Noch ist vieles unklar, was den möglichen Ausbau der Windkraft am Bodensee angeht. Schon weil noch kein Investor und kein Projekt ausgewählt wurde. Von dessen konkreten Plänen hängt vieles ab. Der SÜDKURIER versucht dennoch, einige Antworten zu geben.
Wie viele Investoren sind beteiligt?
Zehn Investoren haben sich um die Pacht des Geländes auf dem Schiener Berg beworben, um dort Windkraft zu nutzen. Doch offiziell bekannt ist bislang nur einer: das Elektrizitätswerk des Kantons Schaffhausen AG (EKS), das in unmittelbarer Nachbarschaft in der Schweiz auf dem Chrooberg vier Windräder projektiert hat – zuletzt stellte sich allerdings der Gemeinderat im Schweizer Hemishofenen dagegen.
Wie viele Windräder hätten auf dem Schiener Berg Platz?
Dazu machte Umweltstaatssekretär Andre Baumann bei einer Infoveranstaltung in Gaienhofen keine konkreten Angaben. Bene Müller, Chef der Singener Firma Solarcomplex, Projektentwickler für erneuerbare Energien, rechnet bei der Veranstaltung in Gaienhofen vor, dass auf den ausgewiesenen 32 Hektar Fläche drei Windräder Platz fänden, eventuell fünf. Der Grund: Windräder blockieren sich gegenseitig, wenn sie zu eng stehen.
Wie hoch wären die Windräder?
Moderne Windräder sind mindestens 200 Meter hoch – gesamt, bis zur Blattspitze. Zum Vergleich: Der Turm des Radolfzeller Münsters, höchster Kirchturm am Bodensee, ist 82 Meter hoch.
Die Nabe, an der sich die Rotorblätter drehen, befindet sich etwa auf 140 Metern Höhe. Der Schiener Berg selbst ist 716 Meter hoch. Da die Windräder auf dem Berg stehen sollen, wo der Wind am stärksten bläst, käme eine Höhe von 900 Metern über Meeresspiegel zustande – damit würden die Windräder auch alle Hegauberge überragen.
Würde die Gemeinde mit den Anlagen Geld verdienen?
Das ausgewiesene Waldgebiet gehört dem Land und liegt auf der Gemarkung der Gemeinde Öhningen. Pacht aus der Verpachtung des Geländes würde also nur das Land kassieren. Die Gemeinde könnte von Gewerbesteuern profitieren, allerdings vor allem dann, wenn die Gesellschaft, die den Windpark betreibt, auch vor Ort angesiedelt ist. Das ist weniger wahrscheinlich, sollte ein großer Betreiber den Zuschlag erhalten. Ein gewisser Prozentsatz der Einnahmen geht per Gewerbesteuerzerlegung aber so oder so an die Standortgemeinde.
Profitieren würde Öhningen auch durch die im Erneuerbare Energien-Gesetz geregelte Kommunalabgabe. 0,2 Cent pro Kilowattstunde bekommt die Gemeinde dadurch. Schwer ins Gewicht fallen die Erlöse allerdings nicht: Bei angenommenen 30 Millionen Kilowattstunden Energieproduktion kommen 60.000 Euro im Jahr zusammen.
Wie schnell kämen die Windräder?
Das Land Baden-Württemberg will die durchschnittliche Planungs- und Genehmigungsdauer deutlich verkürzen. Derzeit liegt sie zwischen fünf und acht Jahren, künftig soll es noch drei bis dreieinhalb Jahre dauern, bis Windräder stehen. Auf die Ausschreibung der Pachtflächen folgt ein Gestaltungsvertrag mit dem ausgewählten Investor.
Dann geht die eigentliche Arbeit erst los. Der Investor muss Umweltgutachten erstellen und ganz praktisches prüfen: Wie kommt man zum Gelände, welche Waldwege müssen erweitert werden und wem dafür Land abgekauft? Wie stabil ist der Boden, welches Fundament nötig? In der Regel dürfte der Investor auch eigene Messungen anstrengen, um zu erfahren, ob sich die Investition lohnt, denn die des Windatlas des Landes beruhen auf Modellberechnungen, berichtet ein Branchenkenner.
Wie werden die Projekte ausgewählt?
Zehn Gebote sind bei ForstBW eingegangen, eines bekommt den Zuschlag. Bewertet wird das wirtschaftliche Angebot (Höhe der Pacht), aber auch weiche Faktoren – zum Beispiel, ob eine Bürgerbeteiligung geplant ist. 70 Prozent der Gewichtung macht die Pacht aus. Die Auswahl trifft ForstBW, der Landesbetrieb verwaltet den Staatswald. „In den nächsten Wochen“ soll hier eine Entscheidung fallen, heißt es auf SÜDKURIER-Anfrage.