Ulrich Baum vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) ist gemeinsam mit Barbara Kunst für den Fahrradgebrauchtmarkt in der Festhalle in der Scheffelstraße zuständig. Wie der Experte erklärt, sollten Käufer eines gebrauchten Fahrrads auf jeden Fall Probe fahren, bevor sie sich für ein Rad entscheiden. "Es muss passen und das findet man nur heraus, indem man selber fährt."
Beim Markt des ADFC Friedrichshafen stehen die Mitglieder den Kunden im Probeparcours beratend zur Seite. "Wenn ein Fahrradsattel etwa zu hoch oder tief eingestellt ist, sagen wir das den Leuten direkt", erklärt Ulrich Baum. Eine technische Überprüfung der Fahrräder kann das Team des ADFC aufgrund mangelnder Kapazitäten nicht anbieten. "Wenn Fahrräder zu uns kommen, schauen wir einmal kurz drüber und lehnen im sehr seltenen Fall auch mal Fahrräder ab", sagt Baum.
Insgesamt wechselten bei der Fahrradgebrauchtbörse 268 Räder die Besitzer. Fünf Käufer erzählen, was sie an dem Angebot schätzen und welche Kriterien ihnen bei der Auswahl wichtig sind.
Vanessa Fetahi: Ein Einrad für 10 Euro
Vanessa Fetahi hat von ihrer Mutter ein Einrad geschenkt bekommen. "Mein altes Einrad ist leider kaputtgegangen, deswegen wollte ich gerne ein neues", erzählt die Elfjährige. Für Mutter Aneta Fetahi gab es außerdem ein neues Fahrrad. "Insgesamt habe ich 130 Euro bezahlt. Das Einrad hat nur 10 Euro gekostet", sagt sie. Sie vermutet, dass sie für ein vergleichbares neuwertiges Fahrrad um die 250 Euro gezahlt hätte. "Es ist zwar wirklich viel los in der kleinen Halle, aber es lohnt sich. Ich denke, dass jeder etwas für sich finden kann." Beim Kauf hat Fetahi vor allen auf den äußeren Zustand geachtet. Außerdem hat sie die Bremsen getestet – indem sie das Fahrrad kurz ausprobiert hat: "Ich glaube, ohne eine Probefahrt hätte ich kein Rad gekauft. Das ist mir schon ziemlich wichtig", sagt Fetahi.
Timon Busse: Der Preis muss stimmen
Timon Busse ist vor Kurzem mit seiner Freundin nach Friedrichshafen gezogen. "Wir haben eigentlich schon alles, nur Fahrräder haben noch gefehlt – einfach, um mal kurz zum Einkaufen oder zur Arbeit zu fahren. Natürlich kann man bei schönem Wetter auch mal eine kleine Tour am See machen", erklärt der 26-Jährige. Bei seiner Suche hat Busse hauptsächlich auf den Preis geachtet. Für beide Räder hat er nicht einmal 100 Euro gezahlt. "Ich bin gar nicht erst Probe gefahren und hoffe jetzt, dass alles funktioniert", sagt der junge Mann. Wenn nicht, sei das aber auch kein Problem: "Ich habe so wenig gezahlt, da kann ich auch noch ein bisschen Geld in mögliche Reparaturen stecken." Er freue sich schon jetzt auf seinen ersten Fahrradausflug mit seiner Freundin.
Familie Rudhart: Räder für die Zukunft
Familie Rudhart hat sich im Vorfeld gut informiert: "Wir wollten keine Räder, die nach einem Jahr hinüber sind. Deswegen haben wir uns ausführlich informiert", sagt Anja Rudhart (links). Sowohl das Fahrrad für ihre Tochter Pauline als auch das für sie selbst hat die Mutter vor dem Kauf gründlich unter die Lupe genommen. "Zustand, Ausstattung und eben das Preis-Leistungs-Verhältnis müssen stimmen. Da bringe ich gerne viel Zeit mit." Für die beiden Fahrräder hat sie 850 Euro gezahlt. "Das Rad für Pauline ist sehr nah am Neupreis, aber auch in einem ausgezeichneten Zustand. Und das Fahrrad, das ich mir ausgesucht habe, hätte neu dann doch etwas mehr gekostet", sagt Rudhart. Sie sei sich sicher: "An dieser Investition werden wir langfristig unsere Freude haben."
Familie Brenzler: Familienausflug mit Schnäppchenkauf
Familie Brenzler (Vater Thomas, Mutter Stefanie sowie die Kinder Jonas und Johanna) aus Tettnang hat ihren Familienausflug nach Friedrichshafen mit einem Schnäppchenkauf verbunden. Oberste Priorität hat dabei laut Thomas Brenzler vor allem eines: Den Kindern muss es gefallen. Tochter Johanna ist zufrieden mit der Ausbeute: "Ich habe ein rosa Fahrrad bekommen und sogar noch einen Cityroller." Mit dem Roller sei sie ein bisschen mehr Probe gefahren als mit dem Fahrrad, erzählt sie.
"Aber ohne eine kleine Probefahrt hätte ich nichts gekauft", sagt ihr Vater. Für das Rad hat er 40 Euro gezahlt, für den Roller 10. "So ein Schnäppchen macht man auch nicht alle Tage", findet der Familienvater. Auf die Veranstaltung selbst blickt Thomas Brenzler kritisch. Es sei sehr viel los und "einer hat mir einfach ein Rad vor der Nase weggeschnappt". Da es ihn aber wenig gekostet habe, könne er darüber hinwegsehen. "Gerade, wenn man Kinderfahrräder kaufen will, ist das eine echte Alternative zu einem viel teureren neuen Rad."

Familie Droste: Nachhaltigkeit spielt wichtige Rolle
Helene Droste und ihr Vater Ingo sind zum Fahrradgebrauchtmarkt nach Friedrichshafen gekommen, weil sich die Sechsjährige ein Rad mit Gangschaltung wünscht. "Fahrradfahren macht mir sehr viel Spaß", erzählt sie. Neben dem preislichen Vorteil, den ein gebauchter Drahtesel mit sich bringt, geht es Vater Ingo Droste auch um das Thema Nachhaltigkeit, wie er erklärt: "Kinder wachsen schnell und jedes Mal ein neues Fahrrad zu kaufen lohnt sich einfach nicht." Fahrräder seien langlebige Produkte, die nicht nach nur einem Jahr "durchgefahren" seien.
Das Modell, für das sich Vater und Tochter schließlich entscheiden, kostet 65 Euro. Beide sind sichtlich zufrieden: "Es ist in meinen Augen ein sehr, sehr fairer Preis. Neu hätte es sicherlich 200 bis 300 Euro gekostet", sagt Ingo Droste. Er ist sich sicher, dass das gut erhaltene Kinderfahrrad nicht sein letztes Schnäppchen beim Gebrauchtmarkt des ADFC war. "Ich finde die Veranstaltung super. Bestimmt sind wir in spätestens zwei Jahren wieder hier", sagt er.