Husten, Schmerzen bis hin zu Atemnot – die Symptome des Coronavirus können Menschen mit bestimmten Grundkrankheiten noch schwerer treffen. Für diese sogenannten Risikogruppen empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) eine jährliche Auffrischimpfung im Herbst. Frühzeitig erkundigte sich Artur Stephan darum nach einem Impftermin für Oktober – vergebens. Denn Ärzte, die er anfragte, sagten ihm ab.

Artur Stephan ist Risikopatient und sucht nach einem Arzt, der Covid-Impfungen durchführt.
Artur Stephan ist Risikopatient und sucht nach einem Arzt, der Covid-Impfungen durchführt. | Bild: Artur Stephan

„Es ist gar nicht so einfach, jemanden zu finden, der einem hilft“, sagt Stephan im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Nach eigenen Angaben ist er Risikopatient wegen Herzkrankheit. Vor möglichen Folgen durch das Coronavirus möchte er sich schützen. Darum fragt Stephan bei Arztpraxen in Bad Säckingen, Laufenburg und Murg nach Impfterminen. „Da bekam ich die Antwort: Grippe machen wir, Covid nicht“, sagt der Privatpatient. Auch sein Kardiologe, ein Spezialist für Herzerkrankungen, führe keine Corona-Impfung durch.

Termin- und Zeitdruck fordern Arztpraxen heraus

Über Gründe gegen die Impfleistung könne Stephan nur spekulieren, denn Genaues sei ihm von den angefragten Praxen nicht mitgeteilt worden. „Der organisatorische Aufwand scheint zu hoch zu sein“, vermutet er und behält damit recht.

Die Antwort hat Olaf Boettcher, Mediziner und in der Corona-Zeit Pandemiebeauftragter im Landkreis Waldshut. So reiche eine Flasche Corona-Impfstoff für sechs Impfungen. Dafür müssten erst einmal sechs Patienten zusammenkommen, schreibt Boettcher auf unsere Anfrage. Und das zeitnah, denn die Haltbarkeit des Covid-Impfstoffs ist begrenzt, wie einer Pressemitteilung des Herstellers Biontech entnommen werden kann. Innerhalb von sechs Stunden muss der Arzt das zubereitete und verdünnte Konzentrat verabreichen.

Olaf Boettcher ist Facharzt für Allgemein- und Notfallmedizin in Laufenburg und Rickenbach. In Coronazeiten besetzte er auch das Amt des ...
Olaf Boettcher ist Facharzt für Allgemein- und Notfallmedizin in Laufenburg und Rickenbach. In Coronazeiten besetzte er auch das Amt des Pandemiebeauftragten im Landkreis Waldshut. | Bild: Nico Talenta

Die Nachfrage ist noch bescheiden

Neben Termin- und Zeitdruck könnte der Kostenfaktor ein weiterer Grund sein, warum Ärzte noch keine Covid-Impfung durchführen. Boettcher schreibt, dass es in seinen Praxen in Laufenburg und Rickenbach derzeit kaum Nachfrage gebe.

Nur eine Person aus einer Flasche für sechs zu impfen, ergebe wirtschaftlich keinen Sinn, so Gabriele Kiunke, Pressereferentin der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) zum Zögern der Praxen.

Verweigern dürfen Ärzte nur bedingt

Aber dürfen Ärzte die Corona-Impfung komplett verweigern? Nicht in folgenden Fällen, schreibt Kiunke: Patienten ab einem Alter von 60 Jahren könnten beim Hausarzt auf eine Auffrischungsimpfung pochen. Das gelte auch für Patienten unterhalb genannter Altersgrenze, die aus medizinischen oder beruflichen Gründen geimpft werden müssten, schreibt Kiunke und bezieht sich auf die Schutzimpfungs-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses. Für diese Personengruppen trage die Krankenkasse die Kosten der Behandlung. Patienten ohne Anspruch und Impfempfehlung der STIKO müssen also von Praxen nicht für die Impfung angenommen werden.

Ausblick auf Impfangebote

Zögern Praxen aktuell noch mit Covid-Impfungen, könnte sich das Blatt schon bald wenden. Denn im Herbst falle wohl die Entscheidung, ob und in welchem Maß geimpft werde, so Julia Fohmann-Gerber vom Landratsamt Waldshut. Zu diesem Zeitpunkt sei traditionell mit einem Anstieg der Coronafälle zu rechnen.

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Mediziner Olaf Boettcher möchte sich vorbereiten. Der Impfstoff sei bestellt. Es werde wie gewohnt eine Impfliste erstellt, um die nötige Anzahl an Patienten zusammenzubekommen.

Im Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) Bad Säckingen werde ebenfalls geimpft. Allerdings nur, wenn der Patient unter hohem Gesundheitsrisiko stehe oder die Basisimmunität durch drei Impfungen/Corona-Infektionen nicht gegeben oder anzuzweifeln sei, lautet die Antwort der ärztlichen Leitung Alexander Kaiser und Sabine Johnstone nach STIKO Impfemfehlung.

Auch Apotheker möchten impfen, meldet Bianca Schaper mit Standort im neu gebauten Ärztehaus in Wehr. „Wir haben hier die Räumlichkeiten dafür, können einen Beratungsraum einrichten“, sagt Schaper. Die Apotheker müssten jedoch zuerst auf Fortbildung gehen. Bis sie dann impfen, könne noch etwas Zeit verstreichen.

Ein Impf-Zentrum wie zu Pandemiezeit werde es eher nicht geben, schreibt Kiunke zu weiteren Anlaufstellen. Denn eine Basisimmunität der breiten Bevölkerung sei vorhanden und daher eine große Covid-Welle unwahrscheinlich.

Wie geht es für Risikopatient Artur Stephan weiter?

Weil Stephan Risikopatient, über 60 Jahre alt und der Herbst nun eingetreten ist, stellen sich seine Chancen auf einen Impftermin theoretisch gut. Er hofft, mit seinem Anliegen bald durchzukommen.

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