Genesene bekommen in Baden-Württemberg, genau wie Geimpfte, bestimmte Erleichterungen. Doch noch immer sind einige Fragen für diese Gruppe von Menschen offen. Nicht nur ist oft unklar, welche Erleichterungen nun für wen gelten. Auch zur Ansteckungsgefahr nach überstandener Infektion und zur möglichen Weitergabe von Viren herrschen oft noch Unsicherheiten. Wir haben deshalb die wichtigsten Fragen und Antworten für und über Genesene zusammengefasst.
Wann gilt man als Corona-Genesener?
Als genesen gilt man derzeit laut Corona-Verordnung bis zu einem halben Jahr nach der Infektion. Frühestens aber nach Ende der Quarantänepflicht. Das heißt aber auch, dass Erleichterungen für Genesene nach diesem halben Jahr wieder verfallen. Virologe Martin Stürmer hält ein halbes Jahr trotzdem für einen guten Richtwert. Er weist aber auch darauf hin: „Eine Immunität ist auch immer abhängig von den individuellen Gegebenheiten und hält nicht unendlich lange.“
Welche Erleichterungen haben Genesene?
Das Land Baden-Württemberg hat beschlossen, dass Genesene wie Geimpfte von einer Testpflicht, egal wo sie gilt, ausgenommen sind. Eine solche gilt momentan beispielsweise beim Friseurbesuch oder beim Besuch eines zoologischen oder botanischen Gartens. Auch bei Click&Meet-Angeboten, die bis zu einer Inzidenz von 150 möglich sind, gilt eine Testpflicht.
Weitere Freiheiten gibt es für Geimpfte und Genesene bei der Einreise nach Baden-Württemberg. Für sie gilt seit dem 19. April auch dann keine Quarantäne mehr, wenn sie aus einem Risikogebiet kommen. Dauer und Anlass des Aufenthalts sind dabei nicht relevant. Eine Ausnahme bilden Virusvariante-Gebiete: Hier ist weiterhin eine Qurantäne vorgeschrieben. Allerdings gilt, dass Genesene ihre überstandene Infektion nachweisen müssen.
Wie weisen Genesene die überstandene Corona-Infektion nach?
Ein einheitliches Dokument gibt es dafür in Baden-Württemberg nicht. Um die Genesung zu bestätigen, müsse der Befund über einen positiven PCR-Test vorgelegt werden, der nicht länger als sechs Monate zurückliegt, so das Sozialministerium auf Anfrage. Statt eines aktuellen negativen Tests muss also dieser zurückliegende Befund vorgelegt werden.
Kann man sich als Genesener gegen Corona impfen lassen?
Ja, allerdings empfiehlt die Ständige Impfkommission, ein halbes Jahr nach der Infektion zu warten, bis man sich die Dosis verabreichen lässt. Eine Vorgabe, die es verbietet, sich vorher impfen zu lassen, gibt es allerdings nicht. Wissenschaftler gehen allerdings davon aus, dass der Schutz vor einer erneuten Infektion in diesem halben Jahr am größten ist. Außerdem sollen damit „überschießende Impfreaktionen“ vermieden werden, so das Sozialministerium. Hinweise darauf, dass eine Impfung für Genesene gefährlich sein kann, gebe es bisher keine.
Was gilt für Genesene, die bereits geimpft sind?
Ein Genesener, der eine Impfdosis gegen das Corona-Virus bekommen hat, gilt nach 14 Tagen bereits als vollständig immunisiert. Er hat damit die Erleichterungen eines vollständig Geimpften. Eine zweite Impfung benötigt er nicht mehr. Was für Geimpfte gilt, lesen Sie hier:
Um nachweisen zu können, dass Genesene mit nur einer Impfung vollständig immunisiert sind, müssten sie zur Wahrnehmung der Erleichterungen aber ebenfalls die Genesung nachweisen können. Den Impfpass vorzulegen reicht laut Sozialministerium für Genesene nicht aus. Zusätzlich müsse der Befund über die überstandene Erkrankung vorgelegt werden.
Weiter heißt es: „Allerdings ist auch im Impfpass vermerkt, dass eine Person nur eine Impfung bekommen hat, wenn sie genesen ist.“ Das kritisiert Virologe Martin Stürmer. Er hat selbst eine Corona-Infektion überstanden und ist vollständig geimpft. In seinem Impfpass sei die erste Impfung vermerkt und lediglich der zweite Termin durchgestrichen. Er wünscht sich deshalb, dass es künftig besser geregelt wird, wie vollständig geimpfte Genesene ihre Immunisierung nachweisen können, ohne ein Dokument vorweisen zu müssen, das ihre überstandene Erkrankung beweist.
Sind PCR-Tests bei Genesenen zuverlässig oder können sie wegen der überstandenen Infektion falsch positiv sein?
Generell seien PCR-Tests auch bei Genesenen zuverlässig, findet Martin Stürmer. Es gebe aber tatsächlich auch Fälle, bei denen der PCR-Test aufgrund von noch vorhandenen Virustrümmern – die aber nicht ansteckend sind – positiv ausfällt. Das sei allerdings eher selten der Fall. Er selbst habe sich nach überstandener Infektion bereits mehrmals testen lassen und immer ein negatives Ergebnis erhalten.
Kann sich ein Genesener erneut mit dem Corona-Virus anstecken?
Ja. Schon einmal mit Corona infiziert gewesen zu sein, schützt nicht per se vor einer erneuten Ansteckung, sagt Stürmer. Der Grund liegt darin, dass die Antikörper nicht unendlich produziert werden, sondern die Immunität mit der Zeit nachlässt. Hinzu komme, dass die gebildeten Antikörper nicht vollständig vor Mutationen schützen.
Die Gefahr, sich anzustecken sei trotzdem geringer als bei jemandem, der sich noch nicht mit dem Virus infiziert hat. Zudem zeigen Studien, dass Genesene oft einen milderen Verlauf bei der zweiten Erkrankung haben. Denn es würde davon ausgegangen, dass immer eine Restimmunität besteht. Dass die zweite Infektion sogar schlimmer ausfallen kann, schließe das allerdings nicht aus, so Stürmer.
Verbreite ich trotz Genesung das Corona-Virus weiter?
Nein, laut Stürmer stoppt die Virusproduktion im Körper nach einer gewissen Zeit. Eine sogenannte Viruspersistenz gibt es bei Covid-19 nicht. Diese tritt etwa bei Herpes auf und führt dazu, dass das Virus immer wieder reproduziert wird. Steckt sich der Genesene allerdings erneut mit Covid-19 an, könne er dann auch das Virus erneut weitergeben.
Sind Erleichterungen für Genesene aus virologischer Sicht vertretbar?
Martin Stürmer beantwortet diese Frage mit einem klaren Ja. Denn auch wenn eine Genesung keinen hundertprozentigen Schutz vor einer erneuten Infektion biete, sei das bei einer Impfung oder einer Testung ebenso. Und daran seien ebenfalls Lockerungen geknüpft. Deswegen sei es vertretbar, Genesenen Lockerungen zuzugestehen. Sowohl bei der negativen Testung als auch nach der Genesung und der Impfung gebe es immer auch ein Restrisiko. Deswegen sei es immer noch wichtig, auf Hygieneregeln, Maskenpflicht und Abstand zu achten.