Fast ist es, als wäre Sonntag. Die Ladentüren sind geschlossen. Nur wenige Fußgänger und Radfahrer sind in den nicht direkt am See verlaufenden Straßen der Häfler Innenstadt unterwegs. Etwas – wenn auch meist nicht viel – ist eigentlich nur da los, wo Tische im Freien bewirtet werden.

Die Innenstadt, hier die Karlstraße, wirkt wie leergefegt. Zeitweise ist kein Mensch zu sehen.
Die Innenstadt, hier die Karlstraße, wirkt wie leergefegt. Zeitweise ist kein Mensch zu sehen. | Bild: Christina Bömelburg

Nur drei Umstände passen nicht in das Sonntagsszenario. Stellenweise ist Baulärm zu vernehmen, nicht alle Ladentüren sind verschlossen und selbst an einem Sonn- oder Feiertag wäre bei dem sonnig-warmen Wetter von gestern deutlich mehr Betrieb.

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Mit dem gestrigen Mittwoch sind in Baden-Württemberg neue Regelungen in Kraft getreten, die die Ausbreitung des Coronavirus verlangsamen sollen. Dazu gehören umfangreiche Geschäftsschließungen. Gastronomiebetriebe dürfen nur noch unter bestimmten Voraussetzungen öffnen. Eine Ausgangssperre wurde hier bislang nicht verhängt. Wie eine solche das Stadtbild verändern würde, lässt sich inzwischen aber erahnen.

Leergefegte Straßen in Friedrichshafen Video: Bömelburg, Christina

Am Sonntag scheuten noch wenige den Kontakt

Erst wenige Tage zuvor, als tatsächlich ein sonniger Sonntag war, sah das insbesondere am Häfler Seeufer noch ganz anders aus. Auch dort hat inzwischen aber nicht mehr jeder Gastronomiebetrieb geöffnet. Die am Sonntag vor dem Eiscafé Italia noch heiß begehrten Sonnenplätze zum Beispiel sind nun verwaist. Neuer Tag, neue Regelungen.

Bild 2: Die meisten Geschäfte sind wegen des Coronavirus geschlossen. Händler hoffen auf Kundentreue und regionale Online-Einkäufe
Bild: Julia Blust/Christina Bömelburg

Werden die wenigen Händler und Gastronomen, die ihre Tür am Mittwochmorgen noch öffnen durften, das auch heute oder kommende Woche noch tun? Dazu äußern mag sich nicht jeder. Wo immer sich Gäste niedergelassen haben, werden sie von Passanten mitunter argwöhnisch beäugt. „Ich arbeite in der Stadt“, erklärt eine Frau, die sich einen Tisch mit Seeblick ausgesucht hat. „Irgendwo muss ich ja essen.“ In den wenigen geöffneten Geschäften sind derweil zumindest um die Mittagszeit nur wenige bis gar keine Kunden zu sehen.

Wo noch bewirtet wird, sind auch noch Tische belegt.
Wo noch bewirtet wird, sind auch noch Tische belegt. | Bild: Christina Bömelburg

Weshalb die übrigen Geschäfte geschlossen sind, ist längst nicht an jeder Tür zu lesen. Mancher Aushang weist noch auf die zuletzt eingeschränkten Öffnungszeiten hin. Mancher aber auch gegebenenfalls auf den Onlineshop, Erreichbarkeiten während der Corona-Krise oder Liefermöglichkeiten.

Der Wunsch des Stadtforums: „Bitte shoppen Sie nicht in den großen, anonymen Online-Shops. Warten Sie so lange, bis die Geschäfte in Friedrichshafen wieder geöffnet sind – oder nutzen Sie die Angebote lokaler Geschäfte.“ Damit dieser Realität wird, gibt es hier eine Übersicht der Händler, die bereits Online-Bestellung und Lieferung anbieten. Das Stadtforum arbeitet derzeit an einer umfangreichen Auflistung. Unsere Liste ist daher noch nicht vollständig und kann ergänzt werden.

Verständnis und Existenzängste bei Händlern

Thomas Goldschmidt vom Häfler Stadtmarketing weiß um die Sorgen der Einzelhändler. „Die Stimmung ist nicht gut“, sagt er im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Zwar treffe die Anordnung zur Schließung der Läden auf Verständnis, aber die Händler würden auch um ihre Zukunft bangen. „Für jeden Einzelnen gibt es große Einschnitte. Die Ware kommt, kann aber nicht verkauft werden. Und die Mitarbeiter müssen auch bezahlt werden.“ Goldschmidt erzählt, dass einige Händler sich nun im Onlinehandel versuchen oder ihre Waren ausliefern. Unsicherheiten und Existenzängste gebe es fast überall. „Denn es weiß niemand, wie lange dieser Zustand anhält.“

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Zum Kaffee im Café im Rathaus wird ein Zettel serviert, auf dem Datum, Name und Telefonnummer eingetragen werden sollen. Müssen das alle Gastronomen so machen? Zumindest, als das Restaurant am Morgen öffnete, war davon noch auszugehen. Am späten Vormittag informierte der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga dann unter anderem per Newsletter über die neue Corona-Verordnung des Landes. „Gastronomen müssen jetzt keine Adressdaten ihrer Gäste mehr erfassen. Gäste müssen also nicht mehr als Kontaktpersonen für mögliche Infektionen nachverfolgbar sein.“ Neuer Tag, neue Regelungen.

Leergefegte Straßen in Friedrichshafen Video: Bömelburg, Christina