Auf dem Hof der Familie Schiller in Grünwangen hat Hans-Jörg Schiller alle Hände voll zu tun: „Wir haben Arbeit und schaffen wie bisher, aber es gibt durchaus das Abstandsproblem. Gerade, wenn Milch abgesaugt wird, dürfen nur zwei Leute im Raum sein.“ Indirekte Auswirkungen gebe es auch durch verschobene Absatzwege im Milchmarkt. Es gebe logistische Probleme, weil der Milchgroßhandel kaum Milch abnehme und dafür der Verbraucher mehr im Supermarkt kaufe. Das bedeute kostenträchtige Umstellungen in den Molkereien.
Preise für Milch und Fleisch gesunken
Und auch verschiedene Märkte, etwa Italien, seien weggebrochen. Das sorge für Druck auf den Milchpreis, der um etwa zehn Prozent gesunken sei – zu Lasten der Bauern. „Aber wir jammern nicht, weil die Milch bisher gut bezahlt wurde“, betont Schiller. Auf der anderen Seite sei der Fleischpreis insgesamt um vielleicht zehn bis 20 Prozent gesunken. Das liege daran, dass das Edelfleisch der Rinder nicht an die lahmgelegte Gastronomie verkauft werden könne und der Verbraucher nicht bereit sei, im Handel die höheren Preise für Edelfleisch zu bezahlen. In der Folge hätten sich auch die Absatzwege der Schlachthöfe für Fleisch verändert.
Drittes Dürrejahr in Folge
Das Futter für seine 65 Milchkühe und ungefähr genausoviele Nachzuchttiere gewinnt Hans-Jörg Schiller zu 90 Prozent aus seinen zirka 65 Hektar landwirtschaftlicher Fläche, etwa Grünfutter, Silomais, Heu und Getreide. Die restlichen zehn Prozent werden zugekauft. Dieser Anteil wird sich in diesem Jahr deutlich erhöhen, weil durch die Dürre weit weniger eigenes Futter geerntet werden kann, erklärt er: „Wir haben jetzt das dritte Dürrejahr in Folge und es wird jedes Jahr schwieriger, weil das Grundwasser fehlt. Die Gräben auf den Feldern sind schon jetzt am Versiegen wie sonst erst im Sommer.“
Der erste Wuchs beim Grünland habe bereits gemäht werden müssen, um hochwertiges Futter zu bekommen. Aktuell werde Futtermais ausgesät, aber wenn zu wenig Feuchtigkeit da ist, gebe es kein vernünftiges Wachstum. Es komme jetzt darauf an, ob es einen nassen Mai gibt, der die fehelende Feuchtigkeit ausgleicht, sonst werde es noch schlechter als im vergangenen Jahr, prognostiziert der Landwirt.
Frostnächte schädigen Blüten von Apfelbäumen
Für den Obstbauern Achim Kotte ist die Trockenheit im Moment noch nicht das große Problem: „Standfeste, ältere Bäume stecken die Trockenheit gut weg. Allerdings kann man die Nachwirkungen durch den Trockenstress nicht voraussagen, die Bäume können die Äpfel abwerfen, wenn es zu trocken ist.“ Schwieriger seien die Folgen durch die Frostnächte kurz vor der Apfelblüte mit bis zu minus vier Grad Celsius. Dadurch seinen 20 bis 50 Prozent der Blüten geschädigt worden – allerdings reichten bei einem voll blühenden Baum etwa zehn Prozent der Blüten für eine gute Ernte.

Problematisch sei auch die Situation bei den Erntehelfern, von denen Kotte rund 15 pro Saison beschäftigt. Es ändere sich von Woche zu Woche, wer nun nach Deutschland rein darf und wer nicht. „Wir erledigen derzeit alle Arbeiten mit der ganzen Familie“, erzählt Kotte. „Wir haben 3000 neue Bäume mit den Kindern gepflanzt.“ Schwieriger werde es ohne Helfer, wenn nach Ende der Baumblüte die Hagelnetze schnell gespannt werden müssen.
Swingolf-Anlage wird auf schrittweise Wiedereröffnung vorbereitet
Zur Absicherung des Obstanbaus hat Achim Kotte schon vor Jahren die Swingolf-Anlage in Wendlingen aufgebaut. Da diese aktuell coronabedingt geschlossen ist, widmet er sich jetzt verstärkt dem Obstbau. Allerding fallen die Einnahmen durch die Anlage weg, die Fixkosten laufen aber weiter. „Wir haben eine Förderung in Höhe von 9000 Euro erhalten, aber die ist für vorbereitende Arbeiten schon längst aufgebraucht“, erklärt er. So habe man beispielsweise Plexiglasscheiben zum Schutz für Besucher und Personal beschafft, den Sanitärbereich umgebaut, kontaktloses Bezahlen eingerichtet und Video-Einweisungen vorbereitet, um für eine schrittweise Wiedereröffnung gerüstet zu sein.
Wirtschaftliches Auf und Ab für viele Betriebe
Andrea Müller von der Käserei „Natürlich vom Höchsten“ sieht die aktuelle Situation so: „Wer, wenn nicht die Landwirte, ist darauf trainiert, mit unvorhergesehenen Situationen umzugehen? Für die Landwirtschaft sind die Auswirkungen von Corona sehr unterschiedlich. Gewinnen tun sicher die Betriebe, die ihre erzeugten Lebensmittel selbst vermarkten und in den Handel bringen. Weggebrochen sind die Gastronomiekunden und Ferienwohnungen, die zum Teil einen beträchtlichen Teil der Wirtschaftlichkeit einiger Betriebe ausmachen.“ Es sei ein Auf und Ab. Mal gebe es enorm viele Bestellungen, mal stehe alles still.

Und trotzdem ist es Frühjahr und die Arbeiten draußen sind in vollem Gange. Einige Stunden am Tag werde einfach gearbeitet, ohne dass Corona irgendetwas daran ändere, erzählt Andrea Müller. „In diesen Stunden geht man mit den Fragen um: Wie viel Wasser wird‘s geben? Wird das Futter über den nächsten Winter reichen? Geht die Saat auf? Was kommen da wieder für Aufgaben für die Kinder aus der Schule? Und in dem Ganzen sind alle zu Hause, Kleine, Große, Junge, Alte und eine innige Menschlichkeit entsteht, die so noch nie da war.“