Nur noch wenige Brote liegen in der Auslage, Brötchen und Kuchen sind fast ausverkauft. In zwei Stunden schließt das Cafe Schmatz am Dorfplatz in Bitzenhofen. Ein Stammgast trinkt gemütlich seinen Kaffee. Er hat 1,60 Euro für die kleine Tasse bezahlt. Die große kostet 2 Euro, genau so viel wie ein Cappuccino oder eine Latte Macchiato. Dazu ein Stückchen Erdbeertorte für 2,30 Euro? Oder lieber eine Butterseele für 1,60 Euro? So viel hat der schwäbische Klassiker auf dem Tisch schon vor fünf Jahren bei einem SÜDKURIER-Test in Bäckereien in Friedrichshafen im Schnitt gekostet.

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Dass ihre Preise günstig sind, wissen Karin und Rainer Schmatz, die das Café betreiben. In den Bäckereien und Cafés rundherum ist es um einiges teurer geworden. Wie machen sie das? „Wir haben auch aufgeschlagen, aber nur zehn bis 20 Cent pro Teil“, sagt Karin Schmatz, die seit dreieinhalb Jahren hinter der Theke steht. Und damit genau so viel, wie ihr Lieferant die Preise erhöht hat, die Traditions-Bäckerei Stefan Müller in Kehlen. „Wir nehmen die Müller-Preise, nicht mehr und nicht weniger“, sagt Rainer Schmatz. Geschäftsprinzip.

Ladengeschäft im Nebenberuf

Und der Kaffee? Das Betreiber-Ehepaar lacht. „Wir müssen nicht davon leben“, sagt Rainer Schmatz, der hauptberuflich bei Waldner in Wangen, einem Maschinenbaubetrieb, schafft. Er holt etwas weiter aus. Hätten sie bei der Übernahme der kleinen Bäckerei im Januar 2019 eine Gastro-Kaffeemaschine anschaffen müssen, hätte das einige Tausender gekostet. So war nicht nur das ganze Inventar im Laden, sondern auch eine gute Maschine da. Außerdem hätten sie keine Personalkosten, weil sie alles selber machen. Und auch der Vermieter sei ein Klasse-Typ, der nicht voll zulange. „Dann kann man natürlich ganz anders kalkulieren“, erklärt Rainer Schmatz die Preise. Das hat sich trotz versteckter Lage herumgesprochen. Morgens kommen inzwischen sogar die Laster vom Möbel-Rundel aus Ravensburg, weil die Männer hier erst einmal gemütlich und günstig frühstücken.

Ob Capuccino, großer Kaffee oder Latte: Mit dem Stück Erdbeertorte kostet das Gedeck 4,30 Euro.
Ob Capuccino, großer Kaffee oder Latte: Mit dem Stück Erdbeertorte kostet das Gedeck 4,30 Euro. | Bild: Cuko, Katy

Rundherum setzen die gestiegenen Preise den Handwerks-Bäckern enorm zu. Allein Mehl sei zeitweise bis zu 70 Prozent teurer geworden als vor Ukraine-Krise, teilt der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks mit. Zusammen mit den Mehrkosten für Energie und andere Rohstoffe seien die Produktionskosten um ein Drittel gestiegen. Es werde „mit sehr spitzer Feder kalkuliert“, weil die Steigerungen wegen des Kaufkraftverlust nicht eins zu eins an die Kunden weitergegeben werden können. Trotzdem wird die Preisdifferenz zum Discounter mit Backwarenregal noch größer.

Klein und günstig

Dass Stefan Müller günstiger verkaufen kann, hat seine Gründe. Er führt die kleine, aber feine Familien-Bäckerei in Kehlen in vierter Generation, hat neben dem Hauptgeschäft heute nur noch eine Filiale in Meckenbeuren. „Wir haben wenig Personal, Verwaltung und Vertriebskosten. Da spare ich viel Geld“, sagt Stefan Müller. Freilich müsse auch er für Mehl oder Butter mehr bezahlen als noch vor einem halben Jahr. Aber wenn man zu stark an der Preisschraube drehe, blieben die Kunden weg. „Noch kommen wir klar“, sagt Stefan Müller. Er will die Entwicklung bis zum Herbst abwarten. „Kann sein, dass dann noch mal ein kleiner Aufschlag kommt.“

Karin und Rainer Schmatz in ihrem Backshop, der in Bitzenhofen das einzige Ladengeschäft ist.
Karin und Rainer Schmatz in ihrem Backshop, der in Bitzenhofen das einzige Ladengeschäft ist. | Bild: Cuko, Katy

Das Ehepaar Schmatz scheint von all den Problemen weit weg. Sie sagen, dass die Entscheidung, 2019 den Bäckerladen im Teuringer Ortsteil zu übernehmen, die beste war, die sie treffen konnten. „Dabei war das eine Schnapsidee beim Straßenfest“, erzählt Karin Schmatz. Seit sieben Jahren wohnen sie zur Miete über dem einzigen Ladengeschäft in Bitzenhofen. Beim Straßenfest bekamen sie mit, dass der Kehlener Bäckermeister seine Filiale aufzugeben gedenkt, weil die Verkäuferin nach 20 Jahren in Rente geht. Karin Schmatz, die wegen der drei Kinder zuhause geblieben ist, war ohnehin auf der Suche nach einem 450-Euro-Job, um wieder raus und unter Leute zu kommen. Und so entschied sich das Ehepaar wenige Wochen vor der drohenden Schließung, den Laden zu übernehmen – quasi im Nebenberuf.