, „dann überwiegt der Effekt des Rückstaus durch das Laichkraut“ sagt Manfred Bermicker von der LUBW.

Das Schweizerische Laichkraut ist ein Wasserpflanze, die sich seit Anfang des Jahrtausends vor allem im Seerhein stark ausgebreitet hat. Und diese Pflanze verursacht einen Stau im Seerhein, das Wasser kann nicht mehr so gut durch den Seerhein in den Untersee fließen. „Das Laichkraut stabilisiert den Wasserstand des Obersees“, erklärt Bermicker. Darum sei der Wasserstand dort höher als im Untersee und sinkt langsamer.

Das Schweizer Laichkraut ist für einen Wasserstau im Bodensee verantwortlich.
Das Schweizer Laichkraut ist für einen Wasserstau im Bodensee verantwortlich. | Bild: Martin Mainberger

Der Obersee hatte schon vor der Ausbreitung des Laichkrauts einen etwas höheren Pegel als der Untersee. Seit sich die Wasserpflanze stark ausbreitet, hat sich der Unterschied von 18 Zentimeter auf 35 Zentimeter fast verdoppelt.

Unterschied ist im Sommer höher

Laut einer Studie der LUBW und der Universität Hohenheim ist die Pegeldifferenz von Ober- und Untersee im Sommer höher als im Winter. Das liegt laut der Studie an dem saisonal unterschiedlichen Wachstum der Wasserpflanze. Im Sommer gibt es deutlich mehr und längeres Laichkraut, dass das Wasser in Seerhein und Obersee aufstaut.

Ungewöhnlicher Pegelverlauf

Bei einem normalen Pegelverlauf ist der Wasserstand im Winter niedrig, erreicht im Februar einen Tiefpunkt und steigt im Frühjahr an. Zwischen Mitte Juni und Ende Juli steht der Pegel dann am höchsten, um dann ab August wieder abzufallen.

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Dieses Jahr hat der Wasserstand am 17. Mai seinen Höchstpunkt erreicht und fällt seitdem ab. Auch Anfang Juli 2022 stand der Bodenseepegel extrem niedrig, aber nicht so niedrig wie in diesem Jahr.

Wasserstand wird weiter sinken

Auf der Radolfzeller Pegelseite der Hochwasservorhersagezentrale Baden-Württemberg ist ein Trend für die nächsten Tage und Wochen zu sehen. Er zeigt einen weiterhin sinkenden Wasserstand.