Beim Stichwort BMW-Debatte denkt man in SPD-Kreisen derzeit wohl zuerst an Kevin Kühnert als Referenten. Der streitbare Juso-Vorsitzende kommt in den Bodenseekreis, aber erst am 20. Mai nach Überlingen. Am Donnerstagabend brachte der stellvertretende Bundesvorsitzende das Thema im Graf-Zeppelin-Haus Friedrichshafen aufs Podium. Für Thorsten Schäfer-Gümbel steht „BMW„ allerdings für die wichtigsten Herausforderungen, die da Bildung, Mobilität und Wohnen heißen.

Kostenfreie Bildung schon im Kindergarten

Diese drei Themen sind auch für den SPD-Kreisvorsitzenden Rainer Röver, der das Grußwort sprach, die Aufgaben-Troika in der Region schlechthin. Es fehle an bezahlbarem Wohnraum. Und wer 1000 Euro für Miete zahlen müsse, der könne nicht noch 400 oder 600 Euro Kitagebühren zahlen. Röver nannte das „eine Art Familienbesteuerung“ und plädierte für kostenfreie Bildung eben schon im Kindergarten.

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Für den Bundespolitiker sind die „BMW„-Themen solche, die von der Politik vor Ort entschieden werden. So riet er, Kommunen sollten wieder von ihrem Vorkaufsrecht für Grund und Boden Gebrauch machen und Bauland nicht verkaufen, sondern Erbbaupachtverträge abschließen. Das Sonderproblem Ferienwohnungen lasse sich ordnungsrechtlich beschränken. „Bezahlbarer Wohnraum wird ein limitierender Faktor für Arbeit sein“, warnte Schäfer-Gümbel. Deshalb glaubt er daran, dass Betriebs- oder Werkswohnungen wieder kommen, weil es anders nicht gelinge, Mitarbeiter zu gewinnen.

„Da scheitert mancher Arbeitsvertrag“

Dem stimmte Peter Jany, Hauptgeschäftsführer der IHK Bodensee-Oberschwaben, zu. Jahrelang habe das Land mit seiner Flächenpolitik auch den Wohnungsbau gehemmt. Bei der Standort-Umfrage 2017 sahen die Unternehmen im Regierungspräsidium Tübingen und ganz besonders im Bodenseekreis beim Thema Wohnen den größten Handlungsbedarf. „Da scheitert bereits mancher Arbeitsvertrag“, so Jany.

In die von Antonia Kühne moderierte Diskussion brachten sich auch Achim Dietrich, Vorsitzender des Gesamt-Betriebsrats bei ZF (Mitte), ...
In die von Antonia Kühne moderierte Diskussion brachten sich auch Achim Dietrich, Vorsitzender des Gesamt-Betriebsrats bei ZF (Mitte), und der SPD-Fraktionschef im Kreistag, Norbert Zeller, ein. | Bild: Cuko, Katy

Welche Auswirkungen die Problematik hat, erläuterte Achim Dietrich, Vorsitzender des Gesamt-Betriebsrats bei ZF. Der Konzern werde auf über 10 000 Mitarbeiter am Hauptsitz wachsen, aber weit mehr arbeiten zeitweilig in Friedrichshafen. Der fehlende Wohnraum sei ein Standortnachteil. ZF diskutiere über ein eigenes Hostel, aber Werkswohnungen zu schaffen sei für das Unternehmen eben kein Kerngeschäft. Flächen für den Wohnungsbau wären frei, wenn Stellplätze für Autos in Parkhäusern konzentriert werden, auch bei ZF.

„Familienwohnungen, keine Ferienwohnungen“

Für den Fraktionschef der SPD im Bodenseekreis, Norbert Zeller, könnten Kommunen über Belegungsrechte sozialen Wohnraum zur Verfügung stellen und so auch ein Stück weit dem Fachkräftemangel begegnen. Ein entsprechender SPD-Antrag im Kreistag sei gescheitert. „Wir brauchen Familienwohnungen, keine Ferienwohnungen“, sagte er. Dafür sollten kommunale Wohnungsbaugesellschaften gestärkt werden.