Am letzten Morgen des alten Jahres hat Regen den Brandgeruch aus der Fußgängerzone gespült – zumindest weitgehend. „Man riecht es noch“, bemerkt eine Passantin, die an der Absperrung vor dem am Sonntagmorgen ausgebrannten Geschäft in der Karlstraße stehengeblieben ist.

Vor dem verrammelten Schaufenster liegen Scherben, ein verrußter Kerzenständer und ein kleines Tablett auf dem Boden. Stillschweigendes Kopfschütteln ist wenige Meter weiter am See zu sehen. Dort, wo nach den letzten Silvesterbesorgungen sonst vielleicht nach dem Parkchip gekramt worden wäre. Das Parkhaus am See, in dem sechs Autos in Flammen standen, bleibt gesperrt.

Im Parkhaus am See haben am Sonntagmorgen mehrere Fahrzeuge gebrannt.
Im Parkhaus am See haben am Sonntagmorgen mehrere Fahrzeuge gebrannt. | Bild: Stadtverwaltung Friedrichshafen

Einsatzkräfte von Feuerwehr, Polizei und Rettungsdiensten waren in der Nacht zum Sonntag bei insgesamt drei Bränden in der Innenstadt gefordert. Bereits gegen Mitternacht war ein Feuer in Lagerschuppen nahe dem Stadtbahnhof ausgebrochen. Ob ein Zusammenhang zwischen diesem Brand und jenen in der Karlstraße besteht, ist noch unklar. Die Autos und das Geschäft wurden wohl mutwillig angezündet. Davon gingen die Ermittler bereits am Morgen der Brände aus.

Auch in einem Lagergebäude im Bereich des Stadtbahnhofes war in der Nacht zum Sonntag ein Feuer ausgebrochen.
Auch in einem Lagergebäude im Bereich des Stadtbahnhofes war in der Nacht zum Sonntag ein Feuer ausgebrochen. | Bild: Claudia Wörner

Tatverdächtiger räumt ein, Brände gelegt zu haben

Ein 29-Jähriger, der nach einem Zeugenhinweis vorläufig festgenommen worden war, befindet sich in Untersuchungshaft. Wie Polizeisprecher Thomas Pecher dem SÜDKURIER am Montag bestätigte, hat der Tatverdächtige zwischenzeitlich eingeräumt, die Brände in der Tiefgarage und dem Laden gelegt zu haben.

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Bewohner kehren in ihre Wohnungen zurück

Auch im Inneren des betroffenen Wohn- und Geschäftshauses konnte der Regen nichts ausrichten. „Der Geruch ist noch immer da“, schildert Somyos Seelaphong, der mit seiner Familie in dem Haus lebt, am Neujahrstag. Der Schreck sitzt noch immer tief. Seine Frau hatte am Sonntagmorgen einen lauten Schrei gehört und daraufhin aus dem Fenster gesehen, schildert Seelaphong. Da schlugen die Flammen bereits aus dem Laden, kurz darauf klopften Nachbarn an die Wohnungstür.

Insgesamt mussten acht Personen die Wohnungen über dem Geschäft verlassen, ernsthafte Verletzungen erlitt niemand. Zunächst wurde das Haus als unbewohnbar eingestuft. Am Montag konnte er mit seiner Familie in die Wohnung zurückkehren, sagt Seelaphong. Und es ist längst nicht nur der Geruch, der von dem Schrecken zeugt. „Es ist ein grausames Gefühl“, beschreibt der Familienvater.

Petra Rudolf will ihr Geschäft wieder eröffnen

„Komplett vernichtet“, wurde nach Behördenangaben der Laden im Erdgeschoss. Aktuell sei das Erdgeschoss gesperrt, sagte Petra Rudolf, die das Raumausstattungsgeschäft Friedrich dort vor drei Jahren übernommen hat. Der erste Schreck setze sich erst langsam, schilderte sie am Montagmorgen im Gespräch mit dieser Zeitung. Rudolf, die zunächst ihr Team zusammentrommeln wollte, äußerte sich aber auch positiv: „Wir sind alle noch da – und unsere Kreativität auch.“ Das Geschäft will Rudolf zeitnah wieder eröffnen.

Wann das möglich sein wird, ist auch beim Parkhaus am See offen. Am Montag habe ein Statiker grünes Licht gegeben, seither können die noch in der Tiefgarage stehenden Autos geholt werden, sagt Sebastian Dix, Pressesprecher des Stadtwerks am See. 40 Fahrzeuge seien bereits abgeholt worden, knapp 50 noch im Parkhaus. Erst im Februar 2017 war im Parkhaus am See der Abschluss umfangreicher Sanierungsarbeiten gefeiert worden. Rund 1,8 Millionen Euro wurden nach Stadtwerksangaben in die Arbeiten investiert. Allein der an den Autos angerichtete Schaden beläuft sich nach Behördenangaben auf mehr als 100 000 Euro. Der Gebäudeschaden lasse sich noch nicht beziffern.

Bild 3: 29-Jähriger gesteht Brandstiftungen. Der Schreck sitzt nach den Bränden in der Innenstadt noch immer tief
Bild: Christina Bömelburg

Retter im Dauereinsatz

Für viele Kräfte von Feuerwehr und Rettungsdiensten sowie Polizeibeamte war die Nacht zum vorletzten Tag des vergangenen Jahres eine schlaflose. „Ein guter Morgen ist es nicht, aber gut, dass ihr da seid“, rief ein Passant einem Feuerwehrmann am Sonntag zu. „Da muss man ein großes Dankeschön an alle aussprechen“, meint auch Petra Rudolf. „Wir sind sehr froh über die hervorragende Arbeit der Einsatzkräfte“, sagt Sebastian Dix. Lob und Dank sind auch im Netz zu finden, beispielsweise auf der Facebook-Seite der Markdorfer-Feuerwehr, die ebenfalls vor Ort war. "Danke für euren Einsatz", kommentiert eine Nutzerin dort Fotos aus Friedrichshafen.

"Sie gehen für uns an ihre Grenzen"

„An solchen Tagen wird uns allen ins Bewusstsein gerufen, welch wertvolle und wichtige Arbeit unsere Einsatzkräfte bei Feuerwehr, Sanitätsdiensten und Polizei leisten“, formuliert es Andreas Brand mit. Als Oberbürgermeister und auch als Bürger wolle er sich bei allen Haupt- und Ehrenamtlichen bedanken, die nicht nur in dieser Nacht und in den Morgenstunden des 30. Dezember gelöscht, geholfen und ermittelt haben, teilt er mit. „Sie leisten großartige Arbeit, gehen für uns an ihre Grenzen und setzen ihre Zeit und Kraft ein.“ Das sei nicht selbstverständlich, sondern ein großartiger Beitrag für uns alle.