Eto Magnetic ist mit mehr als 1000 Mitarbeitern mit Abstand größter Arbeitgeber der Stadt Stockach und stellt unter anderem Ventile her, die in Bremssystemen eingesetzt werden. Das Unternehmen hat eine lange Geschichte: Das Ehepaar Christa und Hermann Laur gründete im Jahr 1948 die Elektroteile GmbH Oberuhldingen. 13 Jahre später errichtete das Unternehmen einen zweiten Standort in Eigeltingen. Später wurden beide Standorte in Stockach zusammengefasst, inzwischen ist Eto mit Standorten in Europa, Asien und Nordamerika auch international vertreten. Knapp die Hälfte der weltweit rund 2300 Mitarbeitenden arbeitet am Stockacher Stammsitz.
Anfang November 2024: Die schlechten Nachrichten aus der Automobilbranche kommen auch in Stockach an und einer der größten Arbeitgeber in der Region muss Kurzarbeit anmelden: Eto. Das Stammgeschäft des Unternehmens sei aufgrund der konjunkturellen Lage früher und wesentlich stärker eingebrochen als befürchtet, erklärt Tobias Rieger vom Eto-Marketing dem SÜDKURIER. Ab Dezember soll ein Großteil der rund 1200 Beschäftigten im Produktions- und Verwaltungsbereich am Standort Stockach in Kurzarbeit, vorerst sind zwischen 10 und 20 Prozent Kurzarbeit geplant.
Ende November 2024: Eto-Geschäftsführer Michael Schwabe spricht gegenüber dem SÜDKURIER von einer sehr angespannten Lage in der Branche. Für dieses Jahr habe das Unternehmen ein solides Wachstum eingeplant, tatsächlich liege man nun 25 Prozent unterhalb des Umsatzziels. Mit Blick auf die gesamte Automobilbranche sagt er: „Es handelt sich um ein schwieriges Marktumfeld mit einer schwächelnden Nachfrage.“
Ende Januar 2025: Das Jahr beginnt bei Eto mit mehr Kurzarbeit. „Seit dem 1. Januar 2025 haben wir die Kurzarbeit auf alle deutschen Standorte erweitert, um unsere Kapazitäten flexibel an die schwankende Nachfrage anzupassen, Finanzmittel zu schonen und gleichzeitig aber Arbeitsplätze sichern zu können“, so Unternehmenssprecher Tobias Rieger. Am Standort Stockach hatte man im Dezember die Kapazität im Schnitt um 30 Prozent gesenkt.
April 2025: Im SÜDKURIER-Interview schildert Eto-Geschäftsführer Michael Schwabe einen empfindlichen Umsatzrückgang. Statt eines geplanten Erlöses von 500 Millionen Euro wurden 2024 demnach nur rund 430 Millionen Euro umgesetzt. Laut Hubertus Stroetmann, Geschäftsführer für Finanzen, erfordere die schwarze Null noch große Anstrengungen. ‚Wir werden daher perspektivisch um größere Einschnitte nicht herumkommen.‘
Dafür wird restrukturiert, auch bei Personalstellen gibt es Veränderungen. Schwabe versichert aber: „Wir tun aber alles, um Härten für die Mitarbeitenden abzuwenden.“
Mai 2025: Nach ersten Gerüchten steht am 21. Mai fest, dass ein neues Vorstandsmitglied den Stockacher Zulieferer aus der Krise führen soll. Maximilian Eberl ist zukünftig als „Chief Restructuring Officer“ (CRO), also Chef-Restrukturierer, im Führungsteam. Mit Maximilian Eberl wächst die Geschäftsführung um Schwabe, Stroetmann und den operativen Geschäftsführer Patrick Boos auf vier Personen an.
Für ein Maßnahmenpaket zur Restrukturierung bräuchten externe Gutachter noch ein paar Monate, erklärte der Firmensprecher. Ausgeschlossen werden könne weiterhin nichts, auch keine betriebsbedingten Kündigungen.
Mitte Juni 2025: Nach roten Zahlen, Kurzarbeit und Stellenstreichungen trennt sich Eto von Michael Schwabe. Informationen des SÜDKURIER zufolge macht der Beirat des Stiftungsunternehmens Schwabe für die tiefe Krise verantwortlich. In einer Mitteilung sprach das Unternehmen Schwabe einen „Dank für seine langjährigen Dienste und sein großes Engagement aus“. Seine Aufgaben würden mit sofortiger Wirkung vom bestehenden Führungsteam wahrgenommen. Damit geht eine Ära zu Ende.
Ende Juni 2025: Der neue Geschäftsführer Maximilian Eberl spricht mit dem SÜDKURIER über die angespannte finanzielle Lage, die Frage, bis wann die Löhne der Mitarbeiter sicher sind – und seine Ideen, wo das Unternehmen wieder Geld verdienen könnte. Dabei erklärt er auch, was schief gelaufen ist: „Grob gesagt, waren die Ausgaben über einen längeren Zeitraum einfach höher als die Einnahmen. Am Ende war es eine Vielzahl von kleinen Dingen, die im Laufe der Zeit zusammengekommen sind und ein Gesamtbild ergeben haben, das nicht mehr tragfähig war.“
Mitte Juli 2025: Im Moment verfolge die Belegschaft die laufenden Restrukturierungs- und Transformationsprozesse aufmerksam, sagt Betriebsratschef Nikolaus Benke. Unmut und Sorge begegne er nicht, mögliche Stellenstreichungen seien den Leuten aber bewusst. In der Ferienzeit sei Unterstützung durch Leiharbeiter und Ferienjobber nötig, um bestehende Aufträge effizient bearbeiten zu können.
Ende Juli 2025: Der Stadt Stockach werden in den nächsten Jahren erhebliche Gewerbesteuer-Einnahmen fehlen, wenn Eto in der Krise steckt. Man wolle alle rechtlichen und machbaren Wege prüfen, um die für die Stadt so wichtigen Arbeitsplätze zu erhalten, erklärte Bürgermeisterin Susen Katter im Sommerinterview. Wenig später wird klar, wie das aussehen kann: Insgesamt vier Grundstücke könnte die Stadt Stockach von der Eto erwerben. Der mögliche Kauf steht jedoch noch unter Vorbehalt eines positiven Sanierungsgutachtens und um welche Summen es geht, ist nicht öffentlich.