In den baden-württembergischen Schulen wird es nach den Pfingstferien zunächst keine weiteren Öffnungsschritte geben. In der laufenden Überarbeitung der Corona-Verordnung sind trotz der gesunkenen Inzidenzwerte nur kleinere Anpassungen vorgesehen. Erst ab 21. Juni will die neue Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) den Präsenzunterricht für weiterführende Schulen erweitern.
Was kommt ab Montag auf die Schüler im Südwesten zu?
Die Schulen können erst einmal durchschnaufen: Das Kultusministerium wird für eine Übergangszeit von zwei Wochen die bisherigen Regeln weiterlaufen lassen. Grundschulen in Stadt- und Landkreisen mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von unter 100 bieten Präsenzunterricht. Über 100 gibt es im Südwesten keinen Kreis mehr. Bei weiterführenden Schulen ist Präsenzbetrieb nur bei einer Inzidenz unter 50 möglich, darüber für alle Jahrgangsstufen Wechselunterricht. Fernunterricht dürfte es bei den gegenwärtigen Ansteckungszahlen in keinem der 44 Kreise mehr geben.
Müssen Schulen den Betrieb sofort an neue Werte anpassen?
Michael Hirn sieht aktuell unter seinen Schulleiterkollegen eine gewisse Nervosität angesichts der überraschend schnell gesunkenen Inzidenzwerte. „Theoretisch müssten die weiterführenden Schulen nach den Ferien in den Präsenzunterricht wechseln, wenn vor Ort die Inzidenzen stabil unter die Schwelle von 50 gefallen sind“, erklärt der Landesvize der Lehrergewerkschaft GEW.
Das Kultusministerium hält sich an dieser Stelle bedeckt und verweist auf die laufende interne Abstimmung der neuen Corona-Verordnung. Da die aber wohl erst am Freitag veröffentlicht wird und den Schulen keine Vorbereitungszeit bliebe, ist eine strikte Wechselvorgabe für Präsenzunterricht nicht umsetzbar.
Was plant Schopper mittelfristig an Lockerungen?
Ab 21. Juni will Schopper „zu mehr Normalität zurückkehren“. Dann soll es in Baden-Württemberg Präsenzunterricht für alle Klassenstufen bis zu einer Inzidenz von 100 geben. Angesichts des starken Rückgangs der Zahlen könnte die Grünen-Politikerin bis dahin von der Realität überholt werden. Mehr als die Hälfte der Stadt- und Landkreise ist schon jetzt unter dem Wert 50.
Wie sieht es in den Nachbarländern aus?
In Bayern plant die CSU-geführte Regierung eine ähnlich vorsichtige Öffnung wie Schopper in Baden-Württemberg. Das geht allerdings der dortigen Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze zu langsam. „Die Öffnung zwei Wochen nach Pfingsten kommt zu spät“, kritisiert Schoppers Parteifreundin aus der Opposition heraus. In Hessen sind die Klassen 1 bis 6 schon seit Mitte Mai bei Inzidenzen unter 100 im Präsenzbetrieb.
Sind Lockerungen bei der Maskenpflicht zu erwarten?
Beim Umgang mit den Masken für Schüler und Lehrer herrscht bei den Ländern seltene Einigkeit. Zwei Tests in der Woche sind überall die Voraussetzung für die Teilnahme am Präsenzunterricht. Diese „indirekte Testpflicht“ ist durch die Bundesnotbremse vorgegeben. „Vonseiten der Landesregierung gibt es aktuell keine Absicht zur Aufhebung“, erklärt ein Sprecher des Ministeriums.
Wie stehen die Lehrerverbände zur aktuellen Situation?
Karin Fetzner, stellvertretende Landeschefin vom Philologenverband, und Michael Hirn warnen vor zu schnellen Lockerungen. „Wir dürfen die Öffnungsschritte nicht überziehen“, betont Hirn. Wichtig sei Kontinuität, weil jeder Modellwechsel „sehr anstrengend ist“. Der Philologenverband sieht die Gefahr einer weiteren Welle. Fetzner verweist auf den „wesentlichen Beitrag der Schulen beim letzten Anstieg der Corona-Infektionen“.