Der Turnierplan der Fußball-EM nimmt keine Rücksicht auf Festivals – das gilt auch für das Southside.
Wenn Deutschland am Sonntagabend gegen die Schweiz spielt, tritt parallel Rapper Sido auf, einer der Headliner des Festivals. Wer das Spiel trotzdem schauen will, muss auf Streaming auf dem eigenen Gerät zurückgreifen, denn offiziell übertragen wird es nicht. „Das Southside ist in erster Linie ein Musikfestival, der Fokus soll auf den Künstlern und nicht auf einer Fußballübertragung liegen“, erklärt Jonas Rohde, Pressesprecher des Festivals.
Diskussionen über Spiel und Übertragung
Darüber sind manche Festivalbesucher enttäuscht. Justin hätte das Spiel gerne geschaut. „Wir werden es wohl am Handy schauen müssen, hätten uns aber wenigstens ein kleines Public Viewing gewünscht“, sagt der Karlsruher. In seiner Freundesgruppe wird auf dem Zeltplatz schon mittags, elf Stunden vor Anpfiff, über den Ausgang des Spiels diskutiert.

„Das gibt ein 2:1, erst drückt Niclas Füllkrug den Ball mit der Brust über die Linie, dann gibt es ein Solo von Florian Wirtz zum Siegtreffer“, ist sich Sara sicher. Am Ende der Diskussion ist sich die Gruppe einig: Deutschland gewinnt.
Eine Frage bleibt trotzdem offen: „Auf wessen Handy schauen wir eigentlich?“. Denn wegen des Dauerregens hat keiner den matschigen Gang zu den Ladestationen auf sich genommen, die Handyakkus sind am letzten Tag des Festivals alle erschöpft. Auch deswegen stellt Ann-Kathrin während der obligatorischen Ravioli-Dose klar: „Am Ende gehen wir sowieso zu Sido“.

Schweizer bleiben neutral
Und überhaupt: Um viel geht es im letzten Gruppenspiel sowieso nicht mehr. „Egal was passiert, beide kommen weiter“, sagt der Schweizer Lionel. Er und seine Freundin Patricia sind in ihren Schweiz-Trikots in der Minderheit. Sie gehen selbstbewusst von einem Sieg der Schweiz aus. Die Schweizer Neutralität legen sie aber trotzdem nicht ab, „möge der Bessere gewinnen“, rufen sie Deutschlandfans hinterher.
Schauen werden sie das Spiel, wenn überhaupt, irgendwo auf dem Gelände – „und falls nicht, werde ich zwischen den Liedern von Sido ab und zu mal aufs Handy schauen“, sagt Patricia und lacht.
Ganz so locker sieht Thiemo aus Pfalz die Übertragungssituation nicht: „Ich hätte das Spiel schon geschaut und verstehe nicht wirklich, warum es nicht gezeigt wird.“ Auch einen Sieg der Deutschen sieht er nicht als selbstverständlich an: „Gegen die Schweiz könnte es verdammt schwer werden“.

Trotzdem tippt er auf einen 3:2-Sieg der Mannschaft von Julian Nagelsmann. Ausschlaggebend dafür sei die positive Fußball-Stimmung, die sich, wie bei der Weltmeisterschaft 2006, im Land breit mache, prophezeit der Kaiserslautern-Fan.
Sido oder EM – Stimmung ist immer
Als sich am Sonntagmittag über der Landebahn des Southside-Festivals die Sonne zeigt, wird deutlich, was Thiemo mit der „positiven Fußball-Stimmung“ meint. Überall sind Deutschland-Trikots in allen Farben zu sehen, die Namen auf den Rücken der Trikots werden laut ausgerufen.

Und vielleicht hat es der Spielplan der Europameisterschaft doch nicht so schlecht mit dem Festival gemeint – auch wenn Southside-Pressesprecher Jonas Rohde sich schmunzelnd über die Ansetzung zur besten Festival-Zeit beschwert. Denn Deutschland ist mit sechs Punkten schon jetzt sicher für das Achtelfinale qualifiziert, auch die Schweiz sollte weiterkommen.
Deswegen sagt die Schweizerin Patricia, ganz schweizerisch-diplomatisch: „Egal ob wir zu Sido gehen oder Fußball schauen – Spaß haben wir hier überall“.