Luisa Bürkle sitzt auf dem Kiel einer Boesch 510. Mit einer Abziehklinge bearbeitet sie die Längsstringer, die den Rumpf des 60 Jahre alten Boots verstärken. Der Geruch von Lack mischt sich mit jenem von altem Holz.

Für die 20-Jährige ist das Arbeitsalltag. Seit eineinhalb Jahren lernt sie in der Keller-Werft in Überlingen das Handwerk der Bootsbauerin. Hier, in der Werkstatt neben den Hallen des Winterlagers, werden Boote aller Art wieder in Schuss gebracht: von historischen Holzbooten über moderne Segelyachten bis hin zu Hightech-Booten aus Kohlefaser.

Vom Segelclub in die Werft

Die Wahl ihres Jobs war für Luisa Bürkle naheliegend. „Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht“, sagt die 20-Jährige bei einem Treffen mit dem SÜDKURIER. Schon mit neun Jahren entdeckte Bürkle ihre Leidenschaft fürs Segeln – ein Familienhobby, das über Generationen weitergegeben wurde. Ihr Großvater hatte in seiner Freizeit Kajaks gebaut und mit Luisa und ihren Geschwistern an kleinen Projekten gewerkelt. Ihre Mutter, ebenfalls Seglerin, gab ihr das Wissen und die Begeisterung weiter.

Aufgewachsen in Stuttgart, trat Luisa Bürkle einem Segelclub bei und begann, an ihrer eigenen kleinen Jolle zu basteln. „Mir war schon in der Realschule klar, dass ich etwas Handwerkliches machen will“, erinnert sie sich. Nach dem Abitur bewarb sie sich spontan bei der Keller-Werft. „Das war genau die richtige Entscheidung“, sagt sie heute.

In ihrer Freizeit nimmt Luisa Bürkle regelmäßig an Segel-Regatten teil.
In ihrer Freizeit nimmt Luisa Bürkle regelmäßig an Segel-Regatten teil. | Bild: Maike Stork

Luisa Bürkle klettert von dem Schweizer Motorboot, das in der Werft einen neuen Rumpfboden erhalten soll. Sie klopft sich die staubige Hose ab. Der Umzug in die Region sei ihr leicht gefallen, sagt sie. Durch ihre Segel-Regatten kannte sie den Bodensee bereits gut. Und nun hat sie ihn quasi vor der Haustür. „Es macht so viel Spaß, hier zu wohnen“, schwärmt die 20-Jährige.

Großprojekte in Millionenhöhe

Die Ausbildung zur Bootsbauerin dauert in der Regel dreieinhalb Jahre. Dabei gleicht kein Tag dem anderen, wie Bürkle berichtet. Zwar gibt es saisonal wiederkehrende Arbeiten wie das Ein- und Auswassern von Booten, doch „jeder Tag ist ein bisschen anders“, erklärt sie.

Ihre Aufgaben reichen vom Schleifen und Lackieren bis zur Reparatur von Holz oder der Demontage von Beschlägen. Jeder Kunde habe individuelle Vorstellungen, so die 20-Jährige, und jedes Boot habe seine Eigenheiten. Manche sind über 100 Jahre alt und erfordern monatelange Arbeit, teils sogar bis zu eineinhalb Jahren. Aber auch moderne Boote, bis zu zwölf Tonnen schwer und eine Million Euro wert, werden von Luisa Bürkle und ihren Kollegen auf Vordermann gebracht.

Boote wie dieses kauft die Keller-Werft als sogenannte Projektboote auf und restauriert sie nach den individuellen Wünschen von Liebhabern.
Boote wie dieses kauft die Keller-Werft als sogenannte Projektboote auf und restauriert sie nach den individuellen Wünschen von Liebhabern. | Bild: Maike Stork
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Der Bodensee ist ihr Arbeitsplatz

Im Sommer tauscht die 20-Jährige die Werkstatthalle gegen die Häfen rund um den Bodensee. „Da sind wir wie der ADAC im Wasser“, sagt sie und lacht. Die Keller-Werft am See bietet einen Arbeitsplatz mit ganz besonderem Charme: In der Mittagspause kann sie vom Steg aus ins Wasser springen oder mit Kollegen nach Feierabend auf den See fahren.

Vor allem aber schätzt sie das Miteinander: „Man macht hier nie etwas allein, sondern immer im Team.“ Es ist genau diese Mischung aus Handwerk, Teamgeist und der Nähe zum Wasser, die den Beruf für sie so besonders macht.

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Der Traum vom selbst gebauten Boot

Nach der Ausbildung hat Bürkle vor allem ein Ziel: „Ich würde mir gern mein eigenes kleines Boot bauen.“ Außen soll es weiß oder grau sein, innen mit Details in pink oder türkis. Bis dahin wird sie wohl noch viele Längsstringer schleifen und Bootsrümpfe lackieren. Für sie sind diese Aufgaben jedoch mehr als nur Arbeit – sie sind Ausdruck ihrer Leidenschaft für den Bootsbau.