Verärgert zeigt sich die SPD-Kreistagsfraktion über die Aussage von Verkehrsminister Winfried Hermann (Die Grünen), wonach die beiden Landkreise Konstanz und Bodenseekreis einen hohen Anteil an den Kosten für Ausbau und Elektrifizierung der Bodenseegürtelbahn selbst stemmen müssten. Auch Hermanns Hinweis, dass am Bodensee „sich nicht gerade die ärmsten Kommunen der Republik“ befänden, bezeichnete Fraktionsvorsitzender Norbert Zeller als „sarkastisch“.
Grüner Verkehrsminister sieht Bund in der Pflicht
Hermann äußerte sich an verschiedenen Stellen zur Mitfinanzierung des Schienenausbaus. Unter anderem bei einem Stopp während einer Radtour auf dem Bodenseeradweg. Zunächst kritisierte er, dass der Bund die Finanzierung von Schienenwegen auf Kommunen und Länder „abdrückt“. Er interpretiere das Grundgesetz anders, demnach müsse sich der Bund zu 100 Prozent um den Schienenausbau kümmern. Den Ausgang eines Verfassungsstreits wolle er aber nicht abwarten, sonst passiere nämlich gar nichts.

Hermann räumte ein, dass der Bund das Gemeindefinanzierungsgesetz änderte, mit dem nun auch überregionale Projekte gefördert werden – wie der Ausbau der Bodenseegürtelbahn. Seine Beiträge habe der Bund ungefähr versechsfacht. „Das ist schon mal nicht schlecht.“
Hermann sagte zur Mitfinanzierung der Kommunen: „Wenn die kommunale Ebene die 20 Prozent nicht bringen kann, gibt es ein Problem.“ Denn die Finanzierung der 20 Prozent hätten auch andere Kommunen geschafft, „die nicht so reich sind“.
Er unternehme alles dafür, „damit das Projekt vorankommt“. Doch den Bodenseeanrainern müsse klar sein, dass bei der Mitfinanzierung durch das Land nach einer Lösung gesucht wird, „die im ganzen Land gilt und nicht nur hier“. Andere Kommunen hätten auch viel zahlen müssen. „Die werden uns dann den Vorwurf machen, ‚uns habt ihr hängen lassen und den Bodensee, wo sie vor Geld nicht laufen können, da gebt ihr noch was dazu“.
„Wer sich einen Flughafen leisten kann, kann auch ein bisschen etwas für den Zug zahlen.“Winfried Hermann
Landtagsabgeordneter Martin Hahn, Grüner Parteifreund Hermanns, versuchte, den Minister zu bremsen und zu relativieren: „Wir haben die Südbahn nach dem gleichen Modell elektrifiziert.“ Er sei froh, dass die Gürtelbahn als Vorzugsvariante eingestuft wurde. Entlang ihrer Strecke gebe es Kommunen wie Friedrichshafen, bei denen die Mitfinanzierung „leichter geht, aber wir haben auch viele touristische Gemeinden, in denen der Haushalt nicht so schön ist die wie Landschaft drum herum“. Die Antwort Hermanns: „Wer sich einen Flughafen leisten kann, kann auch ein bisschen etwas für den Zug zahlen.“
SPD-Fraktionschef sieht Gesamtprojekt gefährdet
Die SPD-Kreistagsfraktion zeigt sich empört. Beide Landkreise hätten deutlich gemacht, dass sie nicht in der Lage sind, 120 Millionen Euro für eine Maßnahme zu stemmen, für die sie eigentlich gar nicht zuständig seien. „Die Landkreise haben 75 Prozent der Vorplanung finanziert, das Land hat sich gerade mal mit 25 Prozent beteiligt“, so die Aussage von Fraktionschef Norbert Zeller in einer Pressemitteilung.
SPD sieht das Land vollständig in der Pflicht
Da die Landkreise nicht für den Schienenverkehr zuständig seien, müsse das Land Baden-Württemberg die Finanzierung der nicht über Bundesmittel abgedeckten Kosten vollständig übernehmen, fordert die SPD. Dabei bezeichnete Zeller den Hinweis von Hermann, dass der Ausbau dringend nötig sei und das Land zu dem Projekt stehe als „reine Lippenbekenntnisse“. Andere Bundesländer wie Bayern würden sich bei den sogenannten GVFG-Projekten stärker engagieren. Ohne mehr Geld vom Land sehe die SPD das Projekt Ausbau und Elektrifizierung der Bodenseegürtelbahn als „hoch gefährdet“ an.

Der verkehrspolitische Sprecher der SPD im Landtag, Hans-Peter Storz aus Singen, sagte, dass es „nicht hilfreich“ sei, wenn sich der Minister über die gute finanzielle Lage der Städte und Kreise im Süden des Landes auslasse. „Die SPD verlangt von Verkehrsminister Winfried Hermann, keine Pokerspiele über die Finanzierung zu veranstalten, sondern den Kreisen ein tragbares Hilfsangebot zu machen.“