Hegau – Die Hegauer Landwirte brauchen dringend Regen. Er setzt in diesen Tagen zumindest spärlich ein. Die lange Trockenheit belastet die Böden der Wiesen und Äcker. Sie bremst das Wachstum von Gras und Getreide. Es drohen empfindliche Ernte-Einbußen. „Im gesamten Landkreis Konstanz leiden die Böden besonders durch ihre Beschaffenheit unter der Trockenheit. Das betrifft auch den Hegau“, erklärt Peter Graf, Kreisvorsitzender des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbandes. In bestimmten Landstrichen gebe es Unterschiede. Talsohlen wiesen beispielsweise eine bessere Bodenqualität als hügelige Gebiete auf.
Gras wächst schlecht
„Wenn der lang ersehnte Regen häufiger und intensiver einsetzt, können die zu erwartenden Ernte-Verluste beim Heu und Getreide etwas erträglicher werden“, sagt Graf, der die Prognose aus eigener Erfahrung und nach Gesprächen mit bäuerlichen Kollegen wagt. So stehe die Ende Mai anstehende Heuernte durch ein schlechtes Gras-Wachstum unter keinem guten Stern. Und die fehlende Reife belaste die Einbringung des Wintergetreides. Bei der Ernte von Sommerweizen und -gerste könne einsetzender Regen bereits vorhandene Schäden noch begrenzen.

„Eine Überraschung gab es vor zwei Jahren, als lange Zeit eine extreme Trockenheit herrschte. Die Erträge fielen zwar geringer als üblich aus. Die Qualität war aber umso besser. Das trockene Wetter verhinderte den Pilzbefall, sodass es kaum zu Ernte-Ausfällen kam“, so Graf.
Und wie greift die Corona-Krise in die Landwirtschaft ein? „Das ist sehr zwiespältig. Auf der einen Seite finden frische Produkte der Direktvermarktung – wie Milch – eine große Nachfrage. Auch Kartoffeln verzeichnen einen reißenden Absatz, wie durch die Anlieferung in Einkaufsmärkte. Der Export von hochwertigen Produkten, die das meiste Geld erzielen, wird aber drastisch sinken, da viele Märkte durch die Krise wegbrechen“, zeigt Graf auf. Er erwartet auch, dass der Milchpreis sinkt. Er liege jetzt schon teils unter 30 Cent pro Liter.
Rückzug der Viehhaltung
Graf hält in seinem Hof etwa 110 Kühe samt Nachzucht und bewirtschaftet eine Fläche von knapp einhundert Hektar. Der Verbandschef sieht einen weiteren Rückzug bei der Viehhaltung. Er wertet dies vor allem als Generationsproblem. Die Nachkommen von Landwirten seien kaum noch bereit, die Betriebe zu übernehmen. „Dazu kommt, dass durch Vorschriften nötige technisch komplizierte Arbeiten ausgeführt müssen, wie bei der Ausbringung der Gülle“, so Graf.
„Wenn in den nächsten Tagen und Wochen nicht ziemlich viel Regen fällt, drohen erhebliche Verluste“, erklärt Emil Veit, der im Engener Stadtteil Anselfingen einen landwirtschaftlichen Hof betreibt. Er hält etwa 70 Stück Vieh, Mutterkühe und Mastrinder. Veit bewirtschaftet um die 70 Hektar Wiesen- und Ackerland. „Wie fast jedes Gewerbe, bleibt auch die Landwirtschaft von der Corona-Krise noch verschont. Die Erzeugerpreise für Rindfleisch fallen, da vor allem Abnehmer aus der Gastronomie und anderen Lebensmitteln-Branchen fehlen.
„Die Wintergerste ist am Verdursten und auch das Sommer-Getreide leidet unter der Trockenheit, in dem der Reifeprozess stockt“, beschreibt Veit. Das Gras wachse rückwärts, sodass auch bei der anstehenden Heu-Ernte erhebliche Einbußen drohten.
„Es ist zu befürchten, dass wie vor zwei Jahren, als ebenfalls eine lange Dürre-Periode herrschte, nur die Hälfte der normalen Heu-Ernte eingefahren werden kann“, so Veit. Auf seinem Hof produziert er eigenes eiweißhaltiges Futtermittel, wie Körner-Erbsen, um nicht Substanzen wie Soja aus weit entfernten Länden zukaufen zu müssen. Veit geht davon aus, dass er auch die Ernte der Körner-Erbsen nicht im geplanten Umfang einfahren kann. Er will aber nicht klagen. „Jeder Landwirt muss die Situation so annehmen, wie sie ist und wirtschaftlich das Beste daraus machen“, lautet Veits Devise.
Obstbauer gibt sich optimistisch
Der Hilzinger Bio-Bauer Thomas Hägele hegt die Hoffnung auf eine gute Ernte seiner Äpfel, wenngleich etwa 25 Prozent davon dem Frost zum Opfer gefallen sind. Er bewirtschaftet eine Anbaufläche von 5,5 Hektar und erntet im Schnitt um die 100 Tonnen Äpfel. Hauptabnehmer sind Schulen und Kindergärten in einem großen Umkreis durch ein eigens aufgelegtes Ernährungsprogramm.
„Die große Unbekannte ist für uns, wann die Schulen und Kindergärten wieder öffnen. Je länger dies nicht der Fall, desto mehr bleiben wir auf den im Vorjahr geernteten Äpfeln sitzen“, erklärt Thomas Hägele. Er beliefert auch einige Tankstellen, Marktbeschicker und Hofläden. „Mit den Schulen und Kindergärten machen wir monatlich um die 12.000 Euro Umsatz. Der bricht derzeit weg“, so Hägele.