Im 2100-Seelen-Dorf Waldmössingen hat der Fall sich schnell herumgesprochen: Mehrere Kinder besuchen seit September nicht mehr die örtliche Grundschule. Weil ihre Eltern die Masken- und oder Testpflicht ablehnen. Ein Bericht der Berliner „taz“ machte den Fall bundesweit bekannt, auch der SÜDKURIER berichtete. Demnach werden die Kinder in Privaträumen und ohne Genehmigung unterrichtet, ob dafür geschultes Personal hinzugezogen wird, ist unklar. Seit Monaten ist der Fall auch den Behörden bekannt. Doch was ist seither geschehen?
Kinder nach wie vor zu Hause
Bereits Mitte September hat die Schulleitung der Grundschule Waldmössingen in Absprache mit dem Schulamt in Donaueschingen Kontakt mit den Eltern aufgenommen und sie über die Schulpflicht und die Konsequenzen der Nichteinhaltung informiert, heißt es auf Anfrage beim zuständigen Regierungspräsidium in Freiburg. „Nachdem die Kinder weiterhin fernblieben, hat die Schulleitung das Ordnungsamt informiert und darum gebeten, Maßnahmen einzuleiten. Das Ordnungsamt hat daraufhin ein Bußgeldverfahren gegen die Eltern eingeleitet“, erklärt eine Sprecherin der Behörde.
Auf Nachfrage bestätigt das Regierungspräsidium, dass die Kinder nach dem Ende der Weihnachtsferien nach wie vor nicht zur Schule gehen. Dazu erklärt Sprecherin Heike Spannagel: „Vor den Weihnachtsferien hat die Schulleitung die Eltern nochmals schriftlich darauf hingewiesen, dass Schulpflicht besteht.“ Sollten die Kinder weiter vom Unterricht fernbleiben, werde die Stadt Schramberg weitere Bußgeldverfahren in die Wege leiten, so Spannagel. Für Ende Januar seien weitere Gespräche mit den Eltern terminiert. Auch die Stadt Schramberg bestätigt auf Anfrage: „Nach unseren Informationen werden die Kinder im Rahmen privater Lerngruppen unterrichtet.“
Eltern wollen öffentlich nichts sagen
Mit den Eltern einer der betroffenen Kinder kann der SÜDKURIER sprechen. Das Ehepaar will sich aber nicht öffentlich äußern und bitten darum, seine Privatsphäre zu respektieren. Im Gespräch geben sie an, dass die Kinder trotzdem Klassenarbeiten schreiben, außerhalb der Unterrichtszeit. Wie die Kinder darauf vorbereitet werden, wollen sie nicht sagen. Die zuständige Rektorin der Grundschule, Vanessa Franz, verweist auf Anfrage auf das Freiburger Regierungspräsidium.
Klassenarbeiten außerhalb der Unterrichtszeit
Das Regierungspräsidium in Freiburg sagt dazu: „Es ist richtig, dass die Schule den Kindern Termine zur Leistungsfeststellung in Deutsch und Mathematik angeboten hat.“ Diese Klassenarbeiten würden benotet und dienten als „Grundlage für die Noten im Zeugnis und die Versetzungsentscheidung“. Weil die Kinder nicht getestet seien und keine Maske tragen, seien die Termine so gelegt, dass keine Begegnungen mit anderen Schülern stattfinden, so die Sprecherin weiter.
Ob auf Grundlage solcher Prüfungen überhaupt ein Zeugnis erstellt werden kann, ist fraglich. Normalerweise wird in Grundschulzeugnisse auch beurteilt, wie Schüler sich verhalten und im Unterricht mitarbeiten. Wie diese sogenannte Verbalbeurteilung, die gerade in den ersten beiden Klassen der Grundschule den Hauptteil des Zeugnisses ausmacht, unter diesen Umständen zustande kommen soll, werde „derzeit in Abstimmung mit dem Kultusministerium geklärt“, so das Regierungspräsidium.
Waldmössingen offenbar kein Einzelfall
Ein Einzelfall ist der Vorfall in Waldmössingen aber offenbar nicht mehr, obschon der Fall im Kultusministerium als „sehr spezielle Situation“ behandelt wird, wie Sprecher Fabian Schmidt erklärt. Eine Abfrage bei den Regierungspräsidien habe ergeben, „dass lediglich Einzelfälle vorliegen, in denen Eltern sich hartnäckig gegen die Testungen wehren und ihre Kinder deshalb nicht zur Schule schicken“.
Im konkreten Fall wurde bereits im vergangenen Jahr ein Bußgeldverfahren eingeleitet. Derzeit befinde sich das Verfahren nach Auskunft der Stadt Schramberg im sogenannten Zwischenverfahren. Dies beginnt, wenn Betroffene Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid einlegen. Wird das Zwischenverfahren nicht beigelegt, geht das Verfahren an die Staatsanwaltschaft. Im äußersten Fall muss ein Gericht darüber entscheiden. Eine Entscheidung in der Causa Waldmössingen könnte noch dauern.