Eines Tages wird Alfio Di Mauro ein letztes Mal seinen Kollegen letztes „Ciao“ zurufen, sein weißes Hemd und die rote Krawatte ablegen und in den Ruhestand abtauchen. Höchstwahrscheinlich wird die eine oder andere Träne verdrückt werden.
Wann wird dieser Moment kommen? „So lange ich gesund bin und es mir Spaß macht und so lange ich darf, möchte ich arbeiten“, lautet seine Antwort. Seine Frau ist jünger als er, sie muss noch ein paar Jahre ran. „Spätestens, wenn sie im Ruhestand ist, möchten wir gemeinsam viel reisen. Ich habe keine Angst davor, aufzuhören.“ Reduziert hat Alfio Di Mauro seine Arbeitszeit schon. So ganz ohne geht es aber noch nicht.
Alfio Di Mauro: Seit 50 Jahren „ein Vorbild für jüngere Generationen“
Im Frühsommer 2025 ist es exakt 50 Jahre her, dass er in der Schwedenschenke auf der Mainau erstmals seine Gäste begrüßte. Heute gibt es nicht wenige Konstanzer, die, wenn sie sagten, sie gingen heute Abend zu Alfio, meinten, dass sie auf der Mainau zu Abend essen. Oder umgekehrt.
Eigentlich ist der langjährige stellvertretende Restaurantleiter 2020 bereits in den Ruhestand gegangen. Doch dann kam Corona, die Gastronomie litt besonders unter der Pandemie. Als wieder geöffnet werden durfte, fehlten Personal und Erfahrung. „Ich habe dann zum Telefon gegriffen und Alfio gefragt, ob er nicht zurückkommen wolle“, erinnert sich Gastronomiedirektor Thorben Beck.

„Er ist ein Vorbild für jüngere Generationen. Als ich vor einigen Jahren als Privatmensch mit meiner Familie hierher zum Essen kam, wurden wir von einem wunderbaren Menschen herzlich in Empfang genommen – von Alfio, wie ich später lernte. Das war eine wunderbare Erfahrung. Ein Jahr später habe ich dann auf der Mainau angefangen“, so Beck.
Für Alfio Di Mauro stand und steht immer das Wohl des Gastes im Mittelpunkt – und jeder Gast muss gleich behandelt werden: mit Respekt, Höflichkeit und Anstand. „Wenn meine Kollegen sagen: Gleich kommt ein Bus, dann sage ich immer: Nein, das sind Menschen, das sind unsere Gäste. Ein Bus – das klingt immer gleich so negativ.“
Die Menschen sollen sich im Idealfall so fühlen wie in ihrem eigenen Wohnzimmer. „Wir Kellner sind wie ein Schauspieler, der ein Skript bekommt, auf die Bühne geht, seine Leistung bringt und dafür Applaus und Geld bekommt“, beschreibt Alfio Di Mauro seinen Job.
„Das Miteinander stirbt aus“: Alfio Di Mauro vermisst den Teamgeist in der Gastronomie
Diese Einstellung vermisse er heute allerdings bei so manchem Kollegen: „Die Leidenschaft für diesen tollen Beruf geht immer mehr verloren, immer weniger wollen in der Gastronomie arbeiten.“ Früher habe sich das Restaurant seine Mitarbeiter ausgesucht, heute sei es andersherum.
„Wer will denn mittlerweile schon gerne am Wochenende arbeiten? Doch das gehört dazu: Am Wochenende wollen die Menschen rausgehen und Freude im Restaurant haben.“ Heute arbeite jeder nur für sich, der Teamgeist ließe sehr zu wünschen übrig, „das Miteinander, das stirbt langsam aus“.

Sehr gerne erinnert sich der 71-Jährige dagegen an Lennart Bernadotte, Graf von Wisborg, ab 1932 der Schöpfer der Blumeninsel, wie wir sie heute kennen. Er starb 2004 im Alter von 95 Jahren auf der Insel. „Er war ein toller Mensch, den man so nur selten findet. Er sah sich als ganz normalen Menschen, der sich einfach irgendwo hingesetzt und beobachtet hat. Gerne saß er an seinem kleinen Lieblingstisch in der Schwedenschenke.“
Den Lieblingsspruch des Grafen werde er nie vergessen: „Er hat immer gesagt. ‚Die Insel ist wie eine verwöhnte Dame – sie braucht ständig neue Kleider‘.“