Selbst am späten Vormittag ist in weiten Teilen der Innenstadt noch Brandgeruch wahrzunehmen. Die vielen Einsatzfahrzeuge, deren Blaulichter über Stunden in Karl- und Schanzstraße sowie in der Umgebung blinkten, sind weg. Nur wenige der in der Nacht zuvor angebrachten Absperrbänder sind noch erforderlich. Die Front des Raumausstatter-Geschäftes in der Karlstraße ist verrammelt. Der Bereich vor dem Laden ist ebenso gesperrt wie der um das Parkhaus am See.

Polizei fasst mutmaßlichen Brandstifter noch vor Ort
Im Inneren der Tiefgarage dauert der Einsatz der Feuerwehr an. Bevor Beamte der Kriminalpolizei ihre Ermittlungen im Parkhaus aufnehmen können, muss es weiter belüftet werden. Alarmiert wurde die Feuerwehr rund sechs Stunden zuvor. Zu diesem Zeitpunkt standen mehrere Autos, verteilt auf drei Parkebenen, in Flammen.
Insgesamt waren es drei Großbrände in einer Nacht, die an diesem Sonntag Gesprächsthema Nummer eins sind. Unter Passanten wie auch den sichtlich übermüdeten Anwohnern, die am Rande der Absperrungen stehen. Was bereits um diese Zeit als Gerücht die Runde macht, bestätigen Polizei und Staatsanwaltschaft nach weiteren Ermittlungen am Sonntagabend: Ein mutmaßlicher Tatverdächtiger wurde bereits festgenommen.

Brand lässt Schaufensterscheibe platzen
Das Feuer im Parkhaus am See brach nach Polizeiangaben gegen 5.20 Uhr aus. Die Häfler Feuerwehr war gerade mit dem ersten Einsatzfahrzeug vor Ort, als nur wenige Meter entfernt die Schaufensterscheibe des Geschäfts in der Karlstraße platzte und Flammen aus dem Laden schlugen, berichtet Stadtbrandmeister Louis Laurösch. „Im ersten Moment haben wir mit einem Fahrzeug erste Löschmaßnahmen an beiden Stellen vorgenommen und dann entsprechend nachgefordert.“

Letztlich waren seitens der Feuerwehr am Morgen um die 90 Kräfte im Einsatz, weitere 30 standen in der Feuerwache bereit. „Wir mussten viele Atemschutzträger einsetzen“, berichtet Laurösch. Unterstützung kam ihm zufolge von den Feuerwehren aus Immenstaad, Eriskirch und Markdorf. Neben Polizei und Feuerwehr waren rund 50 ehrenamtliche Helfer der gemeinsamen Schnelleinsatzgruppe (SEG) des Roten Kreuzes (DRK) und der Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH) vor Ort.
Margrit Philipp berichtet von „furchtbaren Rauchschwaden". Mit kleinem Gepäck und Hund verließen die Häflerin und ihr Mann gegen 5.40 Uhr die nur wenige Meter vom Brandort entfernt liegende Wohnung "in Gegenrichtung des Windes", weil Rauch durch alle Ritzen drang. Viele der Einsatzkräfte hatten zu diesem Zeitpunkt bereits eine lange Nacht hinter sich.
Retter im Dauereinsatz
Bereits am Samstag um 21.15 Uhr hatte es nach Angaben von DRK und JUH im Keller eines Wohnhauses in der Werderstraße gebrannt. Der nächste Alarm folgte gegen Mitternacht. Beim Brand eines Lagergebäudes im Bereich des Stadtbahnhofs waren 70 Feuerwehrkräfte der Abteilungen Friedrichshafen, Fischbach, Ailingen und Raderach im Einsatz, ebenfalls unterstützt von SEG-Mitgliedern.

Auch hier entstand viel Rauch. Von diesem musste laut Feuerwehr auch das Franziskuszentrum befreit werden. Evakuierungen waren aber nicht erforderlich, so Monika Blank, Sprecherin der Häfler Stadtverwaltung. Gegen 4.30 Uhr konnte die Feuerwehr abrücken. „Die Kräfte waren noch keine Stunde in der Wache zurück, als wir zum Einsatz in der Innenstadt ausgerückt sind“, berichtet Laurösch.
Verletzt wurde bei dem Brand des Lagers niemand. Zu schweren Verletzungen kam es auch in der Karlstraße nicht. Sieben Menschen mussten aus den Wohnungen über dem Geschäft evakuiert werden. Vier von ihnen wurden wegen des Verdachts auf Rauchgasvergiftung behandelt, ein Feuerwehrmann wegen Kreislaufproblemen.
Schäden bisher kaum zu beziffern
Genau beziffern lassen sich die Schäden bislang nicht. In einer Mitteilung der Staatsanwaltschaft Ravensburg und des Polizeipräsidiums Konstanz war am Abend die Rede von einem Schaden im sechsstelligen Bereich. Allein der an den Autos – sechs brannten aus, rund ein Dutzend wurde durch Rußniederschlag in Mitleidenschaft gezogen – belaufe sich auf mehr als 100 000 Euro. Das Haus in der Karlstraße wurde zunächst als nicht mehr bewohnbar eingestuft, der Laden im Erdgeschoss brannte komplett aus. Dort sowie im Parkhaus am See wird nach ersten Einschätzungen die Statik untersucht werden müssen. Offen ist auch das Ausmaß der Schäden an der erst vor wenigen Monaten sanierten Tiefgarage selbst.

Unter anderem das Motiv ist noch offen
Im dringenden Verdacht, mehrere Brände gelegt zu haben, steht den Angaben der Behörden zufolge ein 29-jähriger Mann. Er sei noch während der Einsatzmaßnahmen in der Karlstraße nach dem Hinweis einer Zeugin in unmittelbarer Nähe der Brandorte vorläufig festgenommen worden. Der bei seiner Festnahme alkoholisierte Mann soll zunächst gegen 5 Uhr einen Blumenkübel gegen die Schaufensterscheibe des Waffengeschäfts in der Schanzstraße geworfen haben, ehe er in der Tiefgarage mehrere Autos in Brand steckte. Ob der Brand im Bahnhofsbereich im Zusammenhang mit jenen in der Karlstraße steht, ist ebenso Gegenstand der weiteren Ermittlungen wie die Brandentstehung und das Motiv des Tatverdächtigen, heißt es weiter. Am Sonntagnachmittag wurde Untersuchungshaft gegen ihn angeordnet.
Zeugen setzen sich mit dem Polizeirevier, Telefon 0 75 41/70 10, in Verbindung.