
Als am 16. März 2020 der erste Lockdown beschlossen wurde, lag die bundesweite Inzidenz im einstelligen Bereich. Davon sind wir heute weit entfernt. Am Montag vermeldete das Robert-Koch-Institut (RKI) einen neuen Rekord: 201,1. So viele Corona-Fälle pro 100.000 Einwohner gab es in Deutschland noch nie.
Von Lockdown aber keine Spur, unser Leben geht den normalen Gang: Restaurants und Kneipen servieren Speisen und Getränke, Schüler gehen zur Schule und Läden haben ganz normale Öffnungszeiten. Warum ist das so? Weil die aktuelle Situation trotz der hohen Inzidenz nicht mit der von vor einem Jahr vergleichbar ist. Das Zauberwort heißt: Impfung.
Zahlen steigen sprunghaft
Wie stark der Impfeffekt ist, zeigt ein Blick in die Daten des RKI. Die Behörde berechnet schon für das komplette Jahr höhere Inzidenzen als im Vorjahr. Seit Mitte Oktober steigen die Werte sprunghaft an.
Der große Unterschied aber ist: Covid-19 breitet sich weiter aus, hat aber nicht mehr den lebensbedrohlichen Effekt, den die Krankheit vor Beginn der Impfkampagne hatte. Um das zu verdeutlichen werfen wir einen Blick auf die Intensivstationen der Republik.
Weniger Menschen auf Intensivstationen
Am Montag lagen dort rund 300 Menschen weniger als vor einem Jahr, obwohl die Inzidenz damals mit 136 bedeutend niedriger war. Noch klarer wird der Unterschied, wenn man den Jahreswechsel betrachtet. Kurz vor Silvester wurden rund 5.600 Menschen intensiv behandelt, fast doppelt so viele wie aktuell – bei einer Inzidenz von 141.
Experten betonen immer wieder, dass die Impfung zwar nicht in allen Fällen vor einer Ansteckung schützt, wohl aber vor schweren Verläufen. Inzwischen liegt die Impfquote in der besonders gefährdeten Gruppe der Über-60-Jährigen bei mehr als 85 Prozent. Der Effekt zeigt sich auf den Intensivstationen.
Covid-19 ist immer noch tödlich
Harmlos ist die Pandemie deswegen aber nicht. Noch immer sterben viel zu viele Menschen an oder mit Covid-19.
Zuletzt meldete das RKI wieder dreistellige Sterbezahlen täglich, die höchsten Todeszahlen registrierte die Behörde im Januar 2021. Damals waren die Impfstoffe erst wenige Wochen zugelassen und ihr Vorrat knapp. Voll geschützt war noch niemand. An manchen Tagen vermeldete das RKI mehr als 1.000 Tote – trotz bedeutend weniger Ansteckungen als derzeit.
Die Situation bleibt dramatisch
Das alles sollte nicht darüber hinwegtäuschen, wie dramatisch die Situation weiterhin ist. Am Montag warnte Diakonie-Präsident Ulrich Lilie davor, dass die Pandemie „erneut aus dem Ruder“ laufe. Die Intensivstationen melden hohe Auslastungen und zeitgleich Personalmangel. Die Impfquote in Deutschland gilt als nicht hoch genug, um eine Überlastung von Kliniken auszuschließen. Und schon gar nicht, um die Pandemie endlich zu besiegen.