Frauenfußball Mehr Drama geht fast nicht. In einem Spiel für die Ewigkeit gewannen die Fußballerinnen des SV Waldhaus den Rothaus-Bezirkspokal. In einem Spiel, in dem sie aussichtslos mit 0:3 zurück lagen. In einem Spiel, in dem scheinbar alles schief lief, was schief laufen kann. Doch dann wendete sich das Blatt. Aus dem 0:3 wurde ein 3:3 – und im Elfmeterschießen erwiesen sich die Nervenstränge als Stahlseile.
Zünftig genossen die Fußballerinnen ihren Triumph – mit allem, was dazu gehört: „Nach dem Pokalsieg wurde es reichlich spät“, verrät Trainer Marius Eckert von einer Busfahrt, die für das fröhlich feiernde Team bei einem Vatertagshock auf dem Dachsberg endete.
Gegen den Meister nie verloren
Das Erlebte wollte gefeiert und begossen werden. Schließlich liefen die Spielerinnen der Brauerei-Elf beim Pokalfinale nicht unbedingt als Favoriten auf den Platz. Mut machte ihnen einzig, dass sie gegen den Meister in der Liga ohne Niederlage geblieben waren. Das Hinspiel im Oktober gewannen sie sogar mit 2:0 im Lörracher Stadtteil und zu Hause erreichten sie ein 0:0.

Das alles zählte im Pokalfinale nicht mehr. Es nutzte auch nichts, dass der SV Waldhaus die ersten 30 Minuten bestimmte. „Wir hatten ein paar Chancen, aber das 1:0 machten die Hauingerinnen“, so Eckert, für dessen Mannschaft es noch schlimmer kommen sollte. Ausgerechnet einer seiner erfahrensten Spielerinnen schien das Pech förmlich an den Schuhen zu kleben. Vor und nach der Pause hatte Anna-Maria Cigolla gleich zwei Mal ins eigene Tor getroffen: „Fehler passieren. Die Mannschaft hat sie umgehend aufgerichtet“, sah Eckert keine Spur von Resignation.
Marius Eckerts Trümpfe stechen
Nach dem scheinbar aussichtslosen 0:3 blickte Eckert auf seine Bank, sah hier seine Trümpfe, die er im Ärmel hatte. Für den 21-Jährigen, der seit 2023 das Team trainiert, gab es nun nur noch „alles oder nichts!“ Eckert ging ins Risiko, brachte die 17-jährige Lotta Backhaus für Maja Pfeiler. Und er schickte seine spielende Co-Trainerin Celine Leusch, vor einem Jahr vom FC Hochrhein zum SV Waldhaus gewechselt, nicht auf ihre „Sechs“, sondern in die Offensive.
Frauenfußball in Zahlen
Die Wechsel zündeten. Celine Leusch flankte, Finja Voelkel traf zum 1:3, vollendete eine Minute später ein Solo zum 2:3. Tore, die ins Mark trafen: „Wir hatten sie kalt erwischt“, so Eckert: „Das waren so genannte Wirkungstreffer. Sie waren jetzt mental platt.“ Fortan bestimmte der SV Waldhaus das Geschehen: „Das 3:3 lag mehrfach in der Luft“, war Marius Eckert klar, dass noch etwas passieren würde: „In der Nachspielzeit spielte Celine den Ball in die Gasse, Lotta kam von links in den Strafraum und traf mit rechts ins kurze Eck“, beschreibt er das erlösende Tor. 3:3! Verlängerung!

„Die Elfer müssen flach ins Eck“
Ins Elfmeterschießen wollte Marius Eckert auf keinen Fall: „Ich habe befürchtet, dass das zu viel Druck für meine junge Mannschaft aufbauen könnte.“ Doch seine Spielerinnen lehrten ihn eines Besseren, trafen gleich vier Mal vom Punkt: „Ich hatte ihnen geraten, dass sie flach ins Eck schießen sollen“, verrät er das Geheimnis des Erfolges.

Als ausgerechnet Alexandra Gäbler, die den FC Hauingen in Führung gebracht hatte, ihren Elfmeter neben den Kasten von Anna Stowasser setzte, brachen alle Dämme. Unter der einer jubelnden Pyramide in Grün verschwanden sie Spielerinnen. Es wurde gejubelt, gelacht, getanzt, geweint – für die Emotionen gab es keine Grenzen mehr.
Wilde Szenen in der Kabine
Es folgten wilde Szenen in der Umkleidekabine, was unter Umständen die Fußballer des FC Zell aus dem Konzept gebracht hatte: „Die Dusche ist zwischen den beiden Umkleidekabinen. Hier feiern und duschen unsere Mädels und auf der anderen Seite sitzen die Zeller in ihrer Halbzeitpause“, lacht Eckert.
Die Party ging nach dem letzten Saisonspiel am Samstag, das mit 2:0 gegen die SG Hotzenwald gewonnen wurde, bei einer Spielerin daheim munter weiter. Deren Vater löste sein Versprechen ein. „Er sagte, dass er das Abschlussfest ausrichtet, wenn wir den Pokal holen“, erzählt Eckert vom nächsten bunten Abend, bei dem er die Trainingsbesten – Maja Pfeifer und Fabiane Priscila Leite de Souza – ebenso ausgezeichnete wie die erfolgreichsten Torschützinnen: Vanessa Brey (13 Tore), Fabiane Priscila Leite de Souza (7) und Finja Voelkel (6).

Und bei dem er Bilanz über eine ganz besondere Saison zog. Eine Saison mit einem Triumph, der in den kühnsten Träumen seiner Spielerinnen nicht vorkam: „In meinem ersten Jahr wurden wir noch Drittletzter“, blickt Eckert zurück: „Aber in dieser Saison ist das Team enorm zusammengewachsen.“
Es wäre sogar der Meistertitel – und damit das „Double“ – drin gewesen, wäre nur eines der fünf Remis-Spiele gewonnen worden. Nun spielt der SV Waldhaus als Vize um den Aufstieg in die Landesliga: „Werden die Spiele gegen die Vizemeister aus dem Schwarzwald und vom Bodensee ausgetragen, wollen wir rauf – aber nur sportlich“, gibt Eckert das Ziel vor: „Entfällt die Relegation, bleiben wir in der Bezirksliga.“
Zwei neue Spielerinnen werden kommen
Dann soll es eben 2026 klappen. Neuzugänge gibt es, zwei Zusagen liegen vor: „Sie kommen unabhängig von der künftigen Liga“, so Eckert, in dessen Kader fast nur Spielerinnen aus der Umgebung – links und rechts der B500 – zu finden sind. Auf ansehbare Zeit rücken Spielerinnen aus den von Johannes Bächle trainierten B-Juniorinnen nach.

Jener Johannes Bächle, dessen Nachfolge Eckert vor zwei Jahren antrat: „Er meinte, dass ich ihn ablösen könnte, wenn ich sowieso da bin, um meiner Freundin Finja zuzuschauen.“ Der Birkinger war überrascht, nahm das Angebot aber an und organisierte sich so, dass er parallel weiterhin für die „Zweite“ des SV Buch spielen kann.
Seinen eigenen Weg im Fußball sieht Marius Eckert vorgezeichnet: „Wenn ich meine Ausbildung in der Schweiz zum Chemie- und Pharma-Technologen abgeschlossen habe, werde ich auf jeden Fall den Trainerschein machen.“