Seit der Mittagszeit sind nach und nach einzelne Autos herausgefahren worden. Dafür hat ein Statiker am Montagnachmittag grünes Licht gegeben. Bis die Tiefgarage wieder eröffnet werden kann, werden nach Einschätzung von Norbert Schültke, Bereichsleiter Mobilität beim Stadtwerk am See, aber Monate vergehen. Ob die Sanierungsarbeiten noch in diesem kaum begonnenen Jahr abgeschlossen werden können, ist unklar. Das Licht funktioniert erst in einzelnen Abschnitten wieder. Jenen Abschnitten, in denen am Sonntag kein Auto brannte. Die Schäden an den drei Stellen, an denen insgesamt sechs Autos in Flammen standen, sind derzeit nur im Schein eines Strahlers auszumachen.
Wo oberirdisch ein Abschnitt der Karlstraße abgesperrt ist, haben die Flammen unterirdisch wohl am heftigsten gewütet. Hier, direkt im Einfahrtsbereich, sind zwei Elektroautos verbrannt.

Zunächst werden hier Stützen zum Einsatz kommen, vermutet Schültke. "Aber wir werden wohl auch einen Teil des Trägers austauschen müssen", sagt er und deutet auf die Parkplätze für Elektrofahrzeuge. "Die sind Autos regelrecht mit dem Parkhaus verschmolzen." Die Ladevorrichtung an der Wand dahinter ist nur noch vage zu erahnen.
Nähere Untersuchungen des Parkhauses am See sollen noch in dieser Woche folgen. Nach einer ersten Einschätzung geht Norbert Schültke aber von einer Schadenssumme im sehr hohen sechsstelligen Bereich aus – eher sogar im siebenstelligen.
Schäden bis zur dritten von fünf Ebenen
Erst ab der dritten von fünf Ebenen ist Schültke zufolge sozusagen"alles in Ordnung". Im unteren Teil des Parkhauses zeug also nur Dreck von den Autobränden. Etwa die Hälfte des Parkhauses sei aber mitunter stark beschädigt. Die technischen Anlagen seien zerstört worden, stellenweise wurde die Bausubstanz in Mitleidenschaft gezogen, teilweise haben Verrußungen für Schäden gesorgt.

Etwa 15 bis 20 Autos stehen noch in der Stille der Tiefgarage. „Vereinzelt bleiben sie stehen, bis die Versicherung einen Experten zur Begutachtung geschickt hat", sagt der Mobilitätsverantwortliche des Stadtwerks.
Das Wohn- und Geschäftshaus, in dem in der Karlstraße am Sonntag das Erdgeschoss ausgebrannt ist, sollte im Laufe des Mittwochs von der Polizei wieder freigegeben werden, wie Polizeisprecher Markus Sauter auf Anfrage erklärte. Auch dort werden weitere Untersuchungen zum Ausmaß der Schäden erforderlich sein.
Das ist geschehen
- Drei Brände sind in der Nacht zum 30. Dezember in der Häfler Innenstadt ausgebrochen: Gegen Mitternacht stand ein Lagerschuppen beim Stadtbahnhof in Flammen. Gegen 5.20 Uhr brannten mehrere Fahrzeuge im Parkhaus am See, zeitgleich schlugen außerdem Flammen aus dem wenige Meter von der Tiefgarage entfernten Raumausstattungsgeschäft Friedrich in der Karlstraße.
- Noch während der Einsätze in der Karlstraße wurde ein Tatverdächtiger nach dem Hinweis einer Zeugin in unmittelbarer Nähe der dortigen Brandorte festgenommen. Der 29-jährige Mann hat nach Auskunft von Polizeisprecher Markus Sauter eingeräumt, die Brände in der Tiefgarage und dem Wohn- und Geschäftshaus gelegt zu haben, und befindet sich in Untersuchungshaft. Ob es einen Zusammenhang mit dem dritten Brand in jener Nacht gibt, wird noch ermittelt. Zu den Motiven des Tatverdächtigen sowie zur Frage, wie die Brände gelegt wurden, macht die Polizei bislang keine Angaben. Zum Tatzeitpunkt war der 29-Jährige betrunken. Das Ergebnis einer Blutuntersuchung, die zur Bestimmung des genauen Grads der Alkoholisierung veranlasst wurde, liegt Markus Sauter zufolge noch nicht vor.
- Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei gehen davon aus, dass der 29-Jährige am frühen Sonntagmorgen gegen 5 Uhr außerdem einen Blumenkübel gegen die Schaufensterscheibe eines Waffenladens geworfen hat.
- Im Parkhaus am See brannten sechs Autos aus. Allein der an den Autos entstandene Schaden beläuft sich nach Einschätzung der Ermittler auf mehr als 100 000 Euro. Die Schäden am Parkhaus sowie an dem Wohn- und Geschäftshaus in der Karlstraße müssen noch untersucht werden. (böm)
Parkhaus wird geräumt – Versicherung erste Anlaufstelle für Betroffene
Die ausgebrannten Autos wurden bereits am Sonntag nach den Bränden aus dem Parkhaus am See geholt. Fahrzeughalter, deren Auto zum Zeitpunkt der Brände ebenfalls in der Tiefgarage stand, können ihren Wagen mittlerweile herausholen. Noch bis Freitag, 4. Januar, ist ein Team des Stadtwerks am See täglich von 13 bis 16 Uhr vor Ort. Zunächst werden Formalitäten erledigt. Es wird unter anderem festgehalten, welche Autos aus der Tiefgarage geholt werden und wer die Fahrzeughalter sind. Den Betroffenen wird geraten, ihr Auto in jedem Fall in einer Werkstatt überprüfen zu lassen. Einzeln werden die Halter anschließend zu ihrem Auto gebracht, das außerdem für die Versicherungen fotografiert wird.
Jene Halter, die am Mittwoch vor Ort sind, kommen mit gemischten Gefühle. Seit dem Brand sehen sie ihren Wagen zum ersten Mal. „In Etage drei soll nicht viel passiert sein“, sagt Häflerin Margot Westhoff. „Deshalb sind meine Befürchtungen nicht ganz dramatisch.“ „Mein Auto steht auf einem Privatparkplatz“, erklärt Johannes Rösler aus Friedrichshafen. Wie Margot Westhoff wohnt er ganz in der Nähe. Bei Ausbruch des Brandes gingen in den Zufahrtbereichen zu den Privatparkplätzen Jalousien herunter. So hat Rösler keine schlimmen Befürchtungen, was den Zustand seines Wagens angeht.
Wurden Autos beschädigt, ist die jeweilige Versicherung der richtige Ansprechpartner. Brandschäden seien in der Regel durch eine Teilkasko-Versicherung abgedeckt, wie Kathrin Jarosch vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft im Gespräch mit dieser Zeitung erklärt. Sei das der Fall, haben Betroffene auch mit Ausgleichsforderungen – beispielsweise im Falle der rechtskräftigen Verurteilung eines Verursachers – nichts mehr zu tun. Dieses Prinzip gelte auch für Gebäudeschäden.
Somyos Seelaphong betreibt ein thailändisches Restaurant und wohnt im vom Brand betroffenen Wohn- und Geschäftshaus in der Karlstraße. „Im Parkhaus steht ein Auto, das ich für das Geschäft brauche. Zwei- bis dreimal am Tag muss ich Ware ein- und ausladen“, schildert der Familienvater. Auch Seelaphongs Wagen steht auf einem der Privatparkplätze, die ebenfalls nicht mehr nutzbar sind. Er hofft, für das Ein- und Ausladen vorerst eine andere Lösung zu finden. (jsi/böm)