Der Fall schlug zur Jahreswende 2021/22 hohe Wellen: Es war mitten in der Hochphase der Pandemie, als die Staatsanwaltschaft Konstanz ihre Ermittlungen gegen eine Medizinerin aus Markdorf öffentlich machte: Die Ärztin stehe im Verdacht, in zahlreichen Fällen ihren Patientinnen unwirksame Corona-Impfungen verabreicht zu haben, hieß es damals. Eine Patientin hatte zuvor Anzeige gegen die Ärztin erstattet, nachdem sie ihr gegenüber Befürchtungen wegen des Impfstoffs geäußert hatte und die Ärztin ihr geantwortet haben soll, sie müsse keine Angst haben, da sie etwas „Homöopathisches“ beigemischt habe. Für die Ärztin gilt die Unschuldsvermutung.

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Kripo hatte mehr als 300 Anzeigen erstattet

Rund 430 Patienten der Ärztin hatte das Gesundheitsamt angeschrieben, mit der Bitte, ihren Impfstatus überprüfen zu lassen. In den Folgemonaten mussten somit mehrere hundert Fälle untersucht und Blutproben analysiert werden. Im Mai 2022 hatte die Kripo ihre Arbeit beendet und die Medizinerin in mehr als 300 Fällen wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung angezeigt. Diesem Verdacht, so hatte man bei der Staatsanwaltschaft Konstanz stets betont, gehe man akribisch und gründlich nach, woraus sich wiederum die ungewöhnlich lange Dauer des Verfahrens ergab. Letzten Endes hatte die Staatsanwaltschaft auch noch rund ein dreiviertel Jahr auf ein noch ausstehendes Gutachten warten müssen. Gegenüber dem SÜDKURIER hatte der Leitende Oberstaatsanwalt Johannes-Georg Roth seinerzeit von einem absolut „atypischen“ Fall gesprochen.

„Wir sehen den Fall anders als das Amtsgericht, deswegen haben wir nun Beschwerde eingereicht“, sagt Erster Staatsanwalt ...
„Wir sehen den Fall anders als das Amtsgericht, deswegen haben wir nun Beschwerde eingereicht“, sagt Erster Staatsanwalt Andreas Mathy. | Bild: Hanser, Oliver

Staatsanwaltschaft sieht hinreichenden Tatverdacht

Ende 2023 hatte die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen abgeschlossen und anschließend, so Erster Staatsanwalt Andreas Mathy auf Anfrage der Redaktion, beim Amtsgericht Überlingen den Erlass eines Strafbefehls beantragt. Ein Strafbefehlsverfahren ist ein vereinfachtes Verfahren, bei dem es nicht zu einer Hauptverhandlung kommen muss. Das Amtsgericht Überlingen lehnte den Antrag jedoch ab. „Dagegen haben wir Beschwerde eingelegt“, sagt Mathy. Die ist zurzeit am Landgericht Konstanz anhängig, das über die Beschwerde befinden wird. Laut Mathy erwarte die Staatsanwaltschaft eine Entscheidung in rund vier bis sechs Wochen. Für die Staatsanwaltschaft habe sich eindeutig ein hinreichender Tatverdacht gegen die Medizinerin ergeben.

Wie geht es weiter im Fall der Ärztin? Das Landgericht Konstanz muss nun über die Zulassung des von der Staatsanwaltschaft beantragten ...
Wie geht es weiter im Fall der Ärztin? Das Landgericht Konstanz muss nun über die Zulassung des von der Staatsanwaltschaft beantragten Strafbefehls entscheiden. | Bild: Grupp, Helmar

Dem Amtsgericht fehlen stichfeste Beweise

In Überlingen hingegen sieht man das anders. Der zuständige Strafrichter habe den Erlass eines Strafbefehls abgelehnt, so der Direktor des Amtsgerichts, Günther Völk, auf Anfrage. „Nach Auffassung des Gerichts war nicht beweisbar, dass in den konkret zugrunde liegenden Einzelfällen tatsächlich ein nicht oder nicht ausreichend wirksamer Impfstoff verabreicht wurde“, begründet Völk die Ablehnung. In dieser Einschätzung sehe man sich am Amtsgericht vor allem durch ein Gutachten bestärkt, das noch von der Staatsanwaltschaft eingeholt worden war. Dieses Gutachten führe aus, dass selbst bei zwei wirksam verabreichten Impfungen „in einem nicht vernachlässigbaren Prozentsatz aller Fälle“ zwei bis sechs Monate nach der zweiten Impfung dennoch kein positiver Anti-Covid-Titer nachweisbar sein könnte, der den Impferfolg zweifelsfrei belege. Titer ist das Maß für die Anzahl bestimmter Antikörper im Blut.

„Nach Auffassung des Gerichts war nicht beweisbar, dass ein nicht oder nicht ausreichend wirksamer Impfstoff verabreicht ...
„Nach Auffassung des Gerichts war nicht beweisbar, dass ein nicht oder nicht ausreichend wirksamer Impfstoff verabreicht wurde“, begründet Günther Völk, Direktor des Amtsgerichtes, die Ablehnung des beantragten Strafbefehls gegen die Ärztin. | Bild: SK

Wie das Landgericht entscheiden wird, ist offen

Aus diesem Grunde, so Völk, sei der zuständige Richter zum Schluss gelangt, dass es nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachzuweisen sei, dass ein eventuell fehlender Impfschutz bei den betroffenen Patienten der Ärztin auf einen unwirksamen Impfstoff und nicht auf das Nichtansprechen einer korrekten Impfung zurückzuführen sei. Übersetzt heißt das also: Im Zweifel für den Angeklagten, wobei in diesem Fall die Anklage noch nicht erfolgt ist.

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Dem Anwalt der Ärztin, so Staatsanwalt Mathy, seien sowohl der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls als auch die Beschwerde über dessen Ablehnung zugegangen. Die Staatsanwaltschaft könne die Rechtsauffassung des Amtsgerichtes nicht teilen, betont Mathy. Wie das Landgericht nun entscheiden wird, ist offen.